Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bund und Land entscheiden, Kommunen beraten
Behörden sprechen sich für Osttrasse der B 30 neu aus – Das sagen die Bürgermeister vor Ort
MECKENBEUREN - Die Zeichen stehen auf „Ost“, das ist mit Blick auf die Trasse der B 30 neu um Meckenbeuren herum jüngst vom Regierungspräsidium (RP) bekräftigt worden. Bundes- und Landesverkehrsministerium sowie RP sind sich einig, dass die bisherigen Untersuchungen für die Variante Ost sprechen. Nur sie lasse eine Bewältigung der naturschutzrechtlichen Konflikte erwarten. Die SZ hat bei den betroffenen Kommunen angefragt.
Meckenbeuren: „Meine Einschätzung wurde bestätigt“, ist die Reaktion bei Bürgermeisterin Elisabeth Kugel. Argumente und Fakten seien im Hinblick auf die Rechtslage zum Arten-, Umwelt- und Naturschutz seit längerer Zeit auf die Osttrasse zugelaufen. „Auch wenn dieses Ergebnis anders ausgefallen ist, als man in Meckenbeuren gewünscht und erwartet hat: Dass sich RP, VM und BMVI nun einig sind in der rechtlichen Betrachtung der Lage, bringt endlich die notwendige Konzentration, Sicherheit und Klarheit mit sich für konkrete Fortschritte in der Planung“, so Elisabeth Kugel.
Was die Beteiligung der Kommune angeht, sagt sie: „ Da es sich um eine Bundesstraße handelt, liegen die Entscheidungen bei den Landesund Bundesministerien. Kommunen und Bürgerinitiativen werden bei Infoveranstaltungen und Besprechungen angehört, um möglichst alle örtlichen Interessen und Aspekte für die Planung aufzunehmen, und sie werden informiert, um Entscheidungsgrundlagen verständlich und nachvollziehbar zu machen.“
Der Gemeinderat habe sich in den Vorjahren immer wieder intensiv mit den Möglichkeiten auseinandergesetzt und sich mehrheitlich für die Westtrasse positioniert, in der Hoffnung, diese mit einem einigen Votum durchzusetzen. „Allerdings ist auch klargeworden, dass es hohe Rechtsgüter gibt, denen Politiker auf allen Ebenen verpflichtet sind. Dies zu akzeptieren, ist eine Herausforderung. Hier ist nun Flexibilität und Lösungsorientierung gefragt und das Ausrichten der Kräfte auf Gestaltungsmöglichkeiten der nächsten Planungsstufe“, so Kugel.
Wie das Maß der Beteiligung gesehen werde, wollte die SZ wissen. „Man kann über die Kommunikation des RP sicher diskutieren. Als Bürgermeisterin wünsche ich mir hier zeitnahe und kontinuierliche Informationen. Leider hat es sehr lange gedauert, bis die wesentlichen Ergebnisse des Artenschutz- und Umwelt-Gutachtens erarbeitet waren und vorgelegt werden konnten. Die Bürgerinformation des RP vergangenen Herbst bei uns in der Humpishalle war wirklich umfangreich und hat viele Fragen beantwortet. Ich plädiere für eine zeitnahe Fortsetzung dieser Öffentlichkeitsarbeit des RP“, schreibt sie weiter.
Und zu den verkehrlichen Aspekten: „Für viele ist nicht begreiflich, wie es sein kann, dass eine längere Strecke der kürzeren und direkteren vorgezogen wird. Und es wird befürchtet, dass bei der Ost-Variante eine Vielzahl von Autofahrern auch weiterhin durch Meckenbeuren fahren wird, weil viele Navis die kürzeste Strecke wählen. Wer sich die Mühe macht und die Materie umfassend betrachtet, kann jedoch leichter nachvollziehen, dass Ost und West sich bei der verkehrlichen Bewertung nicht allzu viel schenken.“
Auch die Westtrasse habe Nachteile, so den fehlenden Anschluss bei Brochenzell und die höhere Ausgleichsflächen-Forderung für Wald. Vorteile der Ost-Trasse seien, dass sie die Ortsumfahrung für Liebenau beinhalte und bestehende Straßenflächen einbeziehe.
