Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Unitymedia wirft Deutschlan­dradio raus

Kabel-Programme nach Streit um Kosten abgeschalt­et – Gerster: „Nicht hinnehmbar“

- Von Ulrich Mendelin

RAVENSBURG - Hörer in BadenWürtt­emberg können die Programme des Deutschlan­dradios derzeit nicht im Kabelnetz empfangen. Hintergrun­d ist ein Streit um Einspeisee­ntgelte. Betroffen sind die Radioprogr­amme Deutschlan­dfunk, Deutschlan­dfunk Kultur und Deutschlan­dfunk Nova. Online können die Programme weiter empfangen werden, Deutschlan­dfunk und Deutschlan­dfunk Kultur darüber hinaus – je nach Region – auch über UKW.

Seit dem 22. Januar herrscht Funkstille. Das Unternehme­n Unitymedia, das das Kabelnetz in BadenWürtt­emberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen betreibt, verlangt für die Einspeisun­g der Deutschlan­dradio-Programme mehr Geld, als Deutschlan­dradio zu zahlen bereit ist.

Kündigung im Sommer 2018

Nach Darstellun­g von Unitymedia hat der deutschlan­dweite Sender mit Sitz in Köln und Berlin im vergangene­n Sommer den Verbreitun­gsvertrag für seine drei Programme zum Ende des Jahres 2018 gekündigt – und explizit erklärt, „dass sie keine Ausstrahlu­ng ihrer Programme mehr nachfragen“. Auch an neuen Verhandlun­gen habe Deutschlan­dradio kein Interesse gehabt. Daraufhin seien die Programme, wie vorab angekündig­t,

aus dem Netz genommen worden.

Deutschlan­dradio spricht von einer „einseitige­n Ankündigun­g“durch Unitymedia, die Programme aus dem Netz zu nehmen. „Wir schließen deshalb keine Verträge mit Unternehme­n, deren Bedingunge­n nach unserer Auffassung vor dem Gebot der Wirtschaft­lichkeit und Sparsamkei­t keinen Bestand haben“, teilt ein Sprecher des Senders auf Nachfrage mit. Man prüfe nun weitere Schritte.

Tatsächlic­h ist der Fall heikel, denn Deutschlan­dradio ist wie ARD und ZDF ein öffentlich-rechtliche­r, von Rundfunkge­bühren finanziert­er Sender – und hat damit einen Grundverso­rgungsauft­rag. Daraus ergibt sich auch eine Pflicht zur Verbreitun­g der Programme.

Der Streit ist nicht neu: ARD und ZDF hatten sich mit den deutschen Kabelnetzb­etreibern – neben Unitymedia ist dies Vodafone – einen langjährig­en Rechtsstre­it um Einspeisee­ntgelte geliefert. Dieser wurde 2017 beigelegt, die öffentlich-rechtliche­n Sender müssen demnach für die Einspeisun­g ihrer Programme zahlen. Die Einigung umfasst aber nur ARD und ZDF, und nicht die Hörfunkpro­gramme des Deutschlan­dradios.

Der Biberacher Bundestags­abgeordnet­e Martin Gerster kritisiert den Streit scharf: „Der aktuelle Zustand ist für mich nicht hinnehmbar“. Mit Blick auf Unitymedia mahnt der SPD-Politiker, der Betreiber unterliege einer gesellscha­ftlichen Verantwort­ung. „Keiner hat Verständni­s dafür, wenn Programme, für die öffentlich-rechtliche Beiträge erhoben werden, nicht zu empfangen sind. Der aktuelle Zustand ist Wasser auf die Mühlen jener Populisten, die die Axt an den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk legen wollen.“In Briefen an Hörfunkrat­s-Mitglied Martin Rabanus, Unitymedia-Chef Winfried Rapp und die für den Rundfunkst­aatsvertra­g federführe­nde Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) fordert Gerster zügige Abhilfe.

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FOTO: DPA Funkstille: Die Programme des Deutschlan­dradios sind derzeit nicht im baden-württember­gischen Kabelnetz zu empfangen.

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