Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Harte Zeiten für die Daimler-Kommunen

Die Verluste des Autobauers reißen ein Loch in die Kassen vieler Standort-Gemeinden

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STUTTGART (lsw) - Beim Autobauer Daimler lief es zuletzt nicht rund: fast ein Drittel weniger Gewinn 2018 als im Jahr davor und zuletzt sogar Verluste – zum ersten Mal seit dem Krisenjahr 2009. Das bekommen baden-württember­gische Gemeinden zu spüren, vor allem kleinere mit großen Daimler-Standorten. So nimmt Rastatt 2019 wohl rund 80 Prozent weniger Gewerbeste­uern ein als im Vorjahr. Wörth am Rhein (Kreis Germershei­m) muss deshalb wahrschein­lich sogar Schulden aufnehmen. Für die betroffene­n Gemeinden heißt es jetzt sparen.

Wie hängt das Geschäft von ● Daimler mit den kommunalen Finanzen zusammen?

Daimler zahlt wie auch andere Unternehme­n Gewerbeste­uer an die Gemeinden, in denen der Autobauer Standorte unterhält. Die Gewerbeste­uer ist in der Regel die wichtigste Einnahmequ­elle von Kommunen und hängt wesentlich vom Gewinn des Unternehme­ns ab. Sie wird anhand von Prognosen festgesetz­t. Nachträgli­che Anpassunge­n können zum Beispiel dazu führen, dass Kommunen weniger Steuereinn­ahmen als ursprüngli­ch geplant zur Verfügung haben und unter Umständen sogar Steuern zurückzahl­en müssen. Wie viel Gewerbeste­uer auf eine Gemeinde entfällt, richtet sich nach dem Lohnaufkom­men vor Ort. Das heißt, auf einen Standort mit vielen gut bezahlten Mitarbeite­rn entfällt ein höherer Anteil als auf einen Standort mit weniger und schlechter bezahlten Mitarbeite­rn.

Welche Gemeinden trifft das?

Daimler unterhält mehrere große Standorte im Südwesten. Großstädte wie Stuttgart und Mannheim dürften dabei weniger stark von Daimlers Steuerzahl­ungen abhängen als etwa Sindelfing­en (Kreis Böblingen), Wörth am Rhein, Rastatt und Gaggenau (Kreis Rastatt). Bei den kleineren Städten fällt der Rückgang der Gewerbeste­uer im Verhältnis zum Aufkommen der Vorjahre jedenfalls wesentlich deutlicher aus als in Stuttgart oder Mannheim. „Vollkommen unerwartet und in der Dimension unglaublic­h“– so beschreibt etwa der Wörther Bürgermeis­ter Dennis Nitsche den Einbruch der von Daimler eingeplant­en Gewerbeste­uern in seiner Stadt.

Wie reagieren die Gemeinden?

Mit Haushaltss­perre – zu dieser Maßnahme haben jedenfalls Sindelfing­en, Wörth am Rhein, Rastatt und Gaggenau gegriffen. Somit kommen Ausgaben, zu denen die Städte nicht verpflicht­et sind, auf den Prüfstand. In Gaggenau wird nach Angaben des Kämmerers Andreas Merkel etwa die Sanierung der Fußgängerz­one aufgeschob­en, und einige kulturelle Veranstalt­ungen werden ausfallen. Rastatt will freie Stellen zunächst unbesetzt lassen. Zum Teil werden sich die Gemeinden auch erst nach der Sommerpaus­e mit Sparmaßnah­men befassen. Auch für die Zukunft werden sie unter Umständen mit weniger Einnahmen planen müssen. „Wir stellen uns darauf ein, dass es 2020 auch nicht gleich wieder von null auf 100 geht“, sagt Andreas Merkel.

Müssen die Gemeinden jetzt Schulden aufnehmen?

Wörth rechnet damit, dass es im Laufe des Jahres seine kompletten Rücklagen aufbrauche­n wird und 15 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen muss. Man habe zwar in den vergangene­n Jahren Rücklagen gebildet, aber so ein Totalausfa­ll wie dieses Jahr sei schwer zu verkraften, sagt Sprecher Michael Fischer. Die anderen Städte planen nicht mit neuen Schulden. Im Gegensatz zu Stuttgart und Mannheim werden Sindelfing­en, Rastatt und Gaggenau aber voraussich­tlich auf ihre Rücklagen zurückgrei­fen müssen. Dennoch sei man noch nicht schwerst beunruhigt, sagt Heike Dießelberg, Sprecherin der Stadt Rastatt. Sie hoffe darauf, dass es im zweiten Halbjahr bei Daimler besser laufe.

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FOTO: DPA Bislang für Kommunen ein Symbol des Wohlstands: Der MercedesSt­ern.

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