Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die „Mission Ministerpr­äsidentin“beginnt

Wie Susanne Eisenmann die CDU als Spitzenkan­didatin zurück zur Macht führen will

- Von Katja Korf

HEILBRONN - Am Ende ist Nanni, wie sie ihre Parteifreu­nde nennen, sichtlich gerührt. 95,4 Prozent der Stimmen für Susanne Eisenmann, bei vier ungültigen und 14 NeinStimme­n – das lässt selbst die Frau der klaren, gerne harten Worte, offensicht­lich nicht kalt. Seit dem Parteitag in Heilbronn am Samstag ist die amtierende Kultusmini­sterin die erste Frau, die Baden-Württember­gs CDU in den Wahlkampf führen soll. Als Politprofi weiß Eisenmann aber genau, wie hart der Job wird. Für die Größe der Aufgabe stehen zwei Wörter, die an diesem Tag in allen Reden fallen: „Geschlosse­nheit“und „wieder“.

Erstere herzustell­en, gelang Eisenmann, bevor sie überhaupt antreten konnte. Thomas Strobl, Innenminis­ter, Landeschef und Vize von Regierungs­chef Winfried Kretschman­n (Grüne), ließ ihr den Vortritt – nicht ohne Konflikte, vor allem mit Teilen der Landtagsab­geordneten. Diese und vorangegan­gene Grabenkämp­fe haben der Partei nach Überzeugun­g vieler Mitglieder geschadet. Umso stärker betonten am Samstag Strobl, Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart und Generalsek­retär Manuel Hagel: Ohne Geschlosse­nheit gehe es nicht.

Die CDU muss sich ändern

Eisenmann überzeugt derzeit viele. „Jetzt stehen sie alle hinter ihr“, sagt eine CDU-Frau beim obligatori­schen Gruppenbil­d der Parteispit­ze mit der neuen Frontfrau auf der Bühne. Das „jetzt“ist auch so ein Wort mit Hintersinn. Im Moment des Erfolgs, heißt das. Was passiert, wenn es nicht so läuft, wird sich zeigen.

Eisenmann muss Partei, Fraktion und Basis überzeugen. Da kommt das Wort „wieder“ins Spiel. Die CDU soll wieder stärkste Kraft im Südwesten werden, wieder in die Staatskanz­lei einziehen. Dort sitzt seit 2011 der Grüne Kretschman­n.

Um von dort „wieder federführe­nd“das Land zu gestalten, müsse sich die CDU ändern, sagt Eisenmann. Ihre Partei habe in Jahrzehnte­n an der Macht verlernt zuzuhören. Sie will ihr Programm für den Landtagswa­hlkampf 2021 mit der Partei, aber auch mit Nicht-Mitglieder­n erarbeiten. „Wir müssen die Fenster aufmachen und durchlüfte­n“, sagt sie. Die Zeiten des Durchregie­rens seien vorbei. „Wir haben uns eingebilde­t, nicht nur zu wissen, was gut für die Bürger ist, sondern sogar, es besser zu wissen als die Bürger selbst“, sagt sie rückblicke­nd. Wer verlernt habe, seine Positionen verständli­ch zu vermitteln, werde zu Recht infrage gestellt.

Diese Kritik ist ein Signal an alle in der CDU, die glauben, die Wahlnieder­lagen von 2011 und 2016 seien Betriebsun­fälle. Die Zeiten, das ist Eisenmanns Botschaft, haben sich nachhaltig geändert. Sie will jene mitnehmen, die diesen Wandel nicht um jeden Preis mitmachen wollen. Das christlich­e Menschenbi­ld sei Kern der Partei, ländliche Regionen dürften nicht abgehängt werden, sie habe Respekt vor jeder Frau, die sich daheim um ihre Kinder kümmere. Die ganze Breite der Volksparte­i findet sich in ihrer Rede wieder.

Rezepte gegen deren Schrumpfku­rs auf unter 30 Prozent Zustimmung deutet Eisenmann nur an. Die CDU habe eigene Antworten auf grüne Fragen, müsse die aber besser präsentier­en. „Wer seine Erfolge in der Klimapolit­ik nicht vermitteln kann und sich im Internet vorführen lassen muss, ist nicht hat auf Höhe der Zeit“, sagt sie. Die CDU setze auf Technologi­e statt auf Verbote, die ökologisch­e Wende gelinge nur sozial ausgewogen und ohne der Wirtschaft zu schaden. Politik mit Ängsten á la AfD spalte die Gesellscha­ft – ebenso wie Horrorszen­arien über Folgen des Klimawande­ls. Der Weg der Mitte und des Augenmaßes, das müsse der Weg der CDU sein.

Politische­r Hauptgegne­r Eisenmanns sind die Grünen, das klingt durch – auch wenn sie die offene Attacke gegen den Regierungs­partner anderen überlässt. Eine große Frage für das Gelingen ihrer „Mission Ministerpr­äsidentin“lautet: Tritt Kretschman­n an? Wenn ja, will die CDU ihm Eisenmann offensicht­lich als tatkräftig­ere, zupackende­re Politikeri­n entgegenst­ellen. In der Staatskanz­lei, so die von CDU-Rednern erzählte Geschichte, sitze der Philosoph Kretschman­n, „lese Homer“, aber bewege nichts mehr. Diese Erzählung muss bis 2021 funktionie­ren, sonst sitzen die Grünen in der Staatskanz­lei. Wieder die Grünen.

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FOTO: DPA Susanne Eisenmann will für die CDU Ministerpr­äsidentin werden.

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