Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Milliardenverlust durch defekte Triebwerke
Triebwerkshersteller Rolls-Royce für Brexit gerüstet – „Exzellenter Fortschritt“bei RRPS in Friedrichshafen
LONDON - Der Triebwerks- und Rüstungskonzern Rolls-Royce (RR) sieht sich trotz eines Milliardenverlustes im vergangenen Jahr auf gutem Weg. Allerdings hat sich das Unternehmen mit Hauptsitz im englischen Derby aus einem Wettbewerb zum Bau des Antriebs für ein neues Boeing-Modell zurückgezogen, sagte Vorstandschef Warren East. Der geplante Zeitplan sei „nicht zu schaffen“gewesen.
Zum Verlust in Höhe von 1,4 Milliarden Pfund haben zwei Sorgenkinder aus der Triebwerksfamilie Trent entscheidend beigetragen: Im vergangenen Jahr kam es nach Einschätzung der Firma zu „inakzeptabler Beeinträchtigung der Kunden“, also der Flugggesellschaften, deren Maschinen vom RR-Triebwerk Trent 1000 angetrieben werden. Dazu zählt der hochpopuläre Dreamliner des USHerstellers Boeing. Im zweiten Halbjahr 2018 mußten durchschnittlich 41 Flugzeuge wegen Triebwerk-Schäden am Boden bleiben, derzeit sind es noch 35. Bis Ende des Jahres hofft RR die Ausfallzahl auf unter zehn Flugzeuge gedrückt zu haben.
Auch der mangelnde Erfolg des A380 wird RR viel Geld kosten: Airbus stellt den Riesenflieger 2021 ein, wodurch RR einen Großkunden für das Triebwerk Trent 900 verliert. Insgesamt erwirtschaftete RR einen operativen Vorsteuer-Gewinn von 616 Millionen Pfund, der Konzernumsatz lag bei 15 Milliarden Pfund.
Das Unternehmen habe nach einem schwierigen Jahr „solide Fortschritte“vorzuweisen, glaubt der Londoner Analyst Howard Wheeldon. Dazu gehört auch die in Friedrichshafen ansässige Unternehmenssparte Rolls-Royce-Powersystems (RRPS) mit rund 11 000 Mitarbeitern, darunter 7500 in Deutschland, die nach RR-Angaben im vergangenen Jahr „exzellenten Fortschritt“verzeichnete. RRPS fertigt dezentrale Energieanlagen und Dieselmotoren für die Schifffahrt. Die auf Bauteile und Motoren im Offshore-Geschäft spezialisierte RRPS-Abteilung mit Sitz im norwegischen Bergen war jahrelang hochdefizitär, hat aber dem Unternehmen zufolge mittlerweile den Turnaround geschafft.
East gehört zur Handvoll prominenter britischer Manager, die im vergangenen Jahr lautstark zum Abschluss eines Brexit-Abkommens mahnten. RR müsse „lästige und teure Vorratshaltung“betreiben, um gegen die Folgen des möglichen EU-Austritts ohne Vereinbarung („no deal“) gerüstet zu sein. „Der Brexit hat vielen Leuten viel Zeit gestohlen“, sagte East. Mittlerweile sei das Unternehmen aber „auf alle Eventualitäten vorbereitet“. Unter anderem habe man bestimmte regulatorische Zuständigkeiten auf den Standort Dahlewitz bei Berlin verlagern müssen.