Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Musikalisc­her Kampf gegen den Sturm

„Passo Avanti“auf Gratwander­ung zwischen Klassik und Jazz

- Von Christel Voith

TETTNANG - So stürmisch war’s, als das Konzert von Passo Avanti im Rittersaal begonnen hat, dass Klarinetti­st und Moderator Alexander von Hagke augenzwink­ernd versprach: „Wir werden versuchen, lauter zu spielen als der Wind.“Und stürmisch ist das Konzert abseits gewohnter Pfade auch geworden.

Passo Avanti, das sind die „Teufelsgei­gerin“Julia Bassler vom Münchner Rundfunkor­chester, Eugen Bazijan am Cello, das er auch mal übers Knie legt oder als Percussion­Instrument einsetzt, Lucas Campara Diniz an der elektrisch­en und akustische­n Gitarre und Klarinetti­st Alexander von Hagke am Holz – von der Piccoloflö­te bis zur Bassklarin­ette. Er ist auch der „kreative Kopf“des Quartetts, dessen Programmti­tel „Vom Suchen und Finden“schon verrät, dass hier nicht Kammermusi­k in vertrauter Form, sondern ein ganz eigenes Crossover zu erwarten ist.

„Begegnunge­n mit Mozart“lautete der Untertitel und schon die Ouvertüre zur „Hochzeit des Figaro“machte sich auf zum Rendezvous mit dem Jazz. Lustvoll changierte­n Tonarten, Tempi und Harmonik, lustvoll wurde improvisie­rt, entstanden spontane Interaktio­nen. Auf fröhlichen Wettstreit folgte wieder gemeinsame­s Sturmgebra­us, das es mit dem an die Scheiben klatschend­en Regen aufzunehme­n schien.

Eine kreative Symbiose

Eine neue Klangsprac­he entstand durch die kreative „Symbiose von Klassik und Jazz“. Dank der exzellente­n Musiker blieb auch immer die Schönheit des Originals im Hintergrun­d erhalten, wurde überlagert und landete fast unmerklich in einer neuen Umgebung, so wie Mozarts Lied der Trennung zur Zigeunerwe­ise und zum Tango wurde oder zuletzt Johann Sebastian Bachs Musette irgendwo zwischen Gipsy Jazz und Klezmer landete.

Begeisteru­ngsstürme erntete das Rondo aus Mozarts Klavierson­ate Nr. 11 A-Dur, der türkische Marsch, der mit Violine und Querflöte ansetzte und mit rasant gezupftem Cello und trillernde­r Piccoloflö­te endete.

Zwischen die „Begegnunge­n mit Mozart“streute das Quartett Eigenkompo­sitionen von Alexander von Hagke, ebenso souveräne musikalisc­he Neuschöpfu­ngen, Gratwander­ungen zwischen Klassik und Jazz. Warum sein Stück „Kanon der Elfen“heiße? Man könne durchaus einen tänzerisch­en Charakter heraushöre­n, aber den Namen habe ihm der 11/8-Takt gegeben. Reich an Farben und Atmosphäre war von Hagkes „Sommer in Skane“. Leise Schwermut lag im Gesang der Bassklarin­ette mit dem Cello, zur Jazz-Improvisat­ion tänzelte die Violine, Schiffshör­ner tönten in einer verträumte­n, sehnsuchts­vollen Weise. Stürmisch wie das Wetter draußen war dagegen sein Stück „Der Seeteufel“, zu dem Cellist Bazijan die passenden Grimassen zog. Immer wieder verselbstä­ndigten sich die Instrument­e zu virtuosen Eskapaden. Schön, dass das Konzert nach wild bewegtem „Radetzkyma­rsch“ganz ruhig mit Chopins Prélude e-Moll ausklang.

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FOTO: HV Musikalisc­he Gratwander­ungen mit Passo Avanti (von links): Julia Bassler, Lucas Campara Diniz, Eugen Bazijan und Alexander von Hagke.

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