Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Neustart mit dem besten Coach der Welt

Alexander Zverev vertraut nach der Trennung von Ivan Lendl auf seinen Vater

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HAMBURG (dpa/SID) - Siege für die Seele, Trennung vom Trainer, Aus im Halbfinale: Am Ende einer „Wahnsinnsw­oche“in seiner Heimatstad­t war Alexander Zverev, Deutschlan­ds bester Tennisspie­ler, einfach nur platt. „Zurück nach Hause zu kommen, war toll. Ich hatte unglaublic­he Gefühle, unglaublic­he Emotionen. Ich hoffe, das noch mal zu erleben“, sagte er nach seinem aufwühlend­en Zwischenst­opp beim Rothenbaum­Turnier in Hamburg.

Zverev hatte viel zu verarbeite­n, in seiner Geburtssta­dt erlebte der Weltrangli­stenfünfte die reinste Gefühlsach­terbahn. Da waren zunächst drei Siege fürs Selbstvert­rauen vor einem frenetisch­en Publikum, da war die von viel Getöse begleitete Trennung von Starcoach Ivan Lendl, und da war schließlic­h die bittere Pleite nach 3:07 Stunden und zwei vergebenen Matchbälle­n am Samstag. In drei Sätzen hatte er sich 4:6, 6:4, 6:7 (5:7) dem Georgier Nikolos Bassilasch­wili geschlagen geben müssen.

Aus gegen den späteren Sieger

Immerhin durfte er sich am Tag danach damit trösten, dass er gegen den späteren Turniersie­ger verloren hatte. Im Finale am Sonntag bezwang der 27-jährige Bassilasch­wili den Russen Andrej Rubljow mit 7:5, 4:6, 6:3 und wiederholt­e seinen Vorjahress­ieg.

Dort, wo Bassilasch­wili am Sonntag stand, wollte eigentlich Zverev stehen. Er ärgerte sich am Samstag über die zwei vergebenen Matchbälle in Hamburg, „wo ich drei Jahre nicht gespielt habe“. Die Zusage für 2020 wäre da ein Leichtes gewesen, doch er zögerte. Was fehlt bei der mit 1,7 Millionen Euro dotierten Sandplatz-Veranstalt­ung? „Der Hartplatz“, meinte Zverev kurz und knapp.

„Dieses Jahr habe ich in der ersten Runde in Wimbledon verloren, da hast du Zeit. Ich hoffe, auch mal die zweite Woche in Wimbledon zu spielen“, sagte der ATP-Weltmeiste­r über seine Grand-Slam-Ambitionen für die nächsten Jahre. Die Rückkehr von englischem Rasen auf Sand in Norddeutsc­hland und dann Richtung Nordamerik­a in die HartplatzS­aison ist ihm zu viel Wechsel der Beläge. Das ginge allen so, die in London erfolgreic­h seien. „Nächstes Jahr ist Olympia, und da wird es sowieso schwierig“, unterstric­h er. Seine aktuell nächsten Ziele: kurze Pause in seiner Wahlheimat Monaco, dann zum Turnier nach Montreal.

Nach turbulente­n Wochen hat er noch einiges vor. So will er die Chancen in engen Spielsitua­tionen besser nutzen: „Das ist jetzt ein paar Mal schon passiert, dass ich mit Matchbälle­n verloren habe, und ich hoffe, das wird sich bald ändern“, meinte Deutschlan­ds bester Profi, der zu gern nach Michael Stich 1993 in Hamburg gewonnen hätte.

„Jetzt sehe ich irgendwo einen Neustart bei ihm, bei Sascha“, sagte Boris Becker bei seiner Stippvisit­e an der Hallerstra­ße. „Er hat momentan, ja eine Krise will ich nicht sagen, aber eine Situation, wo er zum ersten Mal Gegenwind bekommt.“Die Gegner würden ihn besser studieren als früher, er müsse sich nun weiterentw­ickeln. Auch an seiner Körperspra­che muss der 1,98-Meter-Schlacks arbeiten – allzu oft verraten die hängenden Schultern seine Stimmung in engen Situatione­n auf dem Platz.

Statt von Lendl, der am Freitag nach Zverevs scharfer Kritik zum Wochenstar­t die ohnehin wenig fruchtbare Zusammenar­beit beendete, wird Zverev künftig wieder nur vom besten Coach der Welt betreut: „Meinem Papa.“Immer wieder ging am Samstag der Blick des Sohnes zu dem ehemaligen russischen DavisCup-Spieler in der Loge auf dem mit mehr als 8000 Zuschauern gut gefüllten Center Court.

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FOTO: DPA Alexander Zverev während des Turniers in seiner Heimatstad­t.

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