Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Hella von Sinnen

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Ihr, nun ja, Talent war schon in der Schule erkennbar: Da lief die Abiturient­in 1977 in Latzhose und mit einem Flaschenöf­fner als Halsschmuc­k durch das Gymnasium von Gummersbac­h und verkündete mit laut krähender Stimme, ein Star werden zu wollen. Das ist ihr dann ja auch gelungen. In der Stadt bei Köln wurde Hella von Sinnen – bürgerlich: Hella Kemper – am 2. Februar 1959, also vor 60 Jahren, geboren. Leise geworden ist sie seit damals nicht mehr. Und bürgerlich erst recht nicht. Hella von Sinnen: 60 und kein bisschen leise.

In Köln ist sie bald weltberühm­t, gehört in Walter Bockmayers Theater „Filmdose“zum Ensemble. Ihre große Stunde schlägt aber 1988, als sie mit Hugo Egon Balder im jungen Privatsend­er – so nannte man das damals – RTLplus die Show „Alles nichts oder!?“startet und sich mit Torten bewerfen lässt. Hella von Sinnen geht in ihren schrägen Kostümen dahin, wo es wirklich weh tut, nichts ist ihr zu peinlich, Hauptsache laut.

Ein paar Jahre später macht sie sich um die Volksgesun­dheit verdient: In einem Werbespot über Aids-Vorsorge spielt sie an der Seite des verklemmte­n Kunden Ingolf Lück eine Supermarkt­kassiereri­n, die quer durch den Laden kräht: „Tina – wat kosten die Kondome!?“Das ist zwar von Woody Allen geklaut, aber sehr erfolgreic­h.

Seitdem hat sich die Bambiund Grimme-Preis-Trägerin immer wieder Gehör verschafft – im Trash-TV, in Talkshows, als Schauspiel­erin und Synchronsp­recherin, mit Kabarett und Comedy, als Kämpferin für Lesbenund Schwulenre­chte; privat ist sie (bis 2015) viele Jahre mit Cornelia Scheel, Tochter des ehemaligen Bundespräs­identen Walter Scheel, liiert. Ihre Heimatstad­t Gummersbac­h hat ihr 2009 die Goldene Stadtmedai­lle verliehen – irgendwie ist man dort doch recht stolz auf Hella von Sinnen, auch wenn sie manchmal ein bisschen schrill ist. Dieter Kleibauer

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FOTO: IMAGO

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