Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bezahlen im Alltag: Nur Bares ist Wahres

- Von Petra Lawrenz ●» p.lawrenz@schwaebisc­he.de Von Sebastian Heinrich ●» s.heinrich@schwaebisc­he.de

Es ist ja nicht so, dass ich mich moderner Technik völlig verweigern würde. Aber es sollte schon so sein, dass sie mir dient, nicht umgekehrt. Ich kann’s einerseits ja auch verstehen, dass die Händler und die Banken es uns allen so viel leichter machen wollen: Karte oder Handy ans Terminal halten, ein Pieps und zack, weg ist die Kohle. Ganz schmerzfre­i, minimalinv­asiv sozusagen. Herrlich! Anderersei­ts ist das für die finanziell­e Balance des eigenen Kontos gar nicht so günstig. Denn wenn der Preis nur eine Zahl auf einem Display ist, wenn der Bezahlvorg­ang so easy ist, dann geht das manchmal einfach zu schnell für die träge Vernunft. Wer sein sauer verdientes Geld Schein für Schein herauskram­en muss, überlegt sich doch eher, ob das nun ein guter Tausch ist. Altmodisch, aber wirksam. Zu wenig Barmittel im Geldbeutel haben mich jedenfalls schon oft vor unsinnigen Spontankäu­fen bewahrt.

Außerdem zählt das Klimpergel­d für mich zum echten Leben. Es erinnert mich auch an jenes fette Sparschwei­n, das weiland bei Oma und Opa wohnte. Und dem wir Kinder schüttelnd und mit einer Stricknade­l stochernd die Pfennige – oder auch mal eine ganze Mark! – entreißen durften. Eine ziemlich analoge Herausford­erung. Aber was für ein Fest!

Alexa, bring mir das Sparschwei­n. Alexaaa.

Deutschlan­d ist ein digitales Entwicklun­gsland. Die Versorgung mit Glasfaser-Datenkabel­n ist bedeutend schlechter als in Mazedonien, das mobile Datennetz gerade im ländlichen Raum eine Katastroph­e. Und während es etwa in Süditalien oder Portugal selbst in kleineren Ortschafte­n selbstvers­tändlich ist, sein Parkticket per App oder SMS zu bezahlen, geht das am Bahnhof Ravensburg nur mit Münzen. Das Problem in Deutschlan­d ist nicht, dass das Bargeld bedroht wäre. Sondern, dass Zahlen ohne Bargeld an so vielen Orten noch immer unmöglich ist. Dabei ist digitales Bezahlen um so vieles bequemer: Smartphone raus, ans Gerät gehalten, fertig – anstatt mit schweren Münzen und Scheinen herumzuhan­tieren. Es ist viel sicherer: Geklautes Bargeld kann ein Dieb sofort ausgeben, ein geklautes iPhone lässt sich sofort von einem anderen Gerät aus löschen. Schließlic­h macht es das digitale Bezahlen auch viel einfacher, seine Ausgaben im Griff zu behalten: Auf der Banking-App erscheint der Bezahlvorg­ang Sekunden später, mit einer vernünftig­en digitalen Haushaltsb­uch-Software kann man Tag für Tag nachvollzi­ehen, wie gut oder schlecht man mit seinem Geld umgeht. Mit Bargeld zu bezahlen, ist ähnlich umständlic­h wie eine Postkutsch­enfahrt. Und mindestens so altertümli­ch.

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