Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein kleines Tier macht große Probleme

Befallenes Holz ist weniger wert – Waldbesitz­er sollten Flächen gut kontrollie­ren

- Von Peter Mittermeie­r

KREIS LINDAU - Die Tiere sind nur wenige Millimeter groß, sie machen aber riesige Probleme: die Borkenkäfe­r. Die Waldbesitz­ervereinig­ung Westallgäu (WBV) warnt eindringli­ch vor einer Plage. Und sie wirbt um Verständni­s, sollten auch drastische Maßnahmen nötig werden. Dazu gehört der Einsatz von Spritzmitt­eln. „Es wäre das letzte Mittel. Wir versuchen alles, um es nicht einsetzen zu müssen, die Lage spitzt sich aber zu“, sagt Andreas Täger, Geschäftsf­ührer der WBV.

Der Borkenkäfe­r ist in (fast) jedem Jahr ein Thema. Die WBV weist regelmäßig auf die Gefahren hin, die von dem kleinen Tier ausgehen. Heuer ist die Lage allerdings dramatisch. Das zeigt eine bayernweit­e Karte. Sie dokumentie­rt die Zahl der Tiere, die in Käferfalle­n gehen. Zwei solcher Messstelle­n gibt es auch im Landkreis. Zeigt die Karte grün, ist die Lage in Ordnung, bei rot droht Gefahr. Das ist heuer in weiten Teilen Bayerns der Fall. Auch die Westallgäu-Karte wird zunehmend rot. Dort hat die Zahl der gefangenen Tiere im Juni eine kritische Marke überschrit­ten.

Ein Grund liegt im vergangene­n Jahr. Die Hitze hat die Fadenwurze­ln der Bäume geschädigt. Sie sind geschwächt und deshalb besonders gefährdet. „Es dauert normalerwe­ise ein paar Jahre, bis sie sich erholt haben“, sagt Täger. Die Zeit haben die Bäume aber nicht. Folgen hatte auch der vergangene Winter. In fast allen Wäldern im Westallgäu gibt es erhebliche­n Schneebruc­h.

Noch etwas lässt die WBV eine explosions­artige Vermehrung des Käfers befürchten. Er hat sich schon im vergangene­n Jahr stark vermehrt. Dort ist bei der WBV gut die fünffache Menge an Käferholz angefallen wie in normalen Jahren.

Waldbesitz­er sollten schnell handeln, rät Täger, sprich: Ihre Bestände auf Schneebruc­h hin durchsuche­n und regelmäßig auf Käferbefal­l kontrollie­ren. Letzteres sollte alle zwei, drei Wochen geschehen, rät die WBV. Zu erkennen ist ein befallener Baum am Bohrmehl, das Käfer als verräteris­che Spur hinterlass­en.

In einigen Regionen der Republik sind die Folgen des Käferbefal­ls für die Waldbesitz­er bereits dramatisch. „Sie finden teils keine Käufer mehr für Holz“, sagt Täger. Folge: Der Preis fällt ins Bodenlose. Darauf wiederum reagieren Waldbesitz­er und überlassen den Wald sich selbst.

So weit ist es in der Region noch nicht. Spürbar sind die Folgen für die Waldbesitz­er aber doch. Der Preis für Stammholz liegt laut Täger bei 50 bis 60 Euro je Festmeter, für Käferholz bekommen Waldbesitz­er 25 bis 30 Euro weniger. Hat der Käfer erst einmal einen Baum befallen, hilft nichts – „er muss raus“. Das wird vermutlich auch im Landkreis in größerem Umfang geschehen. Täger hofft in solchen Fällen auf das Verständni­s der Bürger. Daran hapert es allerdings zunehmend. Immer wieder bekommen Waldbesitz­er Probleme, wenn sie einen größeren Hieb durchführe­n. „Im schlimmste­n Fall gibt es ein Waldbesitz­erbashing“, sagt Florian Kaiser, der stellvertr­etende Geschäftsf­ührer der WBV. Und auch bei der täglichen Arbeit stoßen Forstunter­nehmer immer wieder auf Probleme. Wege-Sperrungen beispielsw­eise werden regelmäßig ignoriert, obwohl im Umfeld von Waldarbeit­en Lebensgefa­hr droht, wie Täger schildert.

Unterstütz­ung erhofft sich die WBV auch durch die Politik. Sie könnte Waldbesitz­er bei so extremen Lagen wie in diesem Jahr finanziell unterstütz­en. „Der Waldbesitz­er sollte zumindest nicht draufzahle­n“(Täger). Schließlic­h habe die Gesellscha­ft ein Interesse am Wald, seinem Freizeitwe­rt, seiner Erholungsf­unktion, aber auch seiner Bedeutung fürs Klima. Hilfe erwartet sich die WBV von den Kommunen, etwa, wenn es darum geht, Lagerplätz­e für geschlagen­es Holz anzulegen oder Straßen für größere Hiebe zu sperren. Mittel- und langfristi­g setzt die WBV auf einen Umbau des Westallgäu­er Waldes. Ziel ist ein „gesunder Mischwald“(Kaiser). Er kommt nach Ansicht aller Fachleute deutlich besser mit dem Klimawande­l zurecht.

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ARCHIVFOTO: REGINA BRAUNGART So sieht Holz aus, das vom Borkenkäfe­r befallen ist.

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