Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Neues Jahrbuch zur Forschung über Holocaust
MÜNCHEN (KNA) - Das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) will ein neues publizistisches Forum für die europäische Holocaust-Forschung schaffen. Künftig soll regelmäßig ein englischsprachiges Jahrbuch den aktuellen Forschungsstand bündeln und stärker mit der internationalen Forschung in den USA und Israel vernetzen. Der erste Band ist im Göttinger Wallstein-Verlag erschienen. Er enthält Untersuchungen über rechtspopulistische und autoritäre Regime und den wachsenden Antisemitismus im Europa der 1930erJahre.
Der Auftaktband weist nach Auskunft des Mitherausgebers Frank Bajohr einen „gewollten Aktualitätsbezug“auf. Der gegenwärtige weltweite Aufschwung des Rechtspopulismus werfe die Frage nach historischen Vorläufern auf, so der Leiter des Zentrums für HolocaustStudien am IfZ. In den 1930er-Jahren seien in Europa viele autoritäre, faschistische und rechtspopulistische Regime an die Macht gekommen und hätten noch vor Beginn des Holocaust eine antisemitische Ausgrenzungspolitik eingeleitet. Die Folge sei eine ungelöste Flüchtlingskrise gewesen, die mit zu den hohen Opferzahlen im Holocaust geführt habe.
Eine Frage sei, ob dieser Antisemitismus vor allem ein „Exportartikel des nationalsozialistischen Deutschlands“gewesen sei oder ob es spezifische Länderentwicklungen gegeben habe, sagt Bajohr.
European Holocaust Studies, Band 1, herausgegeben von Frank Bajohr und Dieter Pohl, Right-Wing Politics an the Rise of Antisemitism Europe 1935-1941, Wallstein-Verlag Göttingen 2019, 270 Seiten, 38 Euro.