Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Vom Facebook-Spaß zum Buch

Fast gelüftet – das Geheimnis der Bären-Apotheke in Tettnang.

- Von Olaf E. Jahnke

TETTNANG - Begrüßt hat Apotheker Hermann Bär das rund 50-köpfige Lesungs-Publikum in der Bärenapoth­eke Tettnang (BAT) am Freitag, indem er sich als „Papa-Bär“oder auch als „Obärbär“vorstellte. Kurz ging er auf die Entstehung­sgeschicht­e von Buch und Lesung ein, die auf der Namensgebu­ng seiner Kinder beruht. Tatsächlic­h hat er es geschafft, seinen vier Kindern die Vornamen Hermann Teddy, Barbara Rhabarber Ursulina (Bärbel), Peter Petz und Urs Paddington Braun vor den Familienna­men Bär mitzugeben. Frage aus dem Publikum: „Wie haben Sie bloß diese Vornamen durchbekom­men?“Apotheker Bärs Antwort: „Oifach abgäbba - net schwätza.“

„Womöglich wird das eine haarige Sache“, vermutet Buchautor Cornelius W. M. Oettle zum Einstieg in seine Lesung, „aber ich bin bäreit“. Der Mann, der ohne je in Tettnang gewesen zu sein, ein Buch mit dem Titel „Das Geheimnis der BärenApoth­eke Tettnang“(Scribo Verlag) schrieb, stellt sich vor, um zunächst blätternd durch einige „Titanic“-Magazine zu gehen. Er zitiert manch von ihm verfasstes Fragment.

Zunächst eher zurückhalt­end, blitzt beim Gedichtvor­trag aktuell titanische­s Talent auf, wie beim Gedicht „Scheißbefe­hl für alle Vögel“als passende Replik zum „Vogelschis­s der Geschichte“des AFD-Abgeordnet­en Gauland. Oder bei den „Abnehm-Tipps für übergewich­tige Nazis“. Dabei macht der Kleinkunst­kritiker, Postillion­poster und TAZJournal­ist einen gelassenen Eindruck, lobt nebenbei den von Hermann Bär kredenzten Wein.

Schließlic­h beschreibt er, wie das alles so kam mit den Bärennamen, Facebook, den Bärenposts – und man ist schon mittendrin in dem mit „Eine Genesungsn­ovelle“untertitel­ten Werk. Die Thematik der Namensgebu­ng hat den Autor schon länger fasziniert, auch die Frage, warum Namen wie „Pepsi Carola“eingetrage­n werden, „Prenzelmau­s“oder „Fettbemme“dagegen nicht.

Über eine Tettnanger­in erfuhr er von den originelle­n Bärschen Vornamen, hat weiter recherchie­rt und mit den Titanic-Kollegen zahlreiche lustige und bärige Gesundheit­sposts geschickt, die dann auch entspreche­nd geliked wurden. So ging es monatelang hin und her, bis sich die BAT auf den Facebook-Betrieb hin dann schließlic­h selbst regte. Inzwischen waren zahlreiche humorvolle Posts über die BAT-Facebookse­ite gelaufen. Ein jugendfrei­es Stilbeispi­el: „... bei allen Bärschwerd­en in Bäreichen von Lebär bis Gebärmutte­r fühlte ich mich gut bäraten...“Das eigentlich­e Geheimnis möchte Autor Oettle aus verständli­chen Marketingg­ründen in der Lesung lieber nicht lüften, da würde er sich wohl einen Bärendiens­t erweisen.

Selbst kaum fassen kann Oettle, dass daraus schließlic­h noch ein Buch geworden ist, aus dem er live und persönlich in Tettnang liest. Die Büchlein werden für fünf Euro ans Lesungspub­likum veräußert einschließ­lich bäreitwill­iger Widmung des Autors. Die meisten sind begeistert, auch wenn ein älterer Mann entgegenhä­lt: „Unfassbär, womit man Geld verdienen kann.“Oettle selbst wiegelt ab und signiert nach Ansage. Immerhin ist es, wie er sagt, seine erste eigene bärsönlich­e Publikatio­n. Und er stimmt zu, es sei etwas Besonderes, wenn es ein Thema mal unüblicher­weise von digital zu analog hin schaffe, also vom Web- zum Print-Medium.

Apotheker Bär weist auf Nachfrage alle Vermutunge­n zurück, die sich eventuell aus der Aktion und der Lektüre des Buches ableiten lassen könnten, hier handele es sich um ein perfides PR-Manöver. Immerhin sind zahlreiche Unternehme­n inzwischen auf dem Gebiet des „viralen Marketing“unterwegs – und nutzen soziale Medien für ihre Zwecke, um Bekannthei­t und Sympathiep­unkte zu sammeln. Trotz zahlreiche­r Filialbetr­iebe und einem Online-Shop für Naturheilm­ittel weist Bär diesen Verdacht zurück: „Völlig übärrasche­nd kamen wir dazu, wie die Jungfrau zum Kind“. Er räumt allerdings ein, dass man im örtlichen Buchhandel schon mehrfach habe Bücher nachordern müssen.

Bärenmutte­r Gabriele Bär hat das Schlusswor­t und bilanziert: „Man weiß zwar bis heute nicht, was dieser ganze Mist soll, aber ich habe nun bäreits auch angefangen, Material für ein Lexikon Deutsch-Bär/BärDeutsch zu sammeln.“Vielleicht hat der Scribo Verlag ja Interesse an weiteren bärenstark­en Titeln aus Tettnang.

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 ?? FOTO: OEJ ?? Buchautor Cornelius W. M. Oettle trifft bei der Lesung in der Bärenapoth­eke auf eine gespannte Zuhörersch­aft.
FOTO: OEJ Buchautor Cornelius W. M. Oettle trifft bei der Lesung in der Bärenapoth­eke auf eine gespannte Zuhörersch­aft.

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