Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Musikalischer Kampf gegen den Sturm
„Passo Avanti“auf Gratwanderung zwischen Klassik und Jazz
TETTNANG - So stürmisch war’s, als das Konzert von Passo Avanti im Rittersaal begonnen hat, dass Klarinettist und Moderator Alexander von Hagke augenzwinkernd versprach: „Wir werden versuchen, lauter zu spielen als der Wind.“Und stürmisch ist das Konzert abseits gewohnter Pfade auch geworden.
Passo Avanti, das sind die „Teufelsgeigerin“Julia Bassler vom Münchner Rundfunkorchester, Eugen Bazijan am Cello, das er auch mal übers Knie legt oder als PercussionInstrument einsetzt, Lucas Campara Diniz an der elektrischen und akustischen Gitarre und Klarinettist Alexander von Hagke am Holz – von der Piccoloflöte bis zur Bassklarinette. Er ist auch der „kreative Kopf“des Quartetts, dessen Programmtitel „Vom Suchen und Finden“schon verrät, dass hier nicht Kammermusik in vertrauter Form, sondern ein ganz eigenes Crossover zu erwarten ist.
„Begegnungen mit Mozart“lautete der Untertitel und schon die Ouvertüre zur „Hochzeit des Figaro“machte sich auf zum Rendezvous mit dem Jazz. Lustvoll changierten Tonarten, Tempi und Harmonik, lustvoll wurde improvisiert, entstanden spontane Interaktionen. Auf fröhlichen Wettstreit folgte wieder gemeinsames Sturmgebraus, das es mit dem an die Scheiben klatschenden Regen aufzunehmen schien.
Eine kreative Symbiose
Eine neue Klangsprache entstand durch die kreative „Symbiose von Klassik und Jazz“. Dank der exzellenten Musiker blieb auch immer die Schönheit des Originals im Hintergrund erhalten, wurde überlagert und landete fast unmerklich in einer neuen Umgebung, so wie Mozarts Lied der Trennung zur Zigeunerweise und zum Tango wurde oder zuletzt Johann Sebastian Bachs Musette irgendwo zwischen Gipsy Jazz und Klezmer landete.
Begeisterungsstürme erntete das Rondo aus Mozarts Klaviersonate Nr. 11 A-Dur, der türkische Marsch, der mit Violine und Querflöte ansetzte und mit rasant gezupftem Cello und trillernder Piccoloflöte endete.
Zwischen die „Begegnungen mit Mozart“streute das Quartett Eigenkompositionen von Alexander von Hagke, ebenso souveräne musikalische Neuschöpfungen, Gratwanderungen zwischen Klassik und Jazz. Warum sein Stück „Kanon der Elfen“heiße? Man könne durchaus einen tänzerischen Charakter heraushören, aber den Namen habe ihm der 11/8-Takt gegeben. Reich an Farben und Atmosphäre war von Hagkes „Sommer in Skane“. Leise Schwermut lag im Gesang der Bassklarinette mit dem Cello, zur Jazz-Improvisation tänzelte die Violine, Schiffshörner tönten in einer verträumten, sehnsuchtsvollen Weise. Stürmisch wie das Wetter draußen war dagegen sein Stück „Der Seeteufel“, zu dem Cellist Bazijan die passenden Grimassen zog. Immer wieder verselbständigten sich die Instrumente zu virtuosen Eskapaden. Schön, dass das Konzert nach wild bewegtem „Radetzkymarsch“ganz ruhig mit Chopins Prélude e-Moll ausklang.