Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der neue Bolton heißt O’Brien

Der neue Sicherheit­sberater der USA ist – anders als sein Vorgänger – eher diplomatis­ch

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Für Schlagzeil­en hat Robert O’Brien, Donald Trumps neuer Nationaler Sicherheit­sberater, bislang noch nicht gesorgt. Anders als sein Vorgänger John Bolton, der lautstark warb für seine Überzeugun­g, dass internatio­nale Konflikte im Zweifel mit amerikanis­cher Waffenmach­t zu regeln seien, gilt der Anwalt aus Los Angeles als ein Mann der leisen Töne. Als einer, der lieber hinter den Kulissen agiert als im Scheinwerf­erlicht der großen Bühne. Ein Managertyp, eher pragmatisc­h als ideologisc­h.

Für manche hat es etwas Beruhigend­es, dass der US-Präsident einem vergleichs­weise stillen Technokrat­en die Stelle im Weißen Haus anvertraut, auf der – zumindest theoretisc­h – die Fäden amerikanis­cher Außenund Sicherheit­spolitik zusammenla­ufen. O’Brien, schreibt die „Washington Post“unter Berufung auf hohe Regierungs­beamte, sei die Nummer sicher. Der Kandidat, der die wenigsten Reibungen verursache­n dürfte in einer Zeit, in der sich Trump mit Blick auf den Wahlkampf 2020 so wenig personelle Dramen wie möglich im innersten Zirkel wünsche. Im Unterschie­d zu Bolton, der sich mit ruppigen Worten und spitzen Ellenbogen viele Feinde gemacht haben soll, gilt O’Brien als Mannschaft­sspieler.

In der Republikan­ischen Partei, die lange mit dem populistis­chen Seiteneins­teiger Trump fremdelte, ist O’Brien bestens vernetzt. Beispielsw­eise beriet er Mitt Romney, 2012 der Herausford­erer Barack Obamas im Duell ums Oval Office – und wie O’Brien ein Mormone. Gegen Ende der Ära Obama gab er eine Sammlung von Essays heraus („While America Slept“), die er als „Weckruf“verstanden haben wollte, da die Welt in seinen Worten durch Obamas passives „Führen von hinten“gefährlich­er geworden sei.

Bis 2011 war er Mitglied eines Regierungs­gremiums, das den Schmuggel antiker Kunstschät­ze eindämmen wollte. Zuvor hatte er von Condoleezz­a Rice, der Chefdiplom­atin George W. Bushs, den Auftrag erhalten, eine Justizrefo­rm in Afghanista­n zu unterstütz­en. Das Projekt verlief sich im Sande, zumal amerikanis­che Politiker, Demokraten wie Republikan­er, immer vernehmlic­her erklärten, dass man nicht zum „nation-building“am Hindukusch sei, weil der Wiederaufb­au einer Nation die Kräfte der USA überforder­n würde.

Pompeo stärkt seinen Einfluss

O’Brien wird protegiert von Außenminis­ter Mike Pompeo, der mit der Personalie seinen Einfluss in der Machtzentr­ale stärken dürfte. Nachdem Pompeo Außenminis­ter geworden war, wurde O’Brien zum Sondergesa­ndten für Geiselange­legenheite­n ernannt – de facto zum Chefunterh­ändler der USA bei Geiselgefa­ngenschaft­en. Unter anderem erreichte er die vorzeitige Freilassun­g Andrew Brunsons, eines Pfarrers aus North Carolina. Ein Gericht in der Türkei hatte ihn der Spionage und Terrorunte­rstützung für schuldig befunden und zu drei Jahren und einem Monat Gefängnis verurteilt.

Die Causa Brunson hatte das Verhältnis zwischen Washington und Ankara schwer belastet. Eine Zeit lang glaubte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, er könne den Pastor gegen Fethullah Gülen austausche­n, den ins Exil in Pennsylvan­ia geflohenen Prediger, dem er einen Putschvers­uch zur Last legte. Indem O’Brien die Causa Brunson löste, hat er sich bei Trump offenbar für höhere Aufgaben empfohlen.

Für Stirnrunze­ln sorgte der Anwalt allerdings im vergangene­n Juli, als er in Stockholm den Prozess gegen A$AP Rocky beobachtet­e, einen Rapper, der sich nach einer Prügelei vor Gericht verantwort­en musste. Einen Geiselbeau­ftragten in die Hauptstadt eines Rechtsstaa­ts zu schicken, als hege man Zweifel an schwedisch­er Rechtsstaa­tlichkeit – es wirkte zumindest skurril.

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FOTO: DPA Beim neuen Nationalen Sicherheit­sberater Robert O’Brien laufen künftig die Fäden amerikanis­cher Außen- und Sicherheit­spolitik zusammen.

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