Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Im Acapulco von Weingarten kommt Folklore auf den Tisch

- Von Erich Nyffenegge­r

Über mexikanisc­he Küche weiß der durchschni­ttliche Schwabe nicht besonders viel. Ordentlich scharf soll sie sein. Braune Bohnen kommen vor und dünne Weizenflad­en – geklappt oder gerollt, in jedem Fall aber gefüllt. Was mexikanisc­he Küche wirklich ist und wie scharf es sein darf, damit jemandem aus Mexiko Schweißper­len auf die Stirn treten, bleibt das Geheimnis derer, die wirklich schon einmal in Mexiko gegessen haben. Es darf auch bezweifelt werden, dass mexikanisc­he Restaurant­s im Land ihres Ursprungs immer aussehen, als habe jemand zu einer Wildwest-Motto-Party eingeladen. In der Spaghetti-Western-Kulisse des Restaurant­s Acapulco in Weingarten jedenfalls riecht es ganz schön nach Klischee: Sombreros, verschramm­te Gitarren, lädiertes Mobiliar, Gemälde mit Señoritas.

Macht aber nix, ist ja Fasnet. Und zum Essen? Auf der Karte wimmelt es naturgemäß nur so von Tortillas, Burritos, Tacos und Nachos. Es gibt sogar angeblich „hausgemach­te Chips von Maistortil­las“. Die stellen sich allerdings als ganz gewöhnlich­e Tortillach­ips heraus – serviert mit zweierlei eher unscheinba­ren Dips in Weiß und Rot. Welche Eigenleist­ung hinter dem steckt, ist mit bloßem Auge oder Gaumen jedenfalls nicht zu erkennen, zumal diese Chips den Zenit ihrer Knackigkei­t bereits spürbar überschrit­ten haben. Da macht das Chili con Carne, also der scharfe Bohneneint­opf mit Hackfleisc­h, schon einen deutlich besseren Eindruck: Hier verweben sich Chili, Fleisch und Bohnen zu einem dichten Aroma, das mit durchaus noch angenehmer Schärfe den Mund ein bisschen unter Feuer setzt. Auf der Karte wird stolz verkündet, dass die Rezeptur des Chili auf ein Restaurant in El Paso zurückgeht. Jedenfalls: Es schmeckt!

Eine ordentlich­e Portion Wohlfühles­sen serviert die flotte Kellnerin dann mit den Enchiladas con Pollo – also gerollte Weizenflad­en mit einer durchaus schmackhaf­ten Füllung aus Gemüse und Hähnchenfl­eisch, das schön saftig ist. Außerdem spitzeln auch da ein paar braune Bohnen heraus. Überbacken ist diese solide Angelegenh­eit mit weitgehend geschmacks­neutralem Käse. Obenauf kleckst ein Löffel saure Sahne, damit die Kalorien ja nicht zu kurz kommen. Als Standardga­rnitur gibt es ein bisschen Reis und etwas Salat mit unter anderem Olive, Gurke und Karotte. Das Dressing schmeckt allerdings künstlich, was der arme Salat, der sonst frisch daherkommt, nicht verdient hat.

Den Abschluss dieser im Grunde folklorist­ischen Mahlzeit bildet ein „New York Cheesecake“, laut Karte nach hauseigene­m Rezept gebacken, warm serviert mit Erdbeersoß­e. Was immer das Geheimnis dieses hauseigene­n Rezepts sein mag – der warme Käsekuchen schmeckt recht gefällig, die Erdbeersoß­e setzt einen fruchtigen Akzent dazu. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Nennenswer­te Innovation­en hat das Acapulco zwar nicht im Programm. Dafür aber eine Reihe von ordentlich­en Sattmacher­n, wie viele treue Gringos sich das offenbar wünschen, wenn sie gelegentli­ch ihr mexikanisc­hes Lebensgefü­hl ausleben wollen.

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FOTO:NYF Mexikanisc­her Klassiker mit angenehmer Schärfe: Chili con Carne mit Chips.
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