Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Im Acapulco von Weingarten kommt Folklore auf den Tisch
Über mexikanische Küche weiß der durchschnittliche Schwabe nicht besonders viel. Ordentlich scharf soll sie sein. Braune Bohnen kommen vor und dünne Weizenfladen – geklappt oder gerollt, in jedem Fall aber gefüllt. Was mexikanische Küche wirklich ist und wie scharf es sein darf, damit jemandem aus Mexiko Schweißperlen auf die Stirn treten, bleibt das Geheimnis derer, die wirklich schon einmal in Mexiko gegessen haben. Es darf auch bezweifelt werden, dass mexikanische Restaurants im Land ihres Ursprungs immer aussehen, als habe jemand zu einer Wildwest-Motto-Party eingeladen. In der Spaghetti-Western-Kulisse des Restaurants Acapulco in Weingarten jedenfalls riecht es ganz schön nach Klischee: Sombreros, verschrammte Gitarren, lädiertes Mobiliar, Gemälde mit Señoritas.
Macht aber nix, ist ja Fasnet. Und zum Essen? Auf der Karte wimmelt es naturgemäß nur so von Tortillas, Burritos, Tacos und Nachos. Es gibt sogar angeblich „hausgemachte Chips von Maistortillas“. Die stellen sich allerdings als ganz gewöhnliche Tortillachips heraus – serviert mit zweierlei eher unscheinbaren Dips in Weiß und Rot. Welche Eigenleistung hinter dem steckt, ist mit bloßem Auge oder Gaumen jedenfalls nicht zu erkennen, zumal diese Chips den Zenit ihrer Knackigkeit bereits spürbar überschritten haben. Da macht das Chili con Carne, also der scharfe Bohneneintopf mit Hackfleisch, schon einen deutlich besseren Eindruck: Hier verweben sich Chili, Fleisch und Bohnen zu einem dichten Aroma, das mit durchaus noch angenehmer Schärfe den Mund ein bisschen unter Feuer setzt. Auf der Karte wird stolz verkündet, dass die Rezeptur des Chili auf ein Restaurant in El Paso zurückgeht. Jedenfalls: Es schmeckt!
Eine ordentliche Portion Wohlfühlessen serviert die flotte Kellnerin dann mit den Enchiladas con Pollo – also gerollte Weizenfladen mit einer durchaus schmackhaften Füllung aus Gemüse und Hähnchenfleisch, das schön saftig ist. Außerdem spitzeln auch da ein paar braune Bohnen heraus. Überbacken ist diese solide Angelegenheit mit weitgehend geschmacksneutralem Käse. Obenauf kleckst ein Löffel saure Sahne, damit die Kalorien ja nicht zu kurz kommen. Als Standardgarnitur gibt es ein bisschen Reis und etwas Salat mit unter anderem Olive, Gurke und Karotte. Das Dressing schmeckt allerdings künstlich, was der arme Salat, der sonst frisch daherkommt, nicht verdient hat.
Den Abschluss dieser im Grunde folkloristischen Mahlzeit bildet ein „New York Cheesecake“, laut Karte nach hauseigenem Rezept gebacken, warm serviert mit Erdbeersoße. Was immer das Geheimnis dieses hauseigenen Rezepts sein mag – der warme Käsekuchen schmeckt recht gefällig, die Erdbeersoße setzt einen fruchtigen Akzent dazu. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Nennenswerte Innovationen hat das Acapulco zwar nicht im Programm. Dafür aber eine Reihe von ordentlichen Sattmachern, wie viele treue Gringos sich das offenbar wünschen, wenn sie gelegentlich ihr mexikanisches Lebensgefühl ausleben wollen.