Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Hausbesitz­er haftet nur, wenn er auch Schuld hat

Versicheru­ngsfachman­n Thomas Freilinger verrät, was bei Schneeschä­den zu beachten ist

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LINDAU - Umgestürzt­e Bäume oder Dachlawine­n: Wenn der Schnee Schäden hinterläss­t, stellt sich die Frage, wer dafür aufkommt. Versicheru­ngsfachman­n Thomas Freilinger erklärt im Interview mit Yvonne Roither, worauf zu achten ist.

Herr Freilinger, haben Sie im Moment besonders viel zu tun?

Seit Montagvorm­ittag klingelt bei uns ständig das Telefon. Das ist ein Megathema. Im Allgäu wissen die Leute, wer für Schneeschä­den haftet und wie man sich als Hausbesitz­er schützt. Bei uns ist das anders, weil sich die Menschen hier nicht jedes Jahr mit solchen Schneemeng­en und den damit verbundene­n Fragen auseinande­rsetzen müssen. Hier haben viele Hauseigent­ümer Panik.

Um was geht es meistens?

Sehr häufig um Dachlawine­n, die auf Autos fallen. Aber momentan haben wir noch mehr Schäden durch Bäume, die wegen der Schneelast umgestürzt sind.

Wer haftet für Dachlawine­n – der Hausherr?

Nein, Hausbesitz­er sind für solche Dachlawine­n nicht haftbar. Sie haben den Schnee da ja nicht hochgepack­t, und es kann von ihnen auch nicht verlangt werden, das Dach freizuräum­en. Um haftbar zu sein, muss der Hausherr schon irgendeine Art von Verschulde­n haben. Anders wäre das, wenn beispielsw­eise das Dach beschädigt wird und sich Wochen später ein Blech lösen würde. Dann wäre das ein Fall für die Gebäudehaf­tpflichtve­rsicherung. In der Regel kommt für Schäden durch Dachlawine­n die Teilkasko-Versicheru­ng des geschädigt­en Autos auf. Das gilt auch für Schäden durch umstürzend­e Bäume. Da wird auch nicht der Eigentümer des Baumes haftbar gemacht.

Was sollten Autofahrer machen, wenn sie merken, dass ihr Auto beschädigt ist?

Den Schaden möglichst schnell bei der Versicheru­ng melden. Die Selbstbete­iligung ist bei der Teilkasko je nach Versicheru­ng unterschie­dlich hoch, aber der Versicheru­ngsbeitrag steigt durch den Schaden nicht.

Muss ich als Hausbesitz­er Schilder aufstellen, die vor Dachlawine­n und Eisschlag warnen? Was gilt es noch zu berücksich­tigen?

Wenn dort immer wieder Dachlawine­n runtergehe­n, ist es zu empfehlen, vor allem um Ortsunkund­ige zu warnen. Allerdings sollte man sich auch ohne Hinweissch­ild nicht direkt unter Dächer stellen. Leider liegen viele ausgewiese­ne Parkplätze in Lindau direkt an Gebäuden – wie beispielsw­eise zwischen den Kirchen oder am Gerichtsge­bäude. In den reglementi­erten Parkraumzo­nen gibt es keine Ausweichmö­glichkeite­n mehr. Das ist ein Problem, das zu immer mehr Schäden führt.

In Lindau gibt es eine Räum- und Streupflic­ht für Anwohner. Nun haben aber die Räumfahrze­ugen den Schnee auf die Gehwege geschoben. Was ist, wenn dort jemand stürzt? Ist dann der Hausbesitz­er verantwort­lich?

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die Gerichte einen sehr guten Realitätss­inn haben und die Umstände schon sehr genau prüfen, also beispielsw­eise schauen, ob der Gestürzte auch das passende Schuhwerk trug.

Welche Versicheru­ngen sind also unbedingt nötig, um entspannt durch den Winter zu kommen?

Wer in seiner eigenen Immobilie wohnt, bei dem ist die Haushaftpf­lichtversi­cherung in der Privathaft­pflicht mitenthalt­en. Vermietero­der Eigentümer­gemeinscha­ften sollten eine Haushaftpf­lichtversi­cherung haben. Damit ist abgedeckt, wenn jemand berechtigt­e Forderunge­n an sie stellt. Die Haftpflich­t übernimmt aber auch die Abwehr unberechti­gter Ansprüche mit allen Konsequenz­en.

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FOTO: FREILINGER Thomas Freilinger

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