Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gericht stoppt Rodungen
RWE darf Bäume im Hambacher Forst vorerst nicht fällen
BERLIN (AFP) - Der Hambacher Forst darf vorläufig nicht gerodet werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster in einem am Freitag veröffentlichten Eilbeschluss entschieden. Der Energiekonzern RWE, der in dem Waldgebiet Braunkohle abbauen will, darf demnach nicht mit Rodungsarbeiten beginnen, bis über eine Klage des BUND entschieden ist.
Diese Entscheidung fällt womöglich nicht vor Ende des Jahres 2020. RWE erwartet durch den Beschluss einen erheblichen finanziellen Schaden. Man gehe von einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr aus, teilte das Unternehmen mit.
Der Eilbeschluss blieb gestern nicht der einzige Erfolg der Umweltschützer. Die für den heutigen Samstag geplante Großdemonstration von Kohlegegnern am Hambacher Forst kann trotz der Sicherheitsbedenken der Aachener Polizei stattfinden.
BERLIN - Das große Beben erwarten viele nach der Bayern-Wahl am 14. Oktober. Dass die Schockwellen Berlin erreichen, gilt als sicher. Die CSU rangiert in Umfragen derzeit auf historisch niedrigen 33 bis 35 Prozent. Wenn es dabei bleiben sollte, braucht sie mindestens einen, vielleicht sogar zwei Regierungspartner. Die Alleinherrschaft in Bayern scheint unrettbar verloren.
Für Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) steht fest, wer daran schuld ist. „Das sind Zahlen, die unglaublich geprägt werden durch Berliner Politik.“In München macht man Merkel, Seehofer und Nahles (SPD) für die schlechten Umfragen verantwortlich. „Keine Querschüsse mehr“, hat Markus Söder schon gewarnt, und dass diese Mahnung vor allem an die Adresse des CSU-Parteichefs und Innenministers Seehofer ging, war allen klar.
Abschied vom Widersacher
Angela Merkel kann damit kalkulieren, dass Markus Söder ihr über kurz oder lang den Widersacher Seehofer vom Leib schafft – und sie bis dahin einfach durchhalten muss. Nicht nur die Kanzlerin, auch die SPD hat die Nase voll von Horst Seehofers Dauerzwist mit Angela Merkel und hofft auf Konsequenzen nach der BayernWahl. „Ich glaube, es ist Zeit, dass Horst Seehofer in sich geht und sich Gedanken macht, wie eine demokratische Zukunft in Bayern ohne ihn funktionieren wird“, sagt der bayerische SPD-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Brunner.
Vielleicht aber reißt die Wahl nicht nur Horst Seehofer in den Abgrund, sondern auch die Kanzlerin und am Ende die ganze Große Koalition? Diese hangelt sich schließlich seit Monaten von Krise zu Krise. Erst kam der nicht enden wollende Flüchtlings- und Grenzstreit zwischen Seehofer und Merkel, der in getrennten Fraktionssitzungen von CDU und CSU eskalierte, dann der Fall des obersten Verfassungsschützers Hans-Georg Maaßen.
Sie klammern sich aneinander
Es ist nicht Stärke, sondern Schwäche, die momentan die Große Koalition zusammenschweißt. Sie wird nicht so schnell platzen, heißt es in der Hauptstadt, denn alle drei Koalitionspartner können sich von Neuwahlen nichts versprechen.
Die CDU hat Monate hinter sich, deren Wunden nicht innerhalb von Wochen heilen werden. Volker Kauder, der Vertraute der Kanzlerin, wurde als Unionsfraktionschef nicht wiedergewählt. Dieser Überfall aus den eigenen Reihen war eine Art Unabhängigkeitserklärung der Fraktion. Die Kanzlerin müsse jetzt die Vertrauensfrage stellen, empfahlen FDP und Linke. Doch Merkel dachte nicht daran. National und international aber wurde die Abwahl Kauders als Zeichen der Merkel-Dämmerung gewertet – und auch als Ausdruck des Überdrusses an ihrer Politik der Alternativlosigkeit.
Doch wie soll es bis zur Wahl 2021 weitergehen? Dass die Große Koalition so lange hält, bezweifeln viele. Zumal im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, 2019 eine Art Zwischenbilanz zu ziehen.
Wird diese Bilanz jetzt auf Oktober vorgezogen? Wohl kaum. Denn erstens wird die CSU sich ab dem Abend der Landtagswahl mit der Frage beschäftigen müssen, wie und mit wem sie innerhalb von vier Wochen in Bayern die neue Regierung bildet. Noch hofft man bei der CSU, dass es zusammen mit den Freien Wählern reicht. Denn ein Bündnis mit den Grünen ist für die Christsozialen der „worst case“, der allerschlimmste Fall. Zweitens wird man in Berlin die Hessen-Wahl zwei Wochen später abwarten, um das Bild zu vervollständigen.
Keine ernsthafte Konkurrenz
Allerdings wird schon jetzt die Frage gestellt, ob Merkel wohl auf dem CDU-Parteitag im Dezember als Vorsitzende abgewählt wird. Bislang muss sie die Konkurrenz nicht fürchten. Denn bis jetzt haben nur der hessische Unternehmer Andreas Ritzenhoff, der erst seit Jahresanfang in der CDU ist, und der 26-jährige Berliner Jurastudent Jan Philipp Knoop eine Kandidatur angekündigt.
Doch was ist, wenn Schwergewichte und potentielle MerkelNachfolger sich doch noch melden? Allen voran Jens Spahn und Annegret Kramp-Karenbauer, oder auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet oder der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther? „Für die ist es noch zu früh“, heißt es in Berlin.
Ralph Brinkhaus, der neue Unionsfraktionschef, hat schon mal angekündigt, dass er nicht gegen Angela Merkel, sondern mit ihr gewinnen will. Kein Blatt Papier passe zwischen ihn und die Kanzlerin. Bleiben also die CSU, die Bayernwahl und Horst Seehofer als unberechenbare Größen. „Horst Seehofer neigt zu überraschenden Entscheidungen“, sagt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier.
Und die Kanzlerin? Sie macht das, was sie bisher immer gemacht hat. Abwarten und weiterarbeiten. „Ich sitze hier ganz quicklebendig und gedenke, meine Arbeit weiter zu tun,” sagte Angela Merkel kürzlich in Augsburg.