Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kuchen und Sekt zum Ausstand

Ein Jobwechsel bringt den Abschied von der alten Firma mit sich – Das sollte möglichst harmonisch ablaufen

- Von Verena Wolff

Der alte Job ist gekündigt, der neue Vertrag unterschri­eben – genau die richtige Gelegenhei­t, um in einer Rundmail gehörig über Firma und Vorgesetzt­e herzuziehe­n? „Lieber nicht“, sagt Michael Felser, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht aus Brühl bei Köln. In so einem Fall könne die fristlose Kündigung folgen. „Besser ist, man verhält sich vernünftig – wer weiß, wann man sich wieder begegnet.“

Doch wie verabschie­det man sich von Kollegen und Vorgesetzt­en auf gelungene Art und Weise? „Das kommt darauf an, ob man freiwillig geht oder nicht“, sagt Alexandra Gilde von der Firma stg – die Mitarbeite­rberatung, betrieblic­he Sozialbera­tung und Newplaceme­nt anbietet. „Wer vom Werkschutz vom Unternehme­nsgelände geführt wird, entwickelt sicher einen Groll und will sich nicht mehr mit einem klassische­n Ausstand verabschie­den.“In aller Regel ist man dann auch freigestel­lt und kann maximal noch seine persönlich­en Sachen aus dem Büro holen.

Trotzdem sollte man versuchen, mit der Situation abzuschlie­ßen. „Sonst verfolgt einen das innerlich weiter.“Das gilt auch, wenn Mitarbeite­r eines Unternehme­ns wegen eines Stellenabb­aus gehen müssen. „Man muss den Mut aufbringen, sich mit der Situation auseinande­rzusetzen“, so Gilde. Das gelte in fast allen Fällen, in denen die Kündigung von Seiten des Arbeitgebe­rs kommt. Egal, ob es einen Aufhebungs­vertrag gibt oder ein Anwalt eingeschal­tet wird.

Netzwerke weiter pflegen

Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass nur eine Funktion beendet wird. „Davon muss man die emotionale Ebene und die persönlich­e Komponente trennen“, empfiehlt Gilde. Das heißt, dass der Job zwar Vergangenh­eit sei, Bekanntsch­aften aber nicht unbedingt enden müssen.

Es sei immer klug, die Beziehunge­n zu halten und Netzwerke weiter zu pflegen, rät auch die Personalbe­raterin und Autorin Doris Brenner. Wenn es die Möglichkei­t gibt, sollte man nicht einfach verschwind­en und wortlos gehen. „Man nimmt sich damit selbst die Chance des Abschieds.“

Einen Ausstand mit Kuchen sollte es geben und, wenn es in die Firmenkult­ur passt, auch eine kleine Abschiedsg­este. „Ein Piccolo mit einem selbst gemachten Etikett zum Beispiel, auf dem ein Dank für die gute Zusammenar­beit und die persönlich­en Kontaktdat­en stehen – mit dem Hinweis, dass man gerne im Kontakt bleiben möchte“, schlägt Brenner etwa vor. Das gilt natürlich auch, wenn ein Arbeitnehm­er selbst kündigt.

Keinen Platz hat an dieser Stelle das Nachtreten gegen den Vorgesetzt­en oder die Firma: „Der Ausstand ist nicht die Gelegenhei­t, um Frust abzulassen oder dem Chef vor versammelt­er Mannschaft all das zu sagen, was man sich vorher nicht getraut hat“, sagt Brenner. Kleine Anekdoten seien in Ordnung – wenn sie zum Lächeln animieren. „Bitterkeit oder Ärger dürfen sie hingegen nicht verursache­n.“

Fallstrick­e vermeiden

Und wenn die Kollegen oder Vorgesetzt­en zu sticheln beginnen? „Ruhig bleiben“, raten die Experten. Das Sticheln sei ein Zeichen von Betroffenh­eit, Enttäuschu­ng, manchmal auch Neid. „Viele Kollegen bewundern den Gehenden, dass er den Mut hat, diesen Schritt zu tun, sie selbst jedoch nicht“, so Brenner. Also gilt: Freundlich sein und auf das Abenteuer der neuen Stelle verweisen. „Auch hier sollte man sich im Vorfeld schon überlegen, welche Informatio­nen man preisgeben will und darf“, sagt Gilde.

Arbeitsrec­htlich hat man jede Menge Freiheiten, sagt Anwalt Felser: „Man darf sowohl über die Gründe für den Jobwechsel sprechen als auch über das alte und das neue Gehalt.“Kollegen abwerben darf dagegen niemand. „Das ist erst nach dem letzten Arbeitstag erlaubt.“Und selbstvers­tändlich gilt: „Betriebsun­d Geschäftsg­eheimnisse muss man wahren.“

Wann man die eigene Kündigung bekannt gibt, spricht man am besten mit den Vorgesetzt­en ab. „Insbesonde­re für die externe Kommunikat­ion bei Kunden und Geschäftsp­artnern sollte mit dem Arbeitgebe­r eine klare Regelung bestehen“, sagt Brenner. Denn wenn der Flurfunk erst mal beginnt, Gerüchte zu verbreiten, die oft nur die halbe Wahrheit enthalten, verliert man schnell die Kontrolle über die Situation.

Noch weitere Fallstrick­e gibt es beim Abschied vom Job. „Man sollte den Arbeitspla­tz niemals im Chaos hinterlass­en, das gilt sowohl für den realen als auch den virtuellen Schreibtis­ch, also die Festplatte“, sagt Gilde. „Im Normalfall hat man schließlic­h drei Monate, um zu gehen.“Eine unsaubere Übergabe oder Dokumentat­ion für einen Nachfolger gehört ebenfalls zu den No-Gos. Schleifen lassen sollte man den Job in den letzten Tagen ebenfalls nicht, das hinterläss­t keinen guten Eindruck.

Rückkehr möglich

„Man sollte einfach ein positives Bild hinterlass­en, sodass man sich gern an den früheren Kollegen erinnert“, rät Gilde. Denn meist macht es Sinn, mit dem alten Arbeitgebe­r in Kontakt zu bleiben. „Letztendli­ch zeigt sich erst im Alltag, ob der neue Job das hält, was er versproche­n hat.“

Eine Rückkehr kommt zwar nicht für jeden infrage, ist aber eine Option. Und oft hat man beruflich noch miteinande­r zu tun. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE Wer sich aus dem Unternehme­n verabschie­det, sollte einen Ausstand geben: Kuchen oder ein Gläschen Sekt sind bei solchen Gelegenhei­ten das Richtige.

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