Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Landrat lässt Lindauer Winterdienst überprüfen
Stadt ärgert sich über „falsche Bewertung der besonderen lokalen Situation“
LINDAU - Nicht nur Bürger beurteilen den Winterdienst der Stadt Lindau kritisch. Auch Landrat Elmar Stegmann ist unzufrieden. Das Landratsamt wird die Abläufe nun offiziell untersuchen. Es besteht der Verdacht, dass die Stadt zu wenig Personal und Gerät im Einsatz hat. Die Stadtverwaltung verteidigt sich.
Bereits am Montag hatte ein Satz in der Pressemitteilung des Landratsamts aufhorchen lassen: „Das Landratsamt appelliert an die Kommunen im Landkreis, sich auf die angekündigten Schneefälle in den kommenden Tagen und Wochen einzustellen und ihr Räumkonzept an die jetzt gemachten Erfahrungen anzupassen.“Auf die Frage, ob das als Kritik an der Stadt Lindau zu verstehen sei, antwortet Pressesprecherin Sibylle Ehreiser, dass die Aufsichtsbehörde „Verbesserungsbedarf in der Organisation“sehe.
Landrat Stegmann stellt klar, dass er keinen Zweifel am Engagement der Mitarbeiter von Bauhof und Stadtgärtnerei hat, die Folgen des Wintereinbruchs zu bekämpfen. „Ich bedauere sehr, dass diese bei ihren Einsätzen teilweise Schmähungen ausgesetzt sind. Die Arbeit dieser Menschen ist nicht zu tadeln.“Sehr wohl Zweifel hat Stegmann aber, ob der Winterdienst der Stadt Lindau organisatorisch richtig aufgestellt ist, um auch besondere Schneelagen zu bewältigen. Anlass für die Prüfung ist die Tatsache, dass das Landratsamt „auf eindringliche Bitte der Stadtverwaltung“in Lindau für drei Tage schulfrei geben musste. Dabei hält das Landratsamt den Schneefall nicht für derart katastrophal und verweist auf Nachbargemeinden, in denen Schulen seit Montag geöffnet waren: „Im restlichen Landkreis konnten die Gemeinden bei teils stärkerem Schneefall und gleicher Schneeschwere ihrer Verpflichtung nachkommen.“
Landrat zweifelt, ob Lindau genug Personal und Geräte hat
Das werfe die Frage auf, ob die Einsatzplanung beim Lindauer Winterdienst passt, ob genügend Personal eingesetzt wird und ob die technische Ausstattung ausreicht. Die Kommunalaufsicht des Landratsamts soll das prüfen. Das sei auch wichtig, angesichts des verbreiteten Ärgers der Bürger, der bei jedem größeren Schneefall in Lindau aufkommt, sagt der Landrat zur SZ. Dabei kommt es Stegmann nach eigenen Worten nicht auf schnelle Ergebnisse an, sondern auf eine gründliche Untersuchung. Er erwartet auch von den Verantwortlichen der Stadt, dass sie den Ablauf des Wochenendes klären, „um künftig besser gewappnet zu sein“.
Die Stadt weist die Kritik am Winterdienst zurück. Wetterexperten haben bestätigt, dass eine besondere Wetterlage über Lindau besonders viel nassen Schnee abgeladen habe. Das bestätigt Stegmann, der darauf verweist, dass es in Nachbargemeinden und im restlichen Landkreis nur vereinzelt Feuerwehreinsätze gab, während die Lindauer Wehr an dem Wochenende 70 Alarmierungen verzeichnete. Die Stadt verweist auf das Gewicht nassen Schnees, der mehr als zehnmal so schwer ist wie Pulverschnee.
Das habe nicht nur Gebäuden mit Flachdächern zu schaffen gemacht, sondern viele Bäume im Stadtgebiet umstürzen und Äste abbrechen lassen. Während es in Lindau am Sonntag zwischen 0,5 und 2,8 Grad warm war, zeigten die Thermometer in Lindenberg durchgehend 0 Grad. Solche Unterschiede im Kleinklima blende das Landratsamt aus, schreibt die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung.
Stadt hält Ausstattung des Winterdienstes für ausreichend
Die Ausstattung der GTL mit großen und kleinen Geräten „ist für den üblichen, zu erwartenden Winterdienst gut“, meint die Stadt. Der Fuhrpark werde seit Jahren beständig verjüngt, einige Fahrzeuge und Geräte neu beschafft. Die GTL habe ausreichend gut qualifizierte Mitarbeiter, allerdings nicht für einen 24-StundenDauerbetrieb. Zu Problemen sei es auch deshalb gekommen, weil Autobahn und B 31 gesperrt waren und der komplette Rückreiseverkehr aus den Wintersportgebieten zum Ferienende durch das Stadtgebiet verlief.
Stegmann berichtet, dass er am Sonntag eine Lagebesprechung anberaumt habe, nachdem unklar war, ob Montag die Busse wieder fahren können. Da die Stadt ihre Schulen unbedingt geschlossen halten wollte, habe man das auch für die weiterführenden Schulen so entschieden. Auf Drängen der Stadt habe man das um weitere zwei Tage verlängert. Tatsächlich verweist auch die Stadt auf nicht begehbare Fußgängerwege, weil die Anlieger die Gehwege nicht geräumt hätten. Auch die Zugänge zu den Schulen seien noch nicht geräumt gewesen. Zusätzlich wären Schulkinder durch herunterfallende Äste oder umfallende Bäume gefährdet.
Gefährliche Schulwege auch in Weißensberg und Sigmarszell
Gefahr durch Bäume sehen die Bürgermeister der Nachbargemeinden nicht. Aber zumindest Hans Kern aus Weißensberg und Jörg Agthe aus Sigmarszell wundern sich im Gespräch mit der SZ, dass die Kinder in ihren Gemeinden am Montag zur Schule gehen mussten. An diesem Tag sei der Schulweg auch in ihren Gemeinden gefährlich gewesen.
„Es war besser als in Lindau, aber es war sehr grenzwertig“, sagt Kern auf Anfrage der SZ. Agthe ergänzt: „Am Montagmorgen hatten wir die Lage – ehrlich gesagt – nicht im Griff.“Allerdings habe der Landrat sich erst am Dienstag nach der Lage vor Ort erkundigt. Da aber war alles in Ordnung. Stegmann gibt den Schwarzen Peter zurück an die Bürgermeister: In einem solchen Fall hätten sie ihn informieren müssen, aus Sigmarszell und Weißensberg habe sich aber niemand gemeldet: „Das kann doch hier niemand wissen.“