Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Warum die Länder ihre Aufgaben an Berlin abtreten

Ab Januar 2021 kümmert sich der Bund um die 13000 Kilometer Autobahn - Der Deal: Geld gegen Eingriffsr­echte

- Von Ulrich Mendelin

RAVENSBURG - Die Gründung der Autobahnge­sellschaft des Bundes ist Teil einer Paketlösun­g zur Neuordnung der Finanzbezi­ehungen zwischen Bund und Ländern. Mit der Reform, die die Große Koalition in der vergangene­n Legislatur­periode mit den Bundesländ­ern ausgehande­lt hatte und die ab 2020 gilt, bekommen die Länder zunächst jährlich 9,75 Milliarden Euro vom Bund – in den Folgejahre­n steigt die Summe weiter. Das ist deutlich mehr Geld als bisher. Im Gegenzug bekommt der Bund mehr Eingriffsr­echte. Etwa bei Schulinves­titionen, der Steuerverw­altung – und eben bei den Fernstraße­n.

Mit der Reform der Fernstraße­nverwaltun­g kümmert sich der Bund ab 1. Januar 2021 selbst um die 13 000 deutschen Autobahnki­lometer – im Fachjargon nach der Farbe der Straßensch­ilder „das blaue Netz“genannt. Dafür wurde die Autobahn GmbH gegründet, die komplett im Bundesbesi­tz und per Gesetz unverkäufl­ich ist. Am Dienstsitz in Berlin arbeiten schon jetzt einige Dutzend Mitarbeite­r. Die Zuständigk­eit für die Bundesstra­ßen („das gelbe Netz“) können die Länder auf Wunsch behalten – Baden-Württember­g und Bayern haben sich dafür entschiede­n. Ein Grund für die Reform ist, dass nach Ansicht von Bundespoli­tikern kleinere Bundesländ­er mit der Autobahnpl­anung überforder­t sind. Für die beiden süddeutsch­en Länder gilt das nicht – betroffen von der Reform sind sie trotzdem.

In Bayern sind bislang die beiden Autobahndi­rektionen in München und Nürnberg für Autobahnen zuständig, in Baden-Württember­g die vier Regierungs­präsidien. So sollen beispielsw­eise in dem für Südwürttem­berg zuständige­n Regierungs­präsidium Tübingen 132 Vollzeitss­tellen an die neue Gesellscha­ft übergehen, 56 davon allein in den Autobahnme­istereien in Wangen und Ulm-Dornstadt.

In die Zeit der Reform fallen mehrere Bauvorhabe­n: unter anderem der letzte Teil der Ausbauarbe­iten an der A 8 zwischen Hohenstadt und Ulm, außerdem die Sanierung des Engelbergt­unnels im Zuge der A 81 bei Leonberg und der Ausbau der A 8 bei Pforzheim.

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