Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schröder gegen Nahles
Der Ex-Kanzler teilt gegen die SPD-Chefin aus
BERLIN (dpa) - Das Interview dürfte SPD-Chefin Andrea Nahles nicht gerne lesen. Der bisher letzte SPD-Kanzler Gerhard Schröder bricht quasi den Stab über sie. „Das sind Amateurfehler“, sagt der 74-Jährige in einem „Spiegel“-Interview über flapsige Nahles-Ausdrücke wie „Bätschi“. Schröder hält sie offensichtlich nicht für fähig, die Kanzlerkandidatur für die SPD zu übernehmen, dafür brauche es ökonomische Kompetenz. Auf die Frage, ob Nahles diese Kompetenz habe, sagt Schröder: „Ich glaube, das würde nicht mal sie selbst von sich behaupten.“Er hält Vizekanzler Olaf Scholz eher für geeignet – und plädiert für ein Comeback von Sigmar Gabriel.
Die kritischen Aussagen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem immer mehr führende Sozialdemokraten Nahles als Vorsitzende von Partei und Bundestagsfraktion infrage stellen. Die Umfragewerte dümpeln bei 15 Prozent auf Bundesebene, in Bayern sind es noch sechs Prozent.
Schröder betont zwar, dass die „Bätschi“-Episode vor der Wahl zur Vorsitzenden stattgefunden habe. Nahles bezog das nach dem Scheitern der „Jamaika“-Verhandlungen darauf, dass die Union nun doch die SPD wieder als Koalitionspartner brauche und dass dies teuer werde. Im nächsten Satz sagt der Altkanzler dann: „Übrigens kann Schlampigkeit auch im Kleidungsstil außerordentlich kontraproduktiv sein, insbesondere bei SPD-Wählern.“
Und betont zugleich: „Damit meine ich nicht Frau Nahles, aber das muss man wissen.“Die Vorstellung, dass SPD-Wähler es am liebsten hätten, wenn man mit einem Kapuzenpulli zum Parteitag gehe, sei ein Fehler. „Gerade unsere Leute erwarten, dass wir vernünftig auftreten.“Unter anderem Juso-Chef Kevin Kühnert tritt gerne im Kapuzenpulli auf.
Ausdrücklich lobt Schröder Finanzminister Scholz, der klargemacht hat, dass er sich die Kanzlerkandidatur zutraut. „Jemand wie Olaf Scholz hat schon bewiesen, dass er was von Wirtschaft versteht. Und er hat erfolgreich Hamburg regiert.“Gutes Regieren sei Voraussetzung für einen erfolgreichen Politiker, es reiche aber nicht. „Man muss es auch nach außen kommunizieren.“Scholz wird immer wieder intern eine dürftige Kommunikation und ein arrogantes Auftreten vorgeworfen.
Kritik an Putin lieber persönlich
Zur Kritik an seinen Nebenjobs in Russland sagt er den Interviewern: „Das ist mein Leben, nicht eures.“Er äußere sehr wohl Kritik, sage diese Präsident Wladimir Putin aber persönlich, nicht über Medien.
Schröder und andere Granden eint die Sorge um ein Implodieren der ältesten Partei Deutschlands. Das größte Lob findet der Niedersachse für einen anderen Niedersachsen – der von Nahles und Scholz bei der Kabinettsbildung im vergangenen Jahr aber abserviert worden ist. Schröder plädierte nun dafür, angesichts der schweren Krise der SPD wieder stärker auf den früheren Außenminister und Parteichef Sigmar Gabriel zu setzen. „Sigmar Gabriel ist vielleicht der begabteste Politiker, den wir in der SPD haben“, betonte er.