Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Hilfe für die, die es nötig haben
Kressbronner Vater setzt sich mit seinen beiden Söhnen mittels Stiftung für Integration ein
KRESSBRONN - Vielfalt und Verschiedenheit trennen Menschen nicht, sondern können sie bereichern und inspirieren: Davon sind der Kressbronner Wolfgang Kratschmer und seine Söhne Martin und Philipp überzeugt. Auch ihre Mutter Claudia Kratschmer schätzte die Verschiedenheit und Vielfalt der Menschen, Länder, Landschaften, Kulturen, Traditionen und Sprachen, sodass ihr Mann und die Söhne ihr nach ihrem Tod 2014 die Stiftung Integrationskultur widmeten. Diese unterstützt Projekte und Initiativen, die es nicht leicht haben, für ihre engagierte und sinnvolle Tätigkeit den nötigen finanziellen Rückhalt zu bekommen.
Ein gut gehendes Unternehmen, eine Erbschaft, Reisen in ferne Länder – „uns ging es gut“, berichtet Wolfgang Kratschmer. Seine Frau habe meist die Reisen organisiert, denn „sie wollte nicht wie ein Tourist reisen. Sie wollte relativ eng mit dem jeweiligen traditionellen und kulturellen Hintergrund konfrontiert werden, der nicht trennen, sondern bereichern sollte.“Wolfgang Kratschmer ist in Tschechien geboren und floh mit seinen Eltern im April 1944 vor den russischen Truppen nach Wien. „Lange war diese Zeit bei meinen Eltern verschüttet, sie haben wenig darüber erzählt, obwohl vor allem meine Mutter sehr gelitten hat“, erinnert sich der Kressbronner. Mitte der 50er Jahre bekam der Vater schließlich einen Job in Stuttgart und die Familie zog nach Deutschland.
Die Freude am Reisen sowie die eigene Fluchtgeschichte waren schließlich die Initialzündungen, den Schwerpunkt der Stiftung auf das Thema „Integration“zu legen. Aber wie kam es überhaupt zur Stiftung? Als Claudia Kratschmer 2014 starb, entschieden sich ihr Mann und die Söhne in der schweren Zeit, ihr ein besonderes Andenken zu bewahren. „Wir hatten alles, weshalb wir das Erbe nicht für unseren Konsum nehmen wollten. Wir wollten etwas Sinnvolles und Nützliches tun, etwas, das zur Lebensanschauung und dem Lebensgefühl meiner Frau passte. Eine Stiftung ist langfristig angelegt, sie ist für die Ewigkeit“, sagt Wolfgang Kratschmer.
Unterstützt werden Menschen, die - aus welchen Gründen auch immer - am Rande der Gesellschaft gelandet sind. „Ausgegrenzt sein gibt es in vielen Bereichen - Behinderung, Religion, Kultur oder durch soziale Gründe“, hat Wolfgang Kratschmer beobachtet. Kultur könne zudem dafür sorgen, dass die Menschen „leichter aus ihren Ecken herausgeholt werden können“, wie inzwischen eine ganze Reihe geförderter Projekte bestätigen. „Am Anfang hatten wir ja keine Ahnung - wir haben eine Internetseite erstellt, aber wir wussten ja nicht, ob uns jemand findet und ob uns überhaupt jemand braucht. Aber dann sind wir
fast überrannt worden“, blickt Wolfgang Kratschmer zurück.
Der Stiftungsrat wie auch die Stiftung selbst sind klein und überschaubar - weshalb schnell reagiert und entschieden werden könne. Vor allem kleinere Projekte mit bis zu 3000 Euro seien typisch für die Förderung, vor allem, weil diese es bei den größeren Stiftungen durch die Bürokratie eher schwerer hätten. Inzwischen wurden Mal- und Singworkshops, Fußball-Turniere und vor allem integrative Theaterprojekte quer durch Deutschland gefördert. „Wir möchten uns aber demnächst mehr auf den südwestdeutschen Raum konzentrieren, um den persönlichen Kontakt zu den Projekten zu fördern.“Denn dieser sei als Rückmeldung enorm wichtig: „Das ist unsere Belohnung.“
Die Stifter freuen sich sehr über Kontaktaufnahme von Projekten und Initiativen aus der Region und versprechen, rasch und kooperativ zu reagieren. Ebenso freuen sie sich über Spenden für ihre als gemeinnützig anerkannte Arbeit.