Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Wir machen hinterm Berg coole Sachen“
Der Österreicher Josh war in den Charts, fährt den Tourbus aber trotzdem noch selbst – Am Samstag ist er zu Gast beim FAB-Festival in Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN - Mit seinem Lied „Cordula Grün“hat Josh einen Überraschungshit gelandet. Am Samstag, 21. September, tritt der 33jährige Wiener beim FAB-Festival in Friedrichshafen auf. Mit Harald Ruppert sprach er über die Macken der Jazzszene, die Probleme des Songschreibens und das Schleppen von Lautsprecherboxen, wenn er auf Tour ist.
„Cordula Grün“wird vielleicht für alle Zeiten von Bierzeltkapellen auf dem Oktoberfest gespielt. Ist Ihnen das recht?
Es ist mir nicht unrecht. Ich will den Leuten nicht vorschreiben, wo sie Musik hören, oder wie. Und nachdem ich nicht nur Interpret bin, sondern auch Songwriter, habe ich ja auch was davon: durch die GEMAGebühren. Meine eigenen Auftritte habe ich ja dort, wo meine Musik für mich gut reinpasst. Deshalb ist es für mich total okay, wenn jemand mich covert, ich freue mich darüber. Bei Spotify gibt es auch schon fünf Coverversionen von „Cordula Grün“.
Sind Sie ein eher nachdenklicher Typ?
Ich bin einer, der gern lacht, aber diese melancholische Seite in sich hat. Genau so ist auch der Song „Cordula Grün“. Eigentlich erzählt er ja eine traurige Geschichte. Aber er ist auch mit einem Augenzwinkern zu sehen. So bin ich auch als Typ. Ich finde, man darf sich selbst in seiner Romantik und in allem, was man macht, nicht zu ernst nehmen. Und eines war schon in der Schule so: Wenn es Leute gibt, die ich entertainen kann, dann entertaine ich viel.
An Pop aus Österreich gab es früher Ambros, Fendrich oder Falco, dann lange nichts. Wieso ist Pop aus Wien jetzt wieder so beliebt?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Mir hat es als Wiener aber sicher nicht geschadet, dass Bands wie Wanda, Bilderbuch oder Granada unterwegs waren. Dadurch wurde ich sehr gut aufgenommen. Man hat sich nicht gewundert, dass da jetzt ein Wiener ankommt. Eher war’s folgendermaßen: Aha, die aus Wien, die muss man sich anhören. Die Wiener Musikszene hat schon immer sehr spezielle Sachen gemacht. Und wenn die Karriere eines Wiener Musikers dann klappt, entsteht eine ganze Welle. Wir versuchen jetzt in Österreich, den Nachbarn zu zeigen, dass wir hinterm Berg auch ganz coole Sachen machen.
Sie haben fünf Jahre Jazz studiert. Wieso haben Sie sich davon abgekehrt?
Gelernt habe ich eigentlich klassische Musik, aber dann habe ich Jazz studiert, weil ich einfach jazz machen wollte; und ich liebe Jazz nach wie vor. Aber ich bin drauf gekommen, dass ich mit Popmusik am glücklichsten bin. Also habe ich selbst zu schreiben angefangen. Das waren Sachen mit zwei oder drei Akkorden, weil ich gerade diese Einfachheit gut gefunden habe. Am Anfang habe ich mich gar nicht getraut, das meinen Freunden aus der Jazzszene zu zeigen, weil ich dachte, die werden das komisch finden. Irgendwann habe ich aber das Selbstvertrauen entwickelt, zu sagen: Das ist mir doch egal. Ich muss mich nicht verstellen.
Ist in Jazzkreisen harmonisch komplexe Musik gut und harmonisch einfache schlecht?
Ein bisschen schon. Aber ich mag die Musik, die ich jetzt gerade machen darf. Wenn man macht, was man liebt und spürt, dass man das auch kann, dann wird das Ganze noch eine Spur besser, wenn man sich nur darauf konzentriert und nicht fünfzehn Sachen gleichzeitig macht. Aber als Musiker musst du am Anfang einfach die verschiedensten Sachen machen, weil du anders keine Kohle verdienst.
Dauerte die Entstehung von „Cordula Grün“länger?
Das ging recht schnell. Das ist oft so bei Songs, die gut werden: Es macht „klick“und ich weiß, was ich sagen will und wie’s klingt. Ich muss es nur noch aufschreiben. Dann ist das oft an einem Tag passiert – wie bei „Cordula Grün“. Vier Tage später habe ich noch kleine Feinheiten verbessert.
Ist es beängstigend, nicht zu wissen