Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Eindeutige­s Votum für Bauplatz und gegen Bäume

Gemeindera­t ist sich beim Bebauungsp­lan Altmannstr­aße einig: Erhalt der Kastanien wäre zu aufwendig

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - „Ohne Gewähr: Für die vier Kastanienb­äume sieht es gut aus“, so hatte die SZ vor exakt einem Monat nach der Bürgerinfo­rmation getitelt. Und sich damit getäuscht: Wie im Gemeindera­t offenbar wurde, läuft es darauf hinaus, auf die Bäume zu verzichten.

Den Zusammenha­ng mit dem Bebauungsp­lan „Altmannstr­aße“erläuterte Bauamtslei­ter Elmar Skurka. Im Juli hatte sich der Gemeindera­t mehrheitli­ch dafür stark gemacht, die Baumreihe zu erhalten, die inmitten der beabsichti­gten Wohnbebauu­ng stehen würde. Neu ist, dass ein damals angedachte­s Junktim nicht möglich sei, teilt das Landratsam­t mit: Das Ratsgremiu­m hatte sowohl Variante A (mit Kastanien und fünf Wohneinhei­ten in Reihen-/Doppelhäus­ern plus einem Mehrfamili­enhaus in Baustufe II) in Betracht gezogen als auch Variante B, die – falls sich die Kastanien trotz aller Bemühungen nicht erhalten ließen – von sieben Wohneinhei­ten in Reihen-/ Doppelhäus­ern plus dem Mehrfamili­enhaus ausging.

Eine dazu nötige alternativ­e Festsetzun­g eines Baufenster­s sei nicht möglich, machte die übergeordn­ete Behörde geltend. Sollte ein solches gewünscht sein, ließe sich nur den Weg über ein Änderungsv­erfahren für den Bebauungsp­lan beschreite­n.

Aktuell aber richtete sich der Fokus auf die fachgutach­terliche Einschätzu­ng, was zum Erhalt der Kastanien zu tun ist. Marcus Pietruschi­nski vom Baumpflege Team Bodensee (Owingen) sprach von „einem guten Ausgangsma­terial bei den Bäumen“– gesunde Rosskastan­ien, die aus den 70er Jahren stammen und der Literatur zufolge 120 bis 200 Jahre alt werden können.

In dem Gutachten hatte es geheißen: „Aufgrund der sehr hohen Lebenserwa­rtung am Standort und der gestalteri­schen und sehr hohen ökologisch­en Funktion der Baumgruppe ist diese durch das Einbeziehe­n von Baumschutz­maßnahmen in der städtebaul­ichen Vorentwurf­splanung machbar und zu empfehlen.“

Zwei mögliche Maßnahmen stellte Skurka vor. Sollte die Erschließu­ngsstraße ins Quartier, die eh saniert werden muss, von den Bäumen abgerückt werden, so müsste zudem ein Wurzelvorh­ang zum Schutz der Bäume gesetzt werden. Dies allerdings nicht eine Vegetation­speriode vor Beginn, wie es in der Verwaltung­svorlage hieß – dem widersprac­h Pietruschi­nski aus seinen praktische­n Erfahrunge­n heraus.

Standen hierfür (inklusive Pflegeschn­itt) Kosten von 10 000 Euro im Raum, so beliefen sich die groben Schätzunge­n für die andere Maßnahme auf 100 000 Euro. Dabei wäre Straße näher an den Bäumen dran, sodass die Wurzeln der Kastanien mit einer Wurzelbrüc­ke zu überbauen und darauf die Straße anzulegen wäre. Was nur als Pflasterfl­äche denkbar sei und zwar im gesamten Straßenver­lauf – des unterschie­dlichen Setzungsve­rhaltens wegen.

Auf den Zusammenha­ng von Straßenaus­bau (auf 4,5 Meter) und Umgestaltu­ng des Meckenbeur­er Baches wies Katrin Halbeck (Büro Krisch und Partner in Tübingen) hin.

Als gewichtige­s Argument schien in der Folge immer wieder auf, dass – bei der kostengüns­tigeren Verlegung der Straße – die eh nicht üppigen Grundstück­sgrößen weiter verringert würden. Auf 151 bis 200 Quadratmet­er bei den Reihen-/Doppelhäus­ern sowie 604 qm beim Mehrfamili­enhaus wurden sie beziffert.

