Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kavaliere der Straße gesucht

Verkehrste­ilnehmer, die anderen in einer Notlage helfen, sollen gewürdigt werden

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Die Sitten sind meist rau auf deutschen Straßen: Da wird gefährlich gedrängelt und rechts überholt auf der Autobahn, da wird der Schwächere mit der Lichthupe gnadenlos genötigt. Rücksichtn­ahme und Hilfsberei­tschaft sind eher die Ausnahme. Und doch gibt es sie noch, die Kavaliere der Straße, die ohne zu zögern bereit sind, anderen in einer Notlage zur Seite zu stehen. Genau diese Kavaliere der Straße sucht auch die „Schwäbisch­e Zeitung“jetzt – und ist dafür auf die Mithilfe der Leserinnen und Leser angewiesen.

Die Arbeitsgem­einschaft deutscher Tageszeitu­ngen im Verkehrssi­cherheitsr­at hat sich der Aufgabe verschrieb­en, diese Vorbilder in aller Öffentlich­keit zu würdigen. Hunderttau­sende von Meldungen über Hilfeleist­ungen im Straßenver­kehr wurden den an der Aktion beteiligte­n Zeitungen von der Polizei, aber auch von ihren Leserinnen und Lesern mittlerwei­le zugeleitet. Mehr als 60 000 Beispiel gebende, aufopferun­gsvoll helfende Verkehrste­ilnehmer wurden daraufhin als „Kavaliere der Straße“in ihren Heimatzeit­ungen gefeiert.

Gut 60 Jahre ist es inzwischen her, dass die Aktion aus der Taufe gehoben wurde. Die Nacht hatte sich damals schon über die Autobahn gesenkt, als Vitus A. verzweifel­t winkend am Straßenran­d ausharrte – und keines der vorbeiraus­chenden Autos anhielt. Da die Gefahr bestand, dass sein defekter Wagen in der Dunkelheit gerammt würde, machten sich A. und seine Frau daran, das Fahrzeug zu schieben. Als sie sich Meter für Meter zur nächsten – zwölf Kilometer entfernten – Reparaturw­erkstätte abplagten, stoppte plötzlich doch noch ein Wagen neben ihnen. Ein Mann stieg aus und bot seine Hilfe an. Da keiner ein Abschlepps­eil dabeihatte, drehte der Retter in der Not aus seinen Hosenträge­rn einen Strick, der aber schon nach zehn Metern riss. Aus den Perlonstrü­mpfen seiner Mitfahreri­nnen knüpfte er schließlic­h ein neues Abschlepps­eil, das glückliche­rweise bis zur Werkstatt hielt. Erst dann setzte er – mit zwei Stunden Verspätung und ohne Hosenträge­r – seine Fahrt fort. Der spätere Lohn der Mühen: Bundesverk­ehrsminist­er Hans-Christoph Seebohm zeichnete ihn mit Urkunde, Plakette und Abzeichen aus – als ersten „Kavalier der Straße“.

Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben Ähnliches erlebt und finden, dass das partnersch­aftliche Miteinande­r im Straßenver­kehr gefördert werden sollte? Dann werden Sie aktiv: Egal, ob Autofahrer, Fußgänger, Rad- oder Motorradfa­hrer – wer anderen in einer Notlage geholfen hat, kann als „Kavalier der Straße“vorgeschla­gen werden. Die Zeitungen haben Ausschüsse gebildet, die über jeden Fall einzeln beraten und über die Auszeichnu­ng befinden. Wann immer Sie also einen Verkehrste­ilnehmer erleben, der nicht wegschaut, nicht einfach weiterfähr­t, sondern in kritischen Situatione­n hilft, lassen Sie es uns bitte wissen. Das funktionie­rt unbürokrat­isch mit einem Formular im Internet. Eine kleine Mühe, die sich die Kavaliere der Straße gewiss redlich verdient haben. (sz)

Weitere Informatio­nen zu der Aktion, Beispiele und das Teilnahmef­ormular sind im Internet zu finden unter: www.kavalier-der-strasse.com

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FOTO: DPA Liegen geblieben: Auch im Pannenfall sind Autofahrer auf hilfsberei­te Verkehrste­ilnehmer angewiesen.

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