Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die lange Trockenheit und ihre Folgen
So steht es um die Gewässer, das Grundwasser und den Forst rund um Wangen
WANGEN - Trotz teils ergiebiger Regenfälle in den vergangenen Tagen, ist und bleibt klar: In diesem Jahr, vor allem im Sommer, war es bisher viel zu trocken. Welchen Einfluss hat das auf Grundwasser, Wasserversorgung, Gewässer in der Region? Und welche weiterführenden Probleme verursacht der lange fehlende Niederschlag? Die „Schwäbische Zeitung“hat nachgefragt.
Berthold Riether, Geschäftsführer der Neuravensburger Wassergruppe, kann zumindest in Sachen Wasserversorgung beruhigen: Wangen, wie auch viele umliegende Gemeinden, gehören zum Zweckverband Haslach-Wasserversorgung. Das heißt: Wenn es für eine Ortschaft nicht mehr möglich sein sollte, sich selbst mit Wasser zu versorgen, würde über den Verbund ausgeholfen. Zu solchen Maßnahmen habe man in Wangen und Umgebung bislang jedoch nicht greifen müssen.
Für die Zukunft ausgeschlossen hält Riether solche Notbehelfe aber nicht: „Würde noch so ein trockenes Jahr folgen, könnte es Probleme geben.“
Dass der eine oder andere Brunnen im Sommer ausgetrocknet ist, sei hingegen nichts Besonderes. Lediglich die lange Trockenheitsphase ist laut Riether neu, also dass manche Brunnen immer noch trockengelegt sind.
Bäume verlieren früher Blätter
Über geologische Hintergründe in Sachen Trockenheit klärt Achbergs Bürgermeister Johannes Aschauer auf. Er ist gelernter Geologe: „Wenn Sonderveröffentlichung es regnet, läuft ein Teil des Wassers durch Fließgewässer ab, ein Teil verdunstet und ein Teil versickert und verweilt im Boden in zwei bis drei Metern Tiefe.“In dieser Schicht sei es im Moment extrem trocken, was sich stark auf Pflanzen und Bäume auswirke, für die eine feuchte Bodenschicht in dieser Tiefe essenziell sei.
„Wegen der Trockenheit in dieser Schicht verlieren zum Beispiel Bäume früher ihre Blätter und sämtliche Pflanzen sind unterbewässert“, erklärt Aschauer.
Trockenheit in dieser Bodenschicht führe auch zu vermehrt auftretenden Rohrbrüchen. „Wenn Kiesboden austrocknet, passieren keine großen Bewegungen – Lehmboden bewegt sich jedoch. Rohre mit einer Verlegetiefe von 1,60 bis zwei Metern, die nun in Übergängen von Kies- zu Lehmböden verlaufen, sind Spannungen ausgesetzt, die zu Rohrbrüchen führen können“, so Aschauer.
Für ihn stellt dieses Jahr eine „Ausnahmesituation“dar: „Einige starke Niederschlagsperioden fehlen komplett“, sagt Aschauer. Dies zeige sich auch am Grundwasser und damit an allen Seen, die mit dem Grundwasserstrom in Verbindung stehen. Denn: Der Jahresdurchschnitt an Niederschlag sei in diesem Jahr noch lange nicht erreicht. Bleibe also einzig die Hoffnung auf sehr ergiebige Regenperioden in den Monaten November und Dezember.
Grundwasser muss sich erholen
Die Beobachtungen von Berthold Riether und Johannes Aschauer teilt auch Iris Steger: „Seit Monaten sind wir an der unteren Kante mit allen Pegeln bei Oberflächengewässern“, berichtet die Leiterin des Bau- und Umweltamts beim Landratsamt Ravensburg. Auch sie hofft: „Wir brauchen einen feuchten Winter, damit sich die Grundwasserspeicher wieder erholen können.“Dabei stützt sie sich auf allgemeine Zukunftsprognosen, die da lauten: weniger Niederschlag im Sommer, mehr im Winter.
Die anhaltende Trockenheit hat auch Auswirkungen auf Natur, Tiere und Landwirtschaft. Laut Steger müssten Landwirte in diesem Jahr mit weniger Gras zum Mähen auskommen, was weniger Futter für deren Tiere bedeute. Auch „die Natur reagiert auf den Stress“, sagt sie. Das merke man zum Beispiel an Bäumen, denen Nottriebe wachsen, da sie maximale Vermehrung anstreben.
Dagegen tun könne man nicht viel, erläutert die Amtsleiterin: „Regnen lassen kann man es leider nicht, aber seit Anfang August ist in der ganzen Region die Wasserentnahme für eigene Zwecke untersagt. Das war absolut notwendig. Ansonsten hat man kurzfristig recht wenig Möglichkeiten.“Aktuell ist das Verbot übrigens bis Mitte November verlängert worden.
Badegäste hinterlassen Müll
Der trockene und heiße Sommer hat aber noch weitere Folgen. Denn führen die Flüsse und Seen schon wenig Wasser, erhitzt sich das Wasser logischerweise umso mehr. Dazu kommt laut Steger, dass die Menge an Abwasser der Verbraucher, welches in bestimmte Gewässer geleitet wird, dennoch natürlich auf üblichem Niveau bleibe. Ergo gerate der Sauerstoffund Nährstoffgehalt durcheinander. Das wirkt sich unter anderem auf Fische aus: „Ich weiß von einigen Fischsterben im Bodenseekreis“, berichtet Iris Steger. Heinz Panchyrz vom Fischereiverein Wangen relativiert aber und kann in der näheren Region nicht von entsprechend dramatischen Vorkommnissen berichten. Ein einziges Mal musste der Verein ein paar Eimer Fische aus einem Seitenarm eines Baches umquartieren.
Wobei das Grundprinzip logisch ist: „Klar, wenn das Wasser weniger wird und kein Regen nachkommt, fällt der Sauerstoffpegel. Die Fische halten sich dann mehr am Rand auf,“erklärt Panchyrz. Aber allein schon ein kräftiger Wind wälze das Wasser um. Und das helfe. Heinz Panchyrz weiß vielmehr von anderen Problemen, die ein heißer Sommer wie der zurückliegende. Dann säumen zahlreiche Badegäste die Gewässerufer. Diese hinterließen dort Rückstände, die zur Verunreinigung erheblich beitrügen. Als Beispiel nennt er das Röhrenmoos.
Tatsächlich zu wenig Regen
Und welche Auswirkungen hat die Trockenheit auf den heimischen Wald? Stefan Laur vom Forstamt Leutkirch weiß Antworten: Die Bäume in den Wäldern rings um Wangen, vor allem Fichten, seien einem starken Trockenstress ausgesetzt, viele sterben ab, noch mehr Bäume seien geschwächt. Und auch das hat Konsequenzen, erklärt Laur: „Die Bäume können sich nicht mehr so gut gegen den Buchdruckerborkenkäfer wehren und sie starten sehr geschwächt in die nächste Saison.“Auch Laur bestätigt, dass ein tatsächliches Niederschlagsdefizit vorliegt: „Unsere Wahrnehmung trügt uns da nicht.“