Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wenn Brücken nicht entzücken
Das deutsche Brückenwesen ist fürwahr in der Krise: Kaum ein Steg über irgendeinem Bächlein, der nicht marode wäre. Von den Fernstraßenbrücken ganz zu schweigen, die eigentlich nur noch aus Respekt vor dem CSU-Verkehrsminister nicht einstürzen. Tatsächlich gibt es – was vor diesem Hintergrund eine Überraschung für den braven Steuerzahler sein mag – eine Bundesanstalt für Straßenwesen, die aber keine besonderen Anstalten macht, dieses Wesen zu genesen. Sprich: Viele Brücken, von denen laut eigener Daten der Behörde jede achte in schlechtem Zustand ist, warten vergeblich auf Sanierung.
Als Hauptursache für die Abnutzung haben Wissenschaftler jetzt den Automobil- und Lastwagenverkehr ausgemacht. Eine wirkungsvolle Sofortmaßnahme wäre, den Straßenverkehr also bis auf Weiteres einzustellen. Dann hätte auch die leidige Diskussion um das Tempolimit ein Ende – und ganz nebenbei wäre auch die Feinstaubdebatte perdu.
Das Bundesverkehrsministerium ist dem Vernehmen nach gerade dabei, ungefähr 100 Brückenexperten zu finden, die öffentlich erklären, dass kaputte Brücken eigentlich gar nicht so schlimm sind. Indes haben Brücken noch ein weiteres Problem: Wann immer eine neue gebaut oder doch noch saniert wird, kommen sofort Menschen und befestigen an ihren Geländern Vorhängeschlösser. Meist als Beweis ihrer Liebe zu jemandem oder etwas. Für die Brücken selbst ist das natürlich eine zusätzliche Belastungsprobe. Dennoch gilt: Lieber unter der Last der Liebe zusammenbrechen, als unter einem Bundesverkehrsminister. (nyf )