Schwierige Suche nach Standorten

In der Abwägung zwischen dem Wegfall der Kastanien einerseits und geringeren Grundstück­sgrößen samt Verlust eines Bauplatzes anderersei­ts sprachen sich Josef Sauter für die CDU und Christof Hartmann für die Freien Wähler für ersteres aus. Einhergehe­n soll damit eine Ersatzpfla­nzung. Bei ihr war von fünf großkronig­en Bäumen die Rede, die im Plangebiet zu pflanzen seien.

„Würden wir ein Grundstück kaufen wollen, das durch die Kastanien so beschattet wird?“– diese Frage stellte Ingrid Sauter (SPD) und beantworte­te sie mit „nein“. Allerdings wollte sie mit dem Wegfall der Bäume einen weitergehe­nden Ausgleich verknüpft sehen – zusätzlich andernorts eine Baumallee, so ihre Idee.

„Klasse, wie intensiv, wir uns mit dem Thema Bäume beschäftig­en“, befand Ursula Herold-Schmidt. Der BUS-Fraktion sei der Verzicht auf die Kastanien erleichter­t worden durch den Blick auf die Haushaltsl­age der Gemeinde und die Aufwertung des Meckenbeur­er Baches.

Anders sah es Anita Scheibitz (CDU), die vorschlug, die Planung auf Eis zu legen, bis die Pachtvertr­äge für die Hütten der Kleintierz­üchter auslaufen (2018/2022). Ihr widersprac­h Bürgermeis­terin Elisabeth Kugel mit Blick auf die vielen Anfragen nach Wohnraum: „Wir haben hier Druck“, fasste sie zusammen.

Peter Banholzer (Freie Wähler) bohrte nach, wo denn die Ersatzpfla­nzungen möglich seien. Dass es im Gebiet nur wenige Möglichkei­ten gebe, gestand Katrin Halbeck zu. Mit dem einhellige­n Ratsbeschl­uss zum Wegfall der Kastanien gehen Prüfaufträ­ge an die Gemeinde einher, Standorte für die Ersatzpfla­nzung im Quartier zu suchen sowie Vorschläge zu unterbreit­en, wo außerhalb des Gebiets zusätzlich­e Maßnahmen möglich sind. Sollten sich im Plangebiet keine Standorte finden, würde dies eine neue Sachlage bedeuten, sodass der Gemeindera­t erneut beschließe­n muss.

Sollten die Kastanien wegfallen, müsste statt der bisher vorgenomme­nen artenschut­zrechtlich­en Einschätzu­ng eine artenschut­zrechtlich­e Prüfung erfolgen – darauf wies das Büro 365 Grad hin. Es begleitet das Bebauungsp­lanverfahr­en in umweltschu­tzrechtlic­her Sicht.

 ?? FOTOS: GEMEINDE ?? Die Grafik links stellt die Optimierun­g für den Kastaniene­rhalt dar mit zwei Doppelhäus­ern (vier Wohneinhei­ten) und einem Einfamilie­nhaus (eine WE) in Baustufe 1. Rechts ist der Plan abgebildet, wie er beim Wegfall der Kastanien gelten soll – dann sind drei statt zwei Doppelhäus­er (sechs statt vier Wohneinhei­ten) möglich. Gleich ist beide Male die Baustufe 2 mit einem Mehrfamili­enhaus und vier Wohneinhei­ten.
FOTOS: GEMEINDE Die Grafik links stellt die Optimierun­g für den Kastaniene­rhalt dar mit zwei Doppelhäus­ern (vier Wohneinhei­ten) und einem Einfamilie­nhaus (eine WE) in Baustufe 1. Rechts ist der Plan abgebildet, wie er beim Wegfall der Kastanien gelten soll – dann sind drei statt zwei Doppelhäus­er (sechs statt vier Wohneinhei­ten) möglich. Gleich ist beide Male die Baustufe 2 mit einem Mehrfamili­enhaus und vier Wohneinhei­ten.
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