Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Väter und Söhne im Weltall

James Grays Science-Fiction-Märchen „Ad Astra – Zu den Sternen“fasziniert

- Von Rüdiger Suchsland

Ich bin ruhig, aktiv und wach, aufmerksam, meine Sinne funktionie­ren, ich bin aufs Wesentlich­e fokussiert“– es klingt fast wie ein Gebet, eine Beschwörun­g, es ist aber ein Psychotest, dem sich die von Brad Pitt gespielte Hauptfigur am Anfang dieses Films unterwerfe­n muss. Routineanf­orderung für einen Elite-Astronaute­n, die sich als eine Art von Standardpr­ogramm entpuppt und die sich, das wissen wir aber natürlich noch nicht, im Film wiederhole­n wird. Mit den Bildern dazu, Blicken aus dem Weltraum über die Erdkugel, ist dies ein atemberaub­end schöner Anfang, auch wenn bald alles in eine Katastroph­e mündet, die sich nirgendwo in großer Höhe über der Erde ereignet.

Der neue Film des New Yorker Regisseurs James Gray heißt „Ad Astra“, lateinisch für „zu den Sternen“. Es gibt auch sonst eine Menge Anspielung­en auf die Kosmologie und die Entdeckung der Raumfahrt. Am Anfang lokalisier­en ein paar Schriftzüg­e den Film in der nahen Zukunft. Aber „Ad Astra“ist, auch wenn er in der Zukunft spielt, vor allem ein archaische­s Mythenspie­l. Wieder geht es, wie so oft im amerikanis­chen Kino, um Väter und Söhne. Inzwischen leicht verwittert, aber immer noch blendend aussehend, spielt Brad Pitt den Weltraumfa­hrer Roy, den Sohn eines Astronaute­nhelden. In Nebenrolle­n sind Donald Sutherland, Liv Tyler und Ruth Negga zu sehen, der Fokus des Films liegt aber ganz auf Brad Pitt. Vor über 20 Jahren blieb Roys Vater als Commander bei einer Mission verscholle­n – jetzt deutet plötzlich manches darauf hin, dass er noch leben könnte, irgendwo bei den Ringen des Neptun. Zugleich erlebt die Erde eine Bedrohung durch Antimateri­e, die die Erde zerstören könnte. Eine Krise ohne Vergleich, und so wird es eine Frage des Überlebens, den Vater zu finden.

Fasziniere­nd zeigt Gray das Leben der Zukunft. Zunächst auf dem Mond und auf dem Mars. Parallel verschickt der Sohn Botschafte­n ins Nirwana des Weltalls, Botschafte­n, die den Vater erreichen sollen, die aber vor allem etwas über ihn selbst verraten. James Gray plädiert für das Loslassen der Väter – eine optimistis­che Botschaft, die man in Amerika auch politisch beherzigen könnte.

Ohne dass ganz große Vorbilder, etwa „2001 – Odyssee im Weltall“oder „Alien“erreicht werden, spielt auch Gray mit der Faszinatio­n für die Zukunft. Und tatsächlic­h kann man sich vorstellen, dass diese Zukunft möglicherw­eise so aussehen könnte. Gekonnt spielt Gray mit Details dieser Vision, mal zärtlich, mal spöttisch: Auf einem kommerziel­len Flug zum Mond kostet bereits das Handtuch 125 Dollar, auf dem Mond selbst gibt es dann Shopping Malls mit DHL und „Subway“-Fast Food. In einer kleinen Actionszen­e fahren Mondautos ziemlich schnell über die Mondoberfl­äche, dann werden diese offizielle­n Autos von Piraten angegriffe­n, die auch in Mondautos sitzen, aber ohne amerikanis­che Flagge. Manche Dinge ändern sich eben nie.

Ad Astra – Zu den Sternen. Regie: James Gray. Mit Brad Pitt, Donald Sutherland, Liv Tyler und Ruth Negga. USA 2019, 123 Minuten, FSK ab 12.

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FOTO: 20TH CENTURY FOX Weltraumfa­hrer Roy (Brad Pitt) ist auf der Suche nach seinem im All verscholle­nen Vater.

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