Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Lust auf Europa
VHS will mit Diskussionsveranstaltung mehr Menschen für die EU begeistern
FRIEDRICHSHAFEN - Unter dem Titel „Lust auf Europa? Fakten, Sorgen, Chancen“haben die Volkshochschule (VHS) Friedrichshafen und die VHS Bodenseekreis für Europa interessieren wollen. „Es ist elementar, die Chancen herauszustellen, die sich letztlich uns allen bieten, wenn die EU sich geschlossen global positionieren kann. Das ist die Balance zwischen Regionalität einerseits sowie Weitsicht und Globalisierung andererseits“, sagte Bürgermeister Andreas Köster zur Begrüßung.
Um dafür aktiv einzutreten, sei eine emotionale Bindung an Europa erforderlich. Diese Ansicht vertrat auch Ernst Burgbacher (FDP), ehemaliger parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. „Wieso interessiert Europa so viele Menschen nicht?“, fragte Burgbacher zu Beginn seines Vortrags kritisch. „Vieles ist heute zum Glück selbstverständlich geworden. Damit verbunden ist die Freizügigkeit innerhalb der EU, aber auch die gemeinsame Währung“, sagte er. Zur Leistung der EU gehörten vor allem aber auch 70 Jahre Frieden.
„Es ist meine feste Überzeugung, dass Europa unsere Zukunft ist, es lohnt sich, dafür zu kämpfen“, sagte Burgbacher. Nationalstaatliche Lösungen könnten angesichts der Größenverhältnisse in der Welt keine Lösung sein.
Die Bürokratie aus Brüssel
„Warum kommt so viel Bürokratie aus Brüssel?“wollte Moderator Simon Blümcke in der anschließenden Podiumsdiskussion zwischen den Europaabgeordneten Norbert Lins (CDU) und Maria Heubach (Bündnis 90/Die Grünen) wissen. Lins verwies auf das aktuelle Beispiel der europäischen Datenschutzgrundverordnung, die viele Unternehmen, aber auch Vereine vor enorme Herausforderungen gestellt habe. Ziel sei es gewesen, das deutsche Datenschutzgesetz auf die EU zu übertragen. „Mehr Einfluss aus Deutschland gab es noch nie“, hob er hervor.
Maria Heubach wünschte sich für ein Europa nach den Vorstellungen der Grünen eine gemeinsame Asylpolitik sowie eine gemeinsame Finanzpolitik. Mehr Bedeutung bekommen soziale Fragen und die Umweltpolitik. „Wir müssen wieder mehr über die Wertegemeinschaft reden, nicht nur über wirtschaftliche Aspekte“, empfahl sie.
Aus Sicht der CDU soll der europäische Grenzschutz mehr Bedeutung und damit auch größere Befugnisse erhalten. Geplant sei ein europäischer Währungsfonds und eine europäische Verteidigungsgemeinschaft, so Norbert Lins.
Interessante Ergebnisse ihres Europa-Projekts präsentierten Fabian Lindner und Valentin Krüper, zwei Schüler des Karl-Maybach-Gymnasiums (KMG). Sie starteten eine Umfrage mit jeweils den gleichen Fragen bei ihren Schulkameraden in Friedrichshafen und einem Gymnasium in Sarajewo. Obwohl Bosnien nicht der EU angehöre und lediglich eine Beitrittsperspektive habe, seien die bosnischen Schüler über die EU besser informiert als die Schüler des KMG. Woher das kommt? Im Unterricht und in den Pausen werde oft über deutsche Politik gesprochen und zu wenig über europäische Politik. „Die EU wirkt fern“, sagte der 17-jährige Fabian.
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