Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Frankreichs Schattenpräsidentin
Die Frau des Präsidenten wird in Frankreich „Première Dame“genannt. Doch Brigitte Macron ist mehr als das. Die Journalistinnen Nathalie Schuck und Ava Djamshidi machen sie in ihrem diese Woche erschienenen Buch sogar zu „Madame la Présidente“– zur Präsidentin. Sie zeichnen das Bild einer einflussreichen Strippenzieherin.
So war es die frühere Lehrerin, die Jean-Michel Blanquer als Bildungsminister ins Kabinett brachte. „Du solltest dir anschauen, was er macht“, sagte sie noch vor Bekanntgabe der Präsidentschaftskandidatur zu ihrem Mann. Das Ergebnis: Blanquer ist einer der erfolgreichsten Minister – und mit der 65-Jährigen befreundet.
Andere Regierungsmitglieder wie der Ex-Umweltminister Nicolas Hulot sind bei Brigitte Macron schlecht angesehen. Hulot hatte in einer Radiosendung seinen Rücktritt angekündigt und damit Macron brüskiert. „Brigitte“, wie sie die Franzosen nennen, hielt den Präsidenten daraufhin davon ab, Hulot nach dem letzten Gespräch zum Ausgang des Elysée zu begleiten. Sein Abgang sei „erbärmlich“gewesen, befand sie. „Sie mischt sich nicht in die Reformen in Frankreich ein, aber bei den Regierungsumbildungen hat sie ein Wort mitzureden“, sagt Schuck dem Sender France Inter.
Schon lange übt sie Einfluss aus
Ihren Einfluss auf den Präsidenten hatte Brigitte Macron schon früh ausgeübt, Das Paar, das ein Altersunterschied von 24 Jahren trennt, lernte sich in einer Theater-AG im Jesuitengymnasium von Amiens kennen. Nach ihrer Scheidung folgte Brigitte Macron, die aus einer alt eingesessenen Familie von Schokoladenherstellern stammt, ihrem Mann nach Paris und tauschte das Klassenzimmer gegen die Kulissen der Politik. „Er schuldet ihr alles. Wenn er Präsident ist, dann dank ihr“, zitieren die Journalistinnen einen Vertrauten des Staatschefs. Im Präsidentenpalast versucht die Première Dame ein normales Leben zu führen. So hört sie den Rapper Maître Gims und schaut samstagabends mit ihrem Mann den Gesangswettbewerb The Voice an.
Als First Lady hat sie im Gegensatz zu Vorgängerinnen wie Danielle Mitterrand allerdings noch kein eigenes Profil gefunden. Ihr Engagement für behinderte Menschen und kranke Kinder passiert weitgehend im Verborgenen. Die Präsidentengattin scheint mehr Zeit darauf zu verwenden, Emmanuel Macron zu coachen. Dabei geht es nicht immer harmonisch zu. So soll Brigitte Macron ihren Mann im Herbst angebrüllt haben, mit den „Dummheiten“aufzuhören. Vor allem die Bemerkungen, mit denen der 41-Jährige Arbeitslose und Geringverdiener herabsetzt, ärgern seine Frau. „Sie ist oft genervt“, berichtet ein enger Vertrauter.
Die Mitarbeiter Macrons sind über die Einmischung nicht erfreut. Die „Mormonen“, wie sich die Berater selbst nennen, sehen die Präsidentengattin als Rivalin, die den Staatschef beeinflusst. „Sie träumen davon, dass sie stirbt“, verrät ein Freund des Paares. Das Büro des Präsidenten will auch verhindern, dass Brigitte Macron Schlagzeilen macht. „Je weniger sie präsent ist, desto besser ist es, denn sie könnte zu viel Aufmerksamkeit kriegen“, bemerkt Schuck.