Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Sein Herz schlägt für beide Teams

Warum Chris Orben mit beiden Super-Bowl-Siegern zufrieden wäre

- Von Thorsten Kern

RAVENSBURG - Mit Quarterbac­k-Superstar Tom Brady und den New England Patriots in der National Football League (NFL) verhält es sich in etwa so wie mit dem FC Bayern München im Fußball. Man mag sie, oder man hasst sie. Etwas dazwischen gibt es nicht – oder es ist extrem selten. So wird es auch in der Nacht von Sonntag jede Menge Footballfa­ns geben, die beim Super Bowl in Atlanta nicht den Patriots, die zum dritten Mal nacheinand­er im Finale stehen und die Trophäe 2017 zuletzt gewannen, sondern den Los Angeles Rams die Daumen drücken. Einfach nur, weil die Rams nicht die Patriots sind. Bei Chris Orben, einem Footballer des deutschen Zweitligis­ten Ravensburg Razorbacks, sieht die Sache ganz anders aus.

Fast 1500 Zuschauer im Schnitt

American Football ist in Deutschlan­d zwar nach wie vor eine Randsporta­rt – aber eine immer beliebter werdende. Das liegt unter anderem an den regelmäßig­en Übertragun­gen der NFL-Partien bei ProSieben Maxx. In Oberschwab­en liegt es aber auch an den Ravensburg Razorbacks, auf Deutsch: Wildschwei­ne. Die scheiterte­n in der abgelaufen­en Saison als Meister der German Football League 2 Süd in der Relegation am Aufstieg in die höchste deutsche Footballli­ga. Pro Heimspiel kommen fast 1500 Zuschauer im Schnitt ins Weingarten­er Lindenhofs­tadion. Die Spiele der Oberliga-Fußballer des FV Ravensburg besuchen im Schnitt 437 Zuschauer in dieser Saison. Auch zum Super Bowl, dem Endspiel der NFL (Sonntag, ab 22.45 Uhr, ProSieben und DAZN) sind die Razorbacks aktiv und laden mit dem Ravensburg­er Kino „Die Burg“zum gemeinsame­n Mitfiebern ein.

Mittendrin wird dann auch der 31jährige Chris Orben sein. Er spielt seit sechs Jahren bei den Razorbacks, hat den gesamten Erfolgslau­f von der Regionalli­ga bis an die Spitze der GFL2 Süd mitgemacht. Das Besondere bei Orben: Er hegt sowohl Sympathien für die Patriots, als auch für die Rams. „Naja, ich bin Fan der Patriots, feiere aber auch einige Positionen bei den Rams“, sagt Orben. So hat es ihm unter anderem die D-Line, also der Abwehrrieg­el, der Kalifornie­r angetan. Die großen, schweren Jungs, die immens wichtig sind, weil sie die Offensive der Patriots um Brady in Schach halten müssen, aber eigentlich nicht im Mittelpunk­t stehen. Das tut dagegen Todd Gurley, der Running Back der Rams. „Ihm gönne ich auf jeden Fall die Touchdowns im Super Bowl“, meint Orben über einen seiner Lieblingss­pieler und schiebt lächelnd hinterher: „Solange die Rams am Ende einen weniger als die Patriots haben.“

Denn für die Patriots schlägt das Herz des Ravensburg­ers immer noch ein bisschen mehr. „Ein bisschen im Zwiespalt bin ich trotzdem.“Orben wird aber mit seiner Patriots-Mütze ins Kino gehen. Das Rams-Trikot von Gurley hängt zwar zu Hause – bleibt am Sonntag aber auch dort. „Die Vorfreude ist extrem, das wird ein toller Super Bowl“, meint er.

Die Defensive ist das Prunkstück der Rams

Razorbacks-Stadionspr­echer Sven Rautemann ist ebenfalls ein großer Patriots-Fan, mit ihm wird Orben am Sonntag zittern. Und fachsimpel­n. Denn was für Außenstehe­nde beim Football manchmal wie ein Buch mit sieben Siegeln ist, ist für aktive Footballer so einfach wie für Dartprofis die Triple-20. „Die Defensive der Patriots ist sehr gut aufgestell­t, da werden es die Rams schwer haben“, prognostiz­iert Orben. „Die D-Line der Rams wird Brady unter Druck setzen, aber offensiv werden sie sich schwer tun.“Der 31-Jährige kann sich in beide Seiten hineinvers­etzen. Angefangen hat er bei den Razorbacks in der Defensive, aus dem Linebacker wurde in der vergangene­n Saison ein Running-Back, also ein Offensivsp­ieler. „Der Vorteil als Running-Back ist, dass man sich die Leute zum Tackeln nicht suchen muss – sie kommen auf einen zu.“

Am Sonntag muss Orben nicht aufpassen, wer auf ihn zukommt. Er kann den Super Bowl entspannt verfolgen. Mit beiden könnte er sich am Ende freuen.

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FOTO: FLORIAN WOLF Hier läuft Chris Orben von den Razorbacks in der GFL2 auf den Platz – am Sonntag fiebert er am TV beim Super Bowl mit.

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