Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein kleines Tier macht große Probleme
Befallenes Holz ist weniger wert – Waldbesitzer sollten Flächen gut kontrollieren
KREIS LINDAU - Die Tiere sind nur wenige Millimeter groß, sie machen aber riesige Probleme: die Borkenkäfer. Die Waldbesitzervereinigung Westallgäu (WBV) warnt eindringlich vor einer Plage. Und sie wirbt um Verständnis, sollten auch drastische Maßnahmen nötig werden. Dazu gehört der Einsatz von Spritzmitteln. „Es wäre das letzte Mittel. Wir versuchen alles, um es nicht einsetzen zu müssen, die Lage spitzt sich aber zu“, sagt Andreas Täger, Geschäftsführer der WBV.
Der Borkenkäfer ist in (fast) jedem Jahr ein Thema. Die WBV weist regelmäßig auf die Gefahren hin, die von dem kleinen Tier ausgehen. Heuer ist die Lage allerdings dramatisch. Das zeigt eine bayernweite Karte. Sie dokumentiert die Zahl der Tiere, die in Käferfallen gehen. Zwei solcher Messstellen gibt es auch im Landkreis. Zeigt die Karte grün, ist die Lage in Ordnung, bei rot droht Gefahr. Das ist heuer in weiten Teilen Bayerns der Fall. Auch die Westallgäu-Karte wird zunehmend rot. Dort hat die Zahl der gefangenen Tiere im Juni eine kritische Marke überschritten.
Ein Grund liegt im vergangenen Jahr. Die Hitze hat die Fadenwurzeln der Bäume geschädigt. Sie sind geschwächt und deshalb besonders gefährdet. „Es dauert normalerweise ein paar Jahre, bis sie sich erholt haben“, sagt Täger. Die Zeit haben die Bäume aber nicht. Folgen hatte auch der vergangene Winter. In fast allen Wäldern im Westallgäu gibt es erheblichen Schneebruch.
Noch etwas lässt die WBV eine explosionsartige Vermehrung des Käfers befürchten. Er hat sich schon im vergangenen Jahr stark vermehrt. Dort ist bei der WBV gut die fünffache Menge an Käferholz angefallen wie in normalen Jahren.
Waldbesitzer sollten schnell handeln, rät Täger, sprich: Ihre Bestände auf Schneebruch hin durchsuchen und regelmäßig auf Käferbefall kontrollieren. Letzteres sollte alle zwei, drei Wochen geschehen, rät die WBV. Zu erkennen ist ein befallener Baum am Bohrmehl, das Käfer als verräterische Spur hinterlassen.
In einigen Regionen der Republik sind die Folgen des Käferbefalls für die Waldbesitzer bereits dramatisch. „Sie finden teils keine Käufer mehr für Holz“, sagt Täger. Folge: Der Preis fällt ins Bodenlose. Darauf wiederum reagieren Waldbesitzer und überlassen den Wald sich selbst.
So weit ist es in der Region noch nicht. Spürbar sind die Folgen für die Waldbesitzer aber doch. Der Preis für Stammholz liegt laut Täger bei 50 bis 60 Euro je Festmeter, für Käferholz bekommen Waldbesitzer 25 bis 30 Euro weniger. Hat der Käfer erst einmal einen Baum befallen, hilft nichts – „er muss raus“. Das wird vermutlich auch im Landkreis in größerem Umfang geschehen. Täger hofft in solchen Fällen auf das Verständnis der Bürger. Daran hapert es allerdings zunehmend. Immer wieder bekommen Waldbesitzer Probleme, wenn sie einen größeren Hieb durchführen. „Im schlimmsten Fall gibt es ein Waldbesitzerbashing“, sagt Florian Kaiser, der stellvertretende Geschäftsführer der WBV. Und auch bei der täglichen Arbeit stoßen Forstunternehmer immer wieder auf Probleme. Wege-Sperrungen beispielsweise werden regelmäßig ignoriert, obwohl im Umfeld von Waldarbeiten Lebensgefahr droht, wie Täger schildert.
Unterstützung erhofft sich die WBV auch durch die Politik. Sie könnte Waldbesitzer bei so extremen Lagen wie in diesem Jahr finanziell unterstützen. „Der Waldbesitzer sollte zumindest nicht draufzahlen“(Täger). Schließlich habe die Gesellschaft ein Interesse am Wald, seinem Freizeitwert, seiner Erholungsfunktion, aber auch seiner Bedeutung fürs Klima. Hilfe erwartet sich die WBV von den Kommunen, etwa, wenn es darum geht, Lagerplätze für geschlagenes Holz anzulegen oder Straßen für größere Hiebe zu sperren. Mittel- und langfristig setzt die WBV auf einen Umbau des Westallgäuer Waldes. Ziel ist ein „gesunder Mischwald“(Kaiser). Er kommt nach Ansicht aller Fachleute deutlich besser mit dem Klimawandel zurecht.