Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Demokraten wollen Antworten von Trump
Über die Gespräche des US-Präsidenten mit Wladimir Putin ist wenig bekannt
WASHINGTON - Die Demokraten werfen dem US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump Geheimniskrämerei vor. Grund dafür sind Gespräche mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin, über deren Ergebnis kaum etwas bekannt ist. Nun fordern sie Aufklärung – die könnte ihnen die Dolmetscherin liefern.
Fast zwei Stunden lang haben Trump und Putin im vorigen Juli in Helsinki unter vier Augen gesprochen. Man habe eine Reihe mündlicher Abmachungen getroffen, ließ der Kreml hinterher wissen. Bei den Amerikanern allerdings wusste bis auf den eigenen Präsidenten niemand zu sagen, worauf sich Trump mit Putin geeinigt hatte. „Ich vermag weder komplett zu verstehen noch darüber Auskunft zu geben, was in Helsinki geschah“, antwortete Dan Coats, der Koordinator der US-Geheimdienste, vier Tage nach dem Gipfel auf die Frage eines Reporters. Abgesehen von Trump gibt es nur eine, die Auskunft geben kann. Marina Gross, die Dolmetscherin.
Auf amerikanischer Seite war nur Gross dabei, als sich die beiden in ein Separee zurückzogen. Bei seiner Gesprächspremiere mit dem russischen Präsidenten, im Juli 2017 während des G20-Gipfels in Hamburg, hatte Trump noch den damaligen Außenminister Rex Tillerson dabei. In der finnischen Hauptstadt war das anders. Zudem erklärte er dort vor der Presse, er glaube Putin, wenn der ihm versichere, Russland habe sich 2016 nicht in den US-Wahlkampf eingemischt. Damit widersprach Trump dezidiert seinen eigenen Geheimdiensten.
Für Trumps Kritiker jedenfalls markiert Helsinki den Höhepunkt eines Schmusekurses gegenüber Moskau, den sie sich mit Diplomatie nicht erklären können. Höchstens damit, dass Putin etwas gegen Trump in der Hand hat, womit er ihn gegebenenfalls erpressen kann.
Weißes Haus in Erklärungsnot
„Wie ich sagte: eine Marionette“, twitterte Hillary Clinton, nachdem Medien einmal mehr die vermeintlichen Russlandverbindungen des früheren Immobilienunternehmers beleuchtet hatten. Zunächst berichtete die „New York Times“über Untersuchungen des FBI, das wegen Spionageverdachts gegen Trump ermittelte, nachdem der FBI-Direktor James Comey gefeuert worden war. Konnte das Weiße Haus dies noch als Rache von Freunden Comeys abtun, so geriet es nach Enthüllungen der „Washington Post“in Erklärungsnot. Trump, fasste die Zeitung ihre Recherchen zusammen, versuche offenbar bewusst zu vernebeln, was er mit Putin berede. Vor anderthalb Jahren in Hamburg musste ihm der anwesende Dolmetscher demnach die Gesprächsnotizen aushändigen, während er zudem seinen Chefdiplomaten zum Stillschweigen verdonnerte. Weder sein damaliger Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster noch Fiona Hill, die Russland-Expertin des Nationalen Sicherheitsrats, sollen viel erfahren haben über den Dialog. In Helsinki dann, schreibt das Blatt, habe Trump die Geheimniskrämerei auf die Spitze getrieben.
Die Frage nach den Gründen will die Opposition endlich beantwortet haben. „Hier geht es um unsere nationale Sicherheit. Wir müssen wissen, worauf sich der Präsident in Helsinki einließ“, sagt Joe Kennedy, Kongressabgeordneter und Spross der berühmten Familie, einer der aufstrebenden Köpfe der Demokraten. „Wir sollten einen Weg finden, um es in Erfahrung zu bringen.“Für Kennedys Parteifreund Adam Schiff ist der Weg klar: Die Übersetzerin soll vor dem Kongress aussagen.
So hat er es bereits vor sechs Monaten gefordert, nur wurde er damals von den Republikanern im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses überstimmt. Inzwischen leitet er das Komitee, in dem die Demokraten im Zuge ihres herbstlichen Wahlsiegs nunmehr die Mehrheit bilden. Schiff könnte durchsetzen, was er im Sommer vergebens anstrebte. Allerdings würde er Marina Gross damit in schwere Gewissenskonflikte stürzen: Allein das Berufsethos gebietet es ihr, strikte Vertraulichkeit zu wahren.