Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Verteidige­r fordert Freispruch für „El Chapo“

In dem spektakulä­ren Prozess um Drogen, Morde und Millionen Dollar haben nun die Geschworen­en das Wort

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NEW YORK (dpa) - In dem Prozess gegen den ehemaligen mexikanisc­hen Drogenboss Joaquín „El Chapo“Guzmán in New York haben seine Verteidige­r Freispruch gefordert. „Sie müssen dem Mythos von „El Chapo“nicht nachgeben“, sagte StarAnwalt Jeffrey Lichtman in seinem Schlussplä­doyer an die Adresse der zwölf Geschworen­en.

Die Staatsanwa­ltschaft fordert indes eine Verurteilu­ng des 61-Jährigen in allen Anklagepun­kten. Die Jury soll von Montag an über Schuld oder Unschuld Guzmáns beraten. Bei einer Verurteilu­ng droht ihm lebenslang­e Haft.

Die Beweisführ­ung der Anklage stufte Lichtman als „reihenweis­e Lügen“ein. 14 Zeugen, darunter ehemalige Mitarbeite­r Guzmáns, hätten eigene Haftstrafe­n mit erfundenen Aussagen gegen den früheren Drogenbaro­n verringern wollen. „Diese Regierung (der USA) hat ihnen die Welt geboten, und dann haben sie gelogen wie gedruckt“, sagte Lichtman. Der wahre Chef des Sinaloa-Kartells sei Ismael „El Mayo“Zambada.

Zambada und Guzmán hatten das Kartell nach Erkenntnis­sen der Polizei zeitweise gemeinsam geleitet. Guzmán, wegen seiner Statur von etwas mehr als 1,60 Metern „El Chapo“(Der Kurze) genannt, war im Januar 2016 in Mexiko verhaftet und Anfang 2017 an die USA ausgeliefe­rt worden.

Die US-Regierung wirft ihm vor, für den Tod Tausender Menschen und den Schmuggel von mehreren Tausend Tonnen Drogen in die USA verantwort­lich zu sein. Die Todesstraf­e muss er im Falle einer Verurteilu­ng nicht fürchten, denn diese ist nach einer Absprache zwischen Mexiko und den USA für ihn ausgeschlo­ssen.

Richter Brian Cogan musste Lichtman zeitweise in die Schranken weisen. „Es gibt in diesem Fall keine Beweise, dass die Regierung aus einem falschen Motiv handelte“, stellte er klar. Lichtman hatte argumentie­rt, die Staatsanwa­ltschaft habe es auf Guzmán abgesehen und wolle ihn in dem Drogenkrie­g um jeden Preis hinter Gitter bringen. „Der Zweck heiligt die Mittel nicht“, sagte der Anwalt.

Staatsanwä­ltin Andrea Goldbarg hatte dagegen am Mittwoch an die Geschworen­en appelliert, Guzmán in allen Punkten schuldig zu sprechen: „Hier sitzt er. Lassen Sie nicht zu, dass er sich seiner Verantwort­ung entzieht. Machen Sie ihn für seine Verbrechen verantwort­lich.“Die Anklage habe seit Prozessbeg­inn Mitte November „eine Flut von Beweisen“gegen den Angeklagte­n vorgelegt, ergänzte sie in ihrem Schlussplä­doyer.

Demnach soll „El Chapo“die bestialisc­hen Gewaltverb­rechen des Kartells nicht immer seinen Schergen überlassen haben. Isaías Valdez Ríos, ein früherer Leibwächte­r des Drogenboss­es, sagte in dem Prozess aus, er habe gesehen, wie „El Chapo“persönlich drei rivalisier­ende Drogenhänd­ler gefoltert und exekutiert habe. Andere Zeugen waren nach ihren Schilderun­gen dabei, als Guzmán die Entführung oder Ermordung von Rivalen angeordnet habe oder auch von Polizisten, die sich geweigert hätten, Bestechung­sgelder anzunehmen. Die Leibgarde des Kartellbos­ses bestand Zeugenauss­agen zufolge aus etwa hundert Mann, die außer mit Pistolen und Schnellfeu­erwaffen auch mit Panzerfäus­ten, Granaten und Raketenwer­fern ausgerüste­t waren.

An manchen Tagen sollen bei Guzmán bis zu drei mit Bargeld beladene Flugzeuge aus den USA eingetroff­en seien. Das sagte dessen früherer Pilot und Geschäftsf­ührer Miguel Ángel Martínez – Beiname: „El Gordo“(Der Dicke). Jedes Flugzeug habe acht bis zehn Millionen Dollar transporti­ert.

Die ursprüngli­ch 17 Anklagepun­kte sind im Prozess auf zehn verringert worden. Die Jury muss für jeden dieser Punkte einstimmig entscheide­n, ob Guzmán schuldig ist oder nicht.

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FOTO: JANE ROSENBERG/IMAGO Verteidige­r Jeffrey Lichtman (links) mit seinem Klienten „El Chapo“Guzmán.

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