Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Zahlen studieren alleine bringt keinen Vorteil
Gegen Chaumont muss sich der VfB in der Volleyball-Champions-League in allen Elementen steigern
FRIEDRICHSHAFEN - Italienische Trainer sind gegenüber den Journalisten sehr wachsam. Hinter jeder noch so einfachen Frage vermuten sie eine Falle. Deshalb würden sie in einer Talkshow mit deutschen Politikern nicht auffallen, denn auch sie reden viel und sagen nichts. Keine Ausnahme bildet hier der italienische Trainer des französischen Volleyballmeisters Chaumont, Silvano Prandi, nächster Gegner des VfB Friedrichshafen in der Gruppenphase der Champions League (Dienstag, 20.30 Uhr, Eurosport). Zugeknöpft, aber höflich beantwortete er die Fragen der „Schwäbischen Zeitung“.
Für den 71-Jährigen sind Zahlen das A und O im Volleyball. Danach kommen die Videoaufnahmen der Spiele, dann wird ausgewertet und die Taktik bestimmt. In der französischen Meisterschaft läuft es für das Team derzeit nicht rund. Die Mannschaft wurde zu Saisonbeginn deutlich verjüngt und Prandi musste zehn neue Spieler integrieren. Nach dem 3:1-Erfolg beim Tabellenletzten Cannes steht das Team nun auf Platz vier.
Viel reden, nichts Sagen
„Wir haben schlecht gespielt und gewonnen. Diese Partie ist nicht aussagekräftig“, meint Prandi im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Geht doch. Doch dann verfällt er wieder ins Viel-Reden und NichtsSagen. Auf welche Schlüsselspieler des VfB muss Chaumont aufpassen? „Ich habe beim VfB keinen Favoriten, weil mich kein Spieler interessiert. Ich interessiere mich nur für meine Mannschaft.“Falsch, denn sonst muss man keine Spielvideos analysieren und auch keine Statistiken auswerten. Was wird über Sieg oder Niederlage entscheiden? „Ich will immer gewinnen und bin ein schlechter Verlierer, deshalb schlagen wir den VfB.“So, so.
Die „Schwäbische Zeitung“hat sich einmal die Statistiken der Mannschaft aus Chaumont (Département Haute-Marne) genauer angeschaut. Baptiste Geiler, ehemaliger Spieler des VfB Friedrichshafen, ist nach langer Verletzung wieder fit. Martin Atanasov, der in Friedrichshafen aufgrund einer Schulterverletzung lange nicht spielen konnte, zeigt in der französischen Liga Hoch und Tiefs. Gegen Cannes war er 14-Mal erfolgreich. Einen Namen müssen sich die Häfler merken: Wassim Ben Tara, 22jähriger tunesischer Nationalspieler. Er war mit 24 Punkten bester Scorer des Teams. Seit der Saison 2016/2017 spielt der Diagonalangreifer beim französischen Meister.
Das Team aus Chaumont macht viele Fehler im Aufschlag und das könnte für den VfB Friedrichshafen von Vorteil sein. Im ersten Spiel der Gruppenphase der Champions League waren es in fünf Sätzen allerdings nur 17 Fehler.
Die stärker eingeschätzten Russen von Zenit Sankt Petersburg mit dem Deutschen Georg Grozer und dem Slowaken Lukas Divis (beide ehemalige VfB-Spieler) gewannen erst im Tiebreak mit 3:2. Satz fünf endete 16:14. Für den VfB heißt es, dass die Mannschaft aus Frankreich sehr hartnäckig ist. Und Baptiste Geiler ordnet die Spiele gegen den VfB richtig ein: „Sankt Petersburg ist der Favorit in der Gruppe, der VfB und Chaumont kämpfen um Platz zwei“, sagt er.
Probleme in der Annahme
Der VfB Friedrichshafen trifft auf einen Gegner auf Augenhöhe, der im Angriff sehr stark ist. Die Probleme der Franzosen liegen ganz klar in der Annahme. Doch auch in diesem Element ist der VfB in der laufenden Saison nicht so sattelfest. Die Spieler wackeln mehr, als ihnen lieb ist. Und die Volleyballer des VfB Friedrichshafen haben darüber hinaus wenig Zeit, um sich auf die Franzosen vorzubereiten. „Jetzt habe ich 25 Stunden zur Vorbereitung auf den nächsten Gegner. Das ist der brutale Job eines Trainer“, sagte VfB-Trainer Vital Heynen nach dem verlorenen Spitzenspiel in der Bundesliga am Sonntag in Unterhaching (2:3.). Es war für den VfB die zweite Niederlage in der Volleyball-Bundesliga.
Dabei hatte die Mannschaft vom Bodensee einen Matchball beim 15:14, den sie leichtfertig vergab. Die letzten drei Punkte des Tiebreaks waren ein Spiegelbild der gesamten Partie. Der Spitzenreiter Unterhaching blockte besser und griff effektiver an. Gegen die Franzosen müssen sich die Häfler nicht nur auf die Blockabwehr besinnen. Das Entscheidende wird sein, die sich bietenden Chancen im Angriff zu nutzen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Da kann man taktieren wie man will und Zahlen studieren bis zum Abwinken.
In der zweiten Runde der Gruppenphase der Volleyball-Champions-League trifft der VfB Friedrichshafen am heutigen Dienstag (18. Dezember, 20.30 Uhr live bei eurovolley.tv und ab 20.45 Uhr live im TV bei Eurosport) im französischen Reims auf Chaumont Volley Ball 52.
Die Häfler Fans können ihre Mannschaft gemeinsam aus der ZFArena unterstützen. Der VfB veranstaltet ab 20 Uhr ein „Public Viewing“im Foyer.