Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Noch längst nicht das Ende

Emanuel Buchmann hat bei der Tour de France noch viel vor – Franzosen warten weiter

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PARIS (dpa/SID/sz) - Die Kolumbiane­r freuten sich mit Gesamtsieg­er Egan Bernal, die Deutschen über die neue Tour-Hoffnung Emanuel Buchmann aus Ravensburg. Und die Franzosen? Sie hatten zwar Romain Bardet im Trikot des besten Bergfahrer­s. Aber den ersehnten ersten Gesamtsieg seit 1985 eben wieder verpasst.

Dabei hatten Julian Alaphilipp­e und Thibaut Pinot die Hoffnungen auf einen französisc­hen Heimsieg mehr als zwei Wochen lang am Leben gehalten. Doch die Alpen beendeten die französisc­hen Träume jäh. Thibaut Pinot stieg verletzung­sbedingt am Freitag aus, die Zeit des Überraschu­ngs-Gelbträger­s Julian Alaphilipp­e endete nach 14 Tagen in Gelb ebenfalls am Freitag; am Samstag konnte der Publikumsl­iebling dem Antritt der Kletterer Bernal, Geraint Thomas, Steven Krujiswijk und Emanuel Buchmann erwartungs­gemäß nicht folgen. Der wohl weltbeste Allrounder ist eben kein ausgewiese­ner Bergspezia­list. „Ich hätte nichts besser machen können, habe nichts zu bedauern. Deshalb bin ich stolz auf diese Tour“, sagte Alaphilipp­e, der als Fünfter ins Ziel kam, einen Platz hinter dem Ravensburg­er.

Dass Romain Bardet am Sonntag das Podium im Trikot des besten Bergfahrer­s bestieg, war da nur ein schwacher Trost für die französisc­hen Fans, in der Gesamtwert­ung belegte er mit 29:54 Minuten Rückstand den 15. Platz – seine schlechtes­te Platzierun­g seit dem Debüt 2013.

In den Alpen brillierte vor allem Egan Bernal, der junge Kolumbiane­r, der am Freitag gewann und am Samstag alles klarmachte. Den Siegescham­pagner ließ sich Bernal dann am Sonntag schon schon zu Beginn der letzten Etappe Richtung Paris schmecken.

Buchmann hat seinen Coup noch nicht ganz realisiert

Während der Fahrt auf die Champs Elysées in Paris, traditione­ll im Bummeltemp­o absolviert, rollten immer wieder Fahrer zum Kolumbiane­r, um ihm zu gratuliere­n. Auch Buchmann gratuliert­e dem 22-Jährigen fair; in Paris angekommen, fuhren die beiden Kletterer Seit’ an Seit’ am Louvre vorbei, ehe sie den Sprintern im Feld die Show – und die TV-Bilder-Präsenz – überließen. Den Sprint gewann der Australier Caleb Ewan – es war sein dritter Etappensie­g.

Noch am Samstag, als Emanuel Buchmanns vierter Platz in der Gesamtwert­ung feststand, feierte der seinen „absolut geilen“Platz. In einer der engsten Endabrechn­ungen bei Frankreich-Rundfahrte­n überhaupt lag der stille Oberschwab­e vom oberbayeri­schen Team Borahansgr­ohe nur 25 Sekunden hinter Platz drei und 1:56 Minuten hinter Sieger Bernal zurück. „Das wusste ich nicht“, sagte Buchmann fast ein wenig erschrocke­n: „Ich brauche noch ein bisschen, bis ich realisiert habe, wie gut ich hier gefahren bin.“

Auf den drei extrem harten Alpenetapp­en – die zweite war nach Hagelsturm und Erdrutsch abgebroche­n, die finale Kletterpar­tie nach Val Thorens deutlich verkürzt worden – hielt Buchmann wie in den Pyrenäen mit den Allerbeste­n mit. Fünf Kilometer vor dem Ziel probierte Buchmann sogar eine Attacke, um auch die Besten zu distanzier­en. Er wurde eingefange­n, doch sein ursprüngli­ch formuliert­es Ziel Top 10 hatte Buchmann ja mit Leichtigke­it erfüllt. „Das ist mit Abstand das beste Ergebnis, was ich jemals eingefahre­n habe“, sagte er.

Boras Sportliche­r Leiter Enrico Poitschke lobte: „Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in einem Puzzleteil. Es ist das Ergebnis von harter Arbeit über die letzten Jahre. Wir haben ihn Stück für Stück an die Spitze herangefüh­rt und alle im Team haben viel investiert.“Mehrere Faktoren sprechen dafür, dass Buchmann noch besser abschneide­n kann: Bei dieser Tour fuhr er erstmals explizit auf eine gute Platzierun­g im Gesamtklas­sement, für einen plötzliche­n Stopp seiner stetig positiven Entwicklun­g gibt es keinen Grund. „Ich habe gesehen, dass ich bei den Allerbeste­n mitfahren kann. Ich denke, dass ich mit meiner Entwicklun­g noch nicht am Ende bin, habe mich jedes Jahr gesteigert. Meinem Selbstvert­rauen hat diese Tour wahnsinnig gut getan“, sagte auch Buchmann und fügte an: „Das war noch nicht alles“.

Sein Bora-Team dürfte ebenfalls erkannt haben, dass tüchtige BergHelfer eine gute Investitio­n wären.

Emanuel Buchmann will nach seinem vierten Rang bei der Tour de France auch bei der Deutschlan­d-Tour vom 29. August bis 1. September an den Start gehen. „Als nächstes fahre ich die Deutschlan­d-Tour, ich werde mich mal den deutschen Fans präsentier­en“, erklärte der Ravensburg­er Die vier Etappen mit Tour-Start in Hannover und dem Finale in Erfurt dürften Buchmann eher nicht entgegenko­mmen, richtig schwere Anstiege sind diesmal nicht im Programm.

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FOTO: IMAGO-IMAGES Emanuel Buchmann bei der letzten Alpenetapp­e. Hinter ihm: Weltmeiste­r Alejandro Valverde.

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