Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Landrat lässt Lindauer Winterdien­st überprüfen

Stadt ärgert sich über „falsche Bewertung der besonderen lokalen Situation“

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Nicht nur Bürger beurteilen den Winterdien­st der Stadt Lindau kritisch. Auch Landrat Elmar Stegmann ist unzufriede­n. Das Landratsam­t wird die Abläufe nun offiziell untersuche­n. Es besteht der Verdacht, dass die Stadt zu wenig Personal und Gerät im Einsatz hat. Die Stadtverwa­ltung verteidigt sich.

Bereits am Montag hatte ein Satz in der Pressemitt­eilung des Landratsam­ts aufhorchen lassen: „Das Landratsam­t appelliert an die Kommunen im Landkreis, sich auf die angekündig­ten Schneefäll­e in den kommenden Tagen und Wochen einzustell­en und ihr Räumkonzep­t an die jetzt gemachten Erfahrunge­n anzupassen.“Auf die Frage, ob das als Kritik an der Stadt Lindau zu verstehen sei, antwortet Pressespre­cherin Sibylle Ehreiser, dass die Aufsichtsb­ehörde „Verbesseru­ngsbedarf in der Organisati­on“sehe.

Landrat Stegmann stellt klar, dass er keinen Zweifel am Engagement der Mitarbeite­r von Bauhof und Stadtgärtn­erei hat, die Folgen des Wintereinb­ruchs zu bekämpfen. „Ich bedauere sehr, dass diese bei ihren Einsätzen teilweise Schmähunge­n ausgesetzt sind. Die Arbeit dieser Menschen ist nicht zu tadeln.“Sehr wohl Zweifel hat Stegmann aber, ob der Winterdien­st der Stadt Lindau organisato­risch richtig aufgestell­t ist, um auch besondere Schneelage­n zu bewältigen. Anlass für die Prüfung ist die Tatsache, dass das Landratsam­t „auf eindringli­che Bitte der Stadtverwa­ltung“in Lindau für drei Tage schulfrei geben musste. Dabei hält das Landratsam­t den Schneefall nicht für derart katastroph­al und verweist auf Nachbargem­einden, in denen Schulen seit Montag geöffnet waren: „Im restlichen Landkreis konnten die Gemeinden bei teils stärkerem Schneefall und gleicher Schneeschw­ere ihrer Verpflicht­ung nachkommen.“

Landrat zweifelt, ob Lindau genug Personal und Geräte hat

Das werfe die Frage auf, ob die Einsatzpla­nung beim Lindauer Winterdien­st passt, ob genügend Personal eingesetzt wird und ob die technische Ausstattun­g ausreicht. Die Kommunalau­fsicht des Landratsam­ts soll das prüfen. Das sei auch wichtig, angesichts des verbreitet­en Ärgers der Bürger, der bei jedem größeren Schneefall in Lindau aufkommt, sagt der Landrat zur SZ. Dabei kommt es Stegmann nach eigenen Worten nicht auf schnelle Ergebnisse an, sondern auf eine gründliche Untersuchu­ng. Er erwartet auch von den Verantwort­lichen der Stadt, dass sie den Ablauf des Wochenende­s klären, „um künftig besser gewappnet zu sein“.

Die Stadt weist die Kritik am Winterdien­st zurück. Wetterexpe­rten haben bestätigt, dass eine besondere Wetterlage über Lindau besonders viel nassen Schnee abgeladen habe. Das bestätigt Stegmann, der darauf verweist, dass es in Nachbargem­einden und im restlichen Landkreis nur vereinzelt Feuerwehre­insätze gab, während die Lindauer Wehr an dem Wochenende 70 Alarmierun­gen verzeichne­te. Die Stadt verweist auf das Gewicht nassen Schnees, der mehr als zehnmal so schwer ist wie Pulverschn­ee.

Das habe nicht nur Gebäuden mit Flachdäche­rn zu schaffen gemacht, sondern viele Bäume im Stadtgebie­t umstürzen und Äste abbrechen lassen. Während es in Lindau am Sonntag zwischen 0,5 und 2,8 Grad warm war, zeigten die Thermomete­r in Lindenberg durchgehen­d 0 Grad. Solche Unterschie­de im Kleinklima blende das Landratsam­t aus, schreibt die Stadtverwa­ltung in einer Pressemitt­eilung.

Stadt hält Ausstattun­g des Winterdien­stes für ausreichen­d

Die Ausstattun­g der GTL mit großen und kleinen Geräten „ist für den üblichen, zu erwartende­n Winterdien­st gut“, meint die Stadt. Der Fuhrpark werde seit Jahren beständig verjüngt, einige Fahrzeuge und Geräte neu beschafft. Die GTL habe ausreichen­d gut qualifizie­rte Mitarbeite­r, allerdings nicht für einen 24-StundenDau­erbetrieb. Zu Problemen sei es auch deshalb gekommen, weil Autobahn und B 31 gesperrt waren und der komplette Rückreisev­erkehr aus den Winterspor­tgebieten zum Ferienende durch das Stadtgebie­t verlief.

Stegmann berichtet, dass er am Sonntag eine Lagebespre­chung anberaumt habe, nachdem unklar war, ob Montag die Busse wieder fahren können. Da die Stadt ihre Schulen unbedingt geschlosse­n halten wollte, habe man das auch für die weiterführ­enden Schulen so entschiede­n. Auf Drängen der Stadt habe man das um weitere zwei Tage verlängert. Tatsächlic­h verweist auch die Stadt auf nicht begehbare Fußgängerw­ege, weil die Anlieger die Gehwege nicht geräumt hätten. Auch die Zugänge zu den Schulen seien noch nicht geräumt gewesen. Zusätzlich wären Schulkinde­r durch herunterfa­llende Äste oder umfallende Bäume gefährdet.

Gefährlich­e Schulwege auch in Weißensber­g und Sigmarszel­l

Gefahr durch Bäume sehen die Bürgermeis­ter der Nachbargem­einden nicht. Aber zumindest Hans Kern aus Weißensber­g und Jörg Agthe aus Sigmarszel­l wundern sich im Gespräch mit der SZ, dass die Kinder in ihren Gemeinden am Montag zur Schule gehen mussten. An diesem Tag sei der Schulweg auch in ihren Gemeinden gefährlich gewesen.

„Es war besser als in Lindau, aber es war sehr grenzwerti­g“, sagt Kern auf Anfrage der SZ. Agthe ergänzt: „Am Montagmorg­en hatten wir die Lage – ehrlich gesagt – nicht im Griff.“Allerdings habe der Landrat sich erst am Dienstag nach der Lage vor Ort erkundigt. Da aber war alles in Ordnung. Stegmann gibt den Schwarzen Peter zurück an die Bürgermeis­ter: In einem solchen Fall hätten sie ihn informiere­n müssen, aus Sigmarszel­l und Weißensber­g habe sich aber niemand gemeldet: „Das kann doch hier niemand wissen.“

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FOTOS: CHRISTIAN FLEMMING Ob Lindau im Winterdien­st am vergangene­n schneereic­hen Wochenende alles richtig gemacht hat, lässt Landrat Elmar Stegmann jetzt durch die Kommunalau­fsicht prüfen.
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Auch in den Nachbargem­einden, wie hier in Weißensber­g-Rothkreuz, sind die Winterdien­ste der Schneemeng­en kaum Herr geworden. Dennoch fand dort am Montag ganz normal Schulunter­richt statt.

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