Tettnang: „Angesichts der sehr langen Dauer des Verfahrens, bis jetzt endlich Aussagen insbesondere zu den Themen Arten-, Umwelt- und Naturschutz vorgelegen haben, bin ich sehr froh, dass zumindest rechtlich endlich Klarheit herrscht“, teilt Bürgermeiste Bruno Walter mit. Damit liege eine klare Ausgangsbasis vor, wenngleich die sicher nicht bei allen Seiten auf große Begeisterung stößt. Dies gelte insbesondere für die Gewichtung des Artenschutzes, der nach jetzigem Sachstand „Ko-Kriterien“für die Westvariante beinhalte.
Was die Beteiligung vor Ort angeht, müsse es jetzt Ziel sein, die Gremien der betroffenen Kommunen, Ortschaftsräte wie Gemeinderäte, einzubinden. Hier würden dann auch die Positionen von Bürgerinitiativen und Interessensgruppen miteinfließen. Die vorliegende Entscheidung müsse in diesen Gremien beraten werden, und diese müssen die Gelegenheit haben, die Positionen der jeweiligen Stadt bzw. Gemeinde zu beschließen. Und: „Es wird die Frage bleiben, welche Bedeutung bzw. welchen Einfluss diese Beschlüsse dann haben. Zumal die Entscheidung beim Bundesverkehrsministerium ja gefallen ist.
Zu den verkehrlichen Aspekten und hier speziell zur wegemäßig deutlich längeren Ostvariante – sie würden die Entscheidung für die Bürgerinnen und Bürger nicht wirklich verständlich machen. Wobei aus Walters Sicht der fehlende Anschluss Brochenzell bei West diese Variante eigentlich unmöglich macht. Denn diese Verkehre müssten sich im Falle des Rückbaus der alten B 30-Trasse zwischen Senglingen und Meckenbeuren eine andere Route Richtung Norden suchen.
Friedrichshafen: „Ausreichend Möglichkeit, uns über den jeweils aktuellen Planungsstand zu informieren und uns mit dem Regierungspräsidium und den anderen betroffenen Kommunen auszutauschen“, sieht Oberbürgermeister Andreas
Brand dadurch gegeben, dass die
Stadt Friedrichshafen Mitglied im Lenkungskreis ist. Zudem teilt er mit: „Friedrichshafen ist von der Ostvariante B 30 nicht direkt betroffen“, insofern stehe „es uns nicht zu, eine abschließende Bewertung abzugeben. Wir haben aber im Verlauf der Planung und Prüfung der Varianten durchaus wahrgenommen, dass die Ostvariante aufgrund der Streckenführung mit Blick auf Leistungsfähigkeit und verkehrliche Aspekte weniger gut abschneidet als die anderen Varianten. Andererseits schneidet die Ostvariante aus ökologischer Sicht besser ab, vor allem im Bereich Artenschutz. Eine ideale Lösung ohne Probleme gibt es offensichtlich nicht, das wurde im Verfahren deutlich. Jetzt ist eines wichtig: Die Planung zügig zum Abschluss bringen und Rechtsicherheit schaffen.“Der Bund habe jetzt Geld für Straßenbaumaßnahmen. Die Region könne nicht ewig auf das noch fehlende Teilstück der B 30 warten. Schnelles Handeln sei nun gefragt.
Für das Landratsamt teilt Pressesprecher Robert Schwarz mit, dass die Fachämter des Landkreises eingebunden sind. Der Kreistag könne – wie generell zu politischen Themen – politische Statements abgeben. „Sachzwänge, wie naturschutzrechtliche Ausschlussgründe für einen bestimmten Trassenkorridor, kann aber niemand politisch wegentscheiden.“