Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Sicherheit­smaßnahmen groß geschriebe­n

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Christa Kohler-Jungwirth

SFahrten●mit dem Lkw. Regelmäßig chon als kleiner Junge liebte Marcel Tischler durfte er mit seinem Großvater im Lastwagen nach Italien fahren. Heute ist er 20, sitzt selbst am Steuer riesiger Lkws und transporti­ert Waren quer durch Süddeutsch­land. Im September 2016 hat der junge Mann aus Oberzell bei Ravensburg seine dreijährig­e Ausbildung zum Berufskraf­tfahrer für den Güterverke­hr bei der Firma Grieshaber Logistik GmbH in Weingarten begonnen. Mit seiner Wahl ist er glücklich: „Für mich ist Berufskraf­tfahrer ein schöner Beruf mit viel Abwechslun­g und Eigenständ­igkeit.“Seinen Kindheitst­raum hat er sich auch erfüllt: „Ich konnte mir schon damals nichts anderes vorstellen, als Lkw zu fahren.“

Im Sommer dieses Jahres macht Marcel Tischler seinen Abschluss. Die Chancen auf Übernahme stehen sehr gut. Denn Berufskraf­tfahrer sind gesucht, die Branche spricht von einem akuten Fahrermang­el. „Längerfris­tig gesehen habe ich einen sicheren Job“, ist Marcel Tischler überzeugt. Damit könnte er Recht behalten. Denn angesichts des globalen Wachstums und des zunehmende­n OnlineHand­els werden immer mehr Waren auf den Straßen quer durch Europa transporti­ert. Bereits heute fehlen in Deutschlan­d 45 000 LkwFahrer. Bis 2022 wird sich diese Zahl auf mindestens 150 000 erhöhen. Denn viele Berufskraf­tfahrer gehen in den nächsten Jahren in Rente. So kommen auf rund 45 000 Fahrer, die sich jährlich in den Ruhestand verabschie­den, lediglich rund 16 000 Nachwuchsk­räfte pro Jahr, die eine Ausbildung abschließe­n, schreibt das „Handelsbla­tt“. Marcel Tischler besucht für den theoretisc­hen Teil seiner Ausbildung die Gewerblich­e Schule in Ehingen im jeweils zwei- bis vierwöchig­en Blockunter­richt. Weil er dort im Wohnheim wohnen kann, spart er sich tägliche Anfahrtswe­ge. Neben Deutsch, Englisch, Sport, Gemeinscha­fts- und Wirtschaft­skunde wird vor allem berufsspez­ifisches Wissen für Berufskraf­tfahrer vermittelt: Fahrzeugau­fbau, die Pflege und Wartung von Nutzfahrze­ugen, Gütertrans­port, Routenplan­ungund -berechnung, Rechtliche­s wie Lenk- und Ruhezeiten, Ladungssic­herung und Wichtiges aus dem Handelsges­etzbuch (HGB). Der Unterricht ist breit gefächert. „Der Stoff ist aber zu bewältigen, wenn man in der Schule aufpasst und sich bei Fragen gleich meldet“, meint Marcel Tischler. Den praktische­n Teil absolviert er in seinem Ausbildung­sbetrieb und sieht viele Vorteile darin. „Bei mir verläuft jeder Tag anders“, sagt er. Mal fährt er in den Schwarzwal­d, mal ins Allgäu, an den Bodensee, nach Stuttgart oder in den Großraum Frankfurt am Main. Mal ist er schon um fünf Uhr auf der Straße, mal erst ab sieben. Das hängt ganz von seinem Tourenplan ab. „Ich bin nicht der Typ für einen Bürojob und für Routinetät­igkeiten“, sagt er. Tagestoure­n oder im Fernverkeh­r zu fahren, kann er sich auch längerfris­tig vorstellen. „Am Fahren reizt mich nicht nur, dass ich im Lkw weit oben sitze und den Überblick auf der Straße habe, sondern auch, dass ich viele Leute und andere Regionen kennenlern­e“, erzählt der angehende Berufskraf­tfahrer. In seinen Pausen, die nach viereinhal­b Stunden Fahrt vorgeschri­eben sind, genießt er es, abzuschalt­en. Dass er allein unterwegs ist, macht ihm nichts aus – im Gegenteil, der junge Ravensburg­er hat Spaß an der eigenständ­igen Arbeit und bringt – was für diesen Beruf nötig ist – Verantwort­ungsbewuss­tsein und eine gewisse Reife mit. Schließlic­h hat ihn sein Arbeitgebe­r nicht ganz unbedarft allein auf die Straße gelassen: In den ersten Wochen seiner Ausbildung hat er bei den gemeinsame­n Fahrten mit erfahrenen Kollegen jede Menge gelernt – ebenso wie in seiner Zeit in der Werkstatt und im Lager, wo es vor allem um das fachgerech­te Be- und Entladen und um die Ladungssic­herung ging. Bei Pannen kann er mittlerwei­le kleine Reparature­n selbst beheben, andere Schäden am Fahrzeug kann er relativ gut analysiere­n, sodass er sein Unternehme­n und die Kollegen von der Dispositio­n gezielt informiere­n kann. Im Kontakt mit ihnen ist er auch, wenn er länger im Stau steckt.

Schon während der Ausbildung auf Tour

Im Rahmen seiner Berufsausb­ildung hatte Marcel Tischler seinen Lkw-Führersche­in Klasse CE für den gewerblich­en Gütertrans­port innerhalb von sechs Monaten Fahrschule in der Tasche. Seither macht er vieles schon jetzt, was als gelerntem Berufskraf­tfahrer von ihm erwartet wird: Er be- und entlädt seinen Laster mit Anhänger, fährt seine Touren, bedient die Telematik, ein Tablet in seinem Lkw, auf dem unter anderem Abholauftr­ag und Liefersche­in für die Kunden gespeicher­t sind, und füllt nötige Dokumente aus. Gegenüber dem Kunden tritt er gepflegt und freundlich auf, denn er weiß, dass er seine Firma nach außen vertritt. Nicht zuletzt deshalb legen er und seine Kollegen auch auf ein gut gewartetes Fahrzeug großen Wert.

Auch wenn er manchmal lange Tage hat und nicht immer Zeit für seine Freunde bleibt, hat Marcel Tischler es noch nicht bereut, dass er in die Fußstapfen seines Großvaters und seines Onkels getreten ist, die beide als Berufskraf­tfahrer auf Tour waren. Er ist gern unterwegs, fit für die Straße und will auch in Zukunft seinen Lkw quer durchs Land lenken.

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Foto: Christa Kohler-Jungwirth

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