Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der Hintergrund der Debatte um die Grenzwerte
Der aktuell gültige Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid für die Außenluft von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft wurde 1999 auf Vorschlag der EU-Kommission von den Mitgliedern beschlossen und 2008 bestätigt. Die Kommission stützt ihre Vorschläge auf Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Empfehlungen der WHO wurden 2000 als Luftgüteleitwerte in den WHO Air Quality Guidelines veröffentlicht. Zuletzt präsentierten die WHO und die EU Zahlen, wonach in Europa mehr als 440 000 Menschen wegen verschmutzter Luft vorzeitig sterben. Das Umweltbundesamt spricht von 50 000 verlorenen Lebensjahren durch Stickoxide in Deutschland. Auch für die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie (DGP) ist es bewiesen, dass Stickoxide gefährlich sind. Kritiker halten die angeführten Studien für nicht eindeutig, weil das gemeinsame Auftreten von Krankheiten und hohen Schadstoffbelastungen in einen ursächlichen Zusammenhang gestellt werden. Die Forscher müssten – so die Kritik – die aufgestellten Thesen nun mit anderen Methoden überprüfen. Ausgelöst hat die aktuelle Debatte der Lungenfacharzt Dieter Köhler, der gemeinsam mit 107 Kollegen die Studien der WHO kritisiert. Köhler spricht von „systematischen Fehlern“. Er wendet sich damit gegen die DGP, seine eigene wissenschaftliche Fachgesellschaft, die er von 2005 bis 2007 selbst als Präsident geführt hatte.
Die DGP hatte die Grenzwerte im November 2018 dagegen noch einmal verteidigt und erklärt, dass selbst strengere als die gültigen Grenzwerte eine Gesundheitsgefahr nicht ausschließen würden. (ben)