Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der Kampf um die Talente
TSV Berg gewinnt Markdorf Cup – Zufriedenheit herrscht aber nur beim Gegner Ravensburg
MARKDORF - Nein, er ist wahrlich nicht zufrieden. Obwohl seine Mannschaft gerade den Pokal in die Höhe stemmt, ist Oliver Ofentausek, Trainer des TSV Berg, verärgert. 3:2 hat seine Mannschaft im Finale des Markdorf Cups gegen die U23 des FV Ravensburg gewonnen – doch die Leistung hat Ofentausek überhaupt nicht gefallen. „Die Einstellung hat nicht gestimmt“, sagt er. „Wenn das ein Pflichtspiel gewesen wäre, hätten sich mindestens fünf Mann aus der Startelf gespielt.“Dass der FV aus Sorge vor weiteren Verletzungen kurzerhand die U23 statt der Oberligamannschaft zum Endspiel nach Markdorf geschickt hatte, wollte er als Ausrede für fehlende Motivation nicht gelten lassen. „Wir müssen jeden Gegner ernst nehmen und in jedem Spiel gierig sein.“
Am Ende blieben nur zwei Dinge, die dem Trainer des Verbandsligaaufsteigers gefallen haben: Die Moral seiner Mannschaft, das Spiel nach einem 0:2-Rückstand noch zu drehen – auch wenn dabei half, dass der FV wegen einer Verletzung in den letzten 15 Minuten nur noch zu zehnt spielte – und die Leistung des Gegners. „Die Jungs haben das heute herausragend gemacht“, würdigte Ofentausek die Ravensburger Kicker, die laut FV-Trainer Fabian Hummel ein Durchschnittsalter von gerade einmal 20,5 Jahren hatten. Auch Hummel zeigte sich von der Leistung seiner Spieler außerordentlich zufrieden: „Ich bin absolut stolz auf die Jungs.“Zumal die Ravensburger derzeit eigentlich eine zweiwöchige Trainingspause haben und Hummel seine Spieler „teilweise vom Sofa hochgeholt“hat.
So hatte es für beide Trainer doch noch etwas Gutes, dass der FV seine U23 nach Markdorf schickte: Für Hummel, da seine Spieler sich gegen ein höherklassiges Team beweisen konnten, und für Ofentausek, da er sich ein Bild von möglichen künftigen Berger Zugängen machen konnte. Schließlich hat der TSV Berg in den vergangenen Jahren immer wieder Spieler aus der Stadt ins benachbarte Dorf gelockt – und auch in Zukunft wird dies nicht ausbleiben, glaubt Oliver Ofentausek. „Wir haben in diesem Jahr versucht, junge Spieler aus der ganzen Region zu holen, aber die meisten haben aus Angst vor der Konkurrenz im Kader abgesagt“, sagt der TSV-Coach. „Aus meiner Sicht ist das ein Armutszeugnis.“So leid ihm das tue, „aber da bleibt uns nichts anderes übrig, als auf den direkten Nachbarn zurückzugreifen“. Wie gut das funktionieren kann, habe unter anderem das Beispiel von Jannik Wanner bewiesen. Der 19-Jährige kam vor der vergangenen Saison aus der FV-Jugend nach Berg und erzielte als Stammspieler in der Landesliga zehn Tore. „Bei uns haben die jungen Spieler die Chance, drei- bis viermal in der Woche mit Topleuten wie Jan Biggel oder Vlad Munteanu zu trainieren. Das hilft in der Entwicklung extrem“, sagt Ofentausek, der bei 26 Spielern im Kader vor der neuen Saison aber keine Zugänge mehr holen will.
Ganz anders bewertet naturgemäß Fabian Hummel die Situation. Der U23-Trainer sieht klare Vorteile im Ravensburger Ausbildungssystem. „Die Frage ist doch, ob die Jungen bei einem Wechsel in Berg überhaupt zum Zug kommen“, sagt er. „Bei uns können sie sich mit Spielzeit in der Landesliga für die Oberliga empfehlen.“Ziel sei es, in jedem Jahr zwei bis drei Spieler von der U23 an die Oberligamannschaft heranzuführen – und zwar behutsam. „Die Entwicklung der Spieler hat bei uns absolute Priorität.“
Beide Trainer betonen jedoch, dass die Konkurrenz zwischen dem FV Ravensburg und dem TSV Berg dem Fußball im Schussental gut tue – sofern auch bei Transferverhandlungen alles fair abläuft. „Du musst miteinander kommunizieren und stets offen sein“, sagt Oliver Ofentausek, bevor er zur Aussprache mit seinen Spielern geht.