Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wasserburgs Bürgermeister kontert jetzt über Anwalt
Kleinschmidt sieht sich diffamiert – Vorgänger Eigstler verwehrt sich unterdessen gegen Vorwurf zur Seekrone
WASSERBURG (ee) - Wer trägt die Verantwortung für das finanzielle Desaster zur Seekrone? Das fragen sich derzeit viele Wasserburger. Bürgermeister Thomas Kleinschmidt sieht diese bei jenen, „die seit 1980 politische Verantwortung hatten“. Sein Amtsvorgänger Thomas Eigstler verwehrt sich vehement gegen diesen Vorwurf. Kleinschmidt verschärft unterdessen die Gangart: Wegen zweier kritischer Beiträge auf Facebook hat er Alfred Hurst per Anwalt zu einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Die Hurst nicht unterschreiben will, wie er: „Fakten, die alle belegt werden können, brauche ich nicht widerrufen.“
Hurst ist einer der Sprecher der Bürgerinitiative „Rettet die Halbinsel“und in den 90er Jahren auch Gemeinderat in Wasserburg gewesen. Die Bürgerinitiative hatte seinerzeit für die Halbinselsanierung „eine deutlich kleinere Lösung“vorgeschlagen, daran erinnert Hurst beim Gespräch in der Redaktion. Dass die Debatte über die Seekrone nun derart aus dem Ruder gelaufen ist, dass die Gemeinde der Pächterfamilie 2,8 Millionen Euro Schadensersatz zahlen muss, liegt nach Hursts Überzeugung an Bürgermeister Thomas Kleinschmidt.
Diesen hat er in zwei Beiträgen in der Facebook-Gruppe „...du weißt, dass du aus Wasserburg bist“scharf kritisiert. So schrieb Hurst dort am vergangenen Wochenende unter anderem: „Solange wir diesen Bürgermeister als Inkarnation der Unfähigkeit und Arroganz haben, wird sich nichts ändern!“Und ergänzte das später mit der Aussage: „Mittlerweile braucht Wasserburg mehr einen Insolvenzverwalter denn einen Bürgermeister! Dank unseres Schmierentheaters unter Leitung des teuersten Lehrlings der Gemeinde, Bürgermeister Kleinschmidt!“
Der kritisierte Gemeindechef reagierte prompt und ließ Hurst am Mittwoch über seine Anwältin eine Unterlassungserklärung zuschicken. In der schreibt die Juristin, dass „diese Äußerungen zum Teil unwahre Behauptungen, zum Teil Schmähkritik“ darstellen, „zumindest aber Diffamierungen unseres Mandanten“. Und das sei „nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt, da sie unseren Mandanten erheblich in der Ehre herabwürdigen“.
Hurst sieht das Ganze unterdessen gelassen. „Ja, ich hätte es charmanter formulieren können“, sagt er. Aber inhaltlich seien seine Aussagen alle zutreffend. „Und die Zuspitzung hängt mit dem Aspekt zusammen, dass die Wasserburger Bürger die Suppe auslöffeln müssen, die ihnen dieser Bürgermeister eingebrockt hat“, so Hurst im Redaktionsgespräch. Damit spricht er die 2,8 Millionen Euro Schadensersatz für die Seekrone-Pächter an – Geld, das nach Hursts Überzeugung letztlich die Wasserburger Bürger zahlen müssen, im schlechtesten Fall in den nächsten Jahren über höhere Steuern. Vor dem Hintergrund der sogar vom Lindauer Landratsamt monierten schlechten Finanzlage der Gemeinde will Hurst seine Aussage in puncto Insolvenzverwalter verstanden wissen. Auch die anderen Punkte seiner Facebook-Beiträge könne er belegen. Und so sieht Alfred Hurst einer möglicher Unterlassungsklage gelassen entgegen: „Fakten, die alle belegt werden können, brauche ich nicht widerrufen.“
Für Unmut sorgt Bürgermeister Kleinschmidt unterdessen auch bei seinem direkten Amtsvorgänger Thomas Eigstler. Dass Kleinschmidt auf wiederholte Fragen von Bürgern nach den Verantwortlichen für das finanzielle Desaster Seekrone diese bei „allen, die seit 1980 politische Verantwortung hatten“sieht, stößt Eigstler mehr als sauer auf. Er hat ebenfalls mit einem Facebook-Eintrag reagiert: „Wer seit über acht Jahren als Bürgermeister kommunalpolitisch Verantwortung übernimmt und kein eigenes Fehlverhalten eingestehen kann, fördert die Politikverdrossenheit und ist selbst nicht mehr des Amtes würdig.“
Anschließend sucht Thomas Eigstler das direkte Gespräch mit der Redaktion: Verantwortung auf frühere Bürgermeister abzuwälzen, von denen einer schon verstorben ist und ein anderer krankheitsbedingt überhaupt nicht mehr reagieren könne, ein solches Verhalten hält Eigstler für „dreist und schäbig“.
Bei seinem Amtsantritt 2002 habe es fürs damalige Haus des Gastes einen befristeten Vertrag mit einer Brauerei gegeben, der dann aber rasch aufgelöst worden sei. Dem damaligen Pächter habe die Gemeinde seinerzeit ein „funktionierendes Gebäude“übergeben, betont Eigstler, das später Angehörige weitergeführt hätten. Anlass zu überprüfen, ob es eine genehmigte Nutzung für die Hotelzimmer gibt, habe es während seiner Amtszeit nicht gegeben, wie Eigstler sagt: „Für das Renovieren von Zimmern, Toiletten und ähnliches waren keine Baugenehmigungen erforderlich.“
Das Thema Brandschutz sieht Eigstler allerdings unabhängig von der Frage, ob und wann die Hotelzimmer genehmigt wurden. Nach seiner Ansicht liege „das Kernproblem“ohnehin im neuen, 2014 befristet auf zehn Jahre abgeschlossenen Pachtvertrag: „Jeder neue Pachtvertrag muss neu gewertet werden“, also auch alle Fakten berücksichtigt werden. Und „das gerade mit Blick auf die in Wasserburg bevorstehenden Halbinselsanierung“, sagt Eigstler und verweist darauf, dass es in seiner jetzigen Gemeinde Wiggensbach für die beiden gemeindeeigenen Gaststätten keine befristeten Verträge mit langer Laufzeit gebe: „Wir haben nur unbefristet laufende Verträge mit halbjährlicher Kündigungsfrist für beide Seiten.“Wasserburg muss hingegen vertragsbedingt Schadensersatz für entgangene Einnahmen für die gesamte Vertragslaufzeit bis 2024 zahlen.
Dass ihnen nun der amtierende Wasserburger Bürgermeister Kleinschmidt Verantwortung für das Thema Seekrone zuschieben wolle, will Eigstler vor diesem ganzen Hintergrund für sich und seine beiden Vorgänger „nicht so stehen lassen“: „Da lassen wir uns nicht ins Boot ziehen“, wehrt sich Thomas Eigstler vehement.