Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Am besten in der Freizeit
Unternehmen tolerieren Engagement wohlwollend
BERLIN - Außergewöhnlich ist, dass auch Unternehmen ihre Beschäftigten aufrufen, die Arbeit am Freitag ruhen zu lassen – oder dies zumindest wohlwollend tolerieren. So heißt es bei Flixbus: „Wir geben allen Mitarbeitenden, die an den Streiks teilnehmen möchten, frei.“Unter dem Label „Entrepreneurs for Future“firmieren über 3000 kleine und große Firmen, beispielsweise der Babynahrungshersteller Hipp, der Freiburger Energieversorger Badenova und der Müllverwerter Remondis.
Auch beim Versandhändler Otto in Hamburg dürfen die Beschäftigten gerne demonstrieren. „Wir freuen uns über eine engagierte Teilnahme“, heißt es. „Unsere flexiblen Arbeitszeitmodelle erlauben das vielen Kolleginnen und Kollegen.“Übersetzung: Wer ein paar Stunden zum Klimastreik geht, tut das in der Freizeit, nicht in der Arbeitszeit.
Die Leitungsebene des bundesweiten Wasser- und Energieversorgers Veolia betrachtet es ebenfalls wohlwollend, wenn Beschäftigte am Freitag öffentlich für den Schutz des Klimas eintreten. Für ihre Abwesenheit vom Arbeitsplatz müssen sie freilich angesammelte Überstunden einsetzen. Das Freiburger Energieunternehmen Badenova erlaubt seinen Leuten, die Demo-Teilnahme „bis zu einer Stunde als Arbeitszeit“zu buchen. „Für den Rest des zeitlichen Aufwandes kann/soll das Gleitzeitkonto genutzt werden.“
Modulor in Berlin, ein Geschäft für Architekten- und Modellbaubedarf, leistet es sich, am Freitag komplett zu schließen. Die 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich für eine von drei Varianten entscheiden: Arbeiten erledigen, die nicht warten dürfen, zur Demo gehen oder an Klima-Workshops der Firma teilnehmen. Dabei soll es darum gehen, wie das Unternehmen nachhaltiger wird. Wobei die Leitung weiß: „Solche Maßnahmen werden das Klima nicht retten. Das kann nur deutlich weniger Konsum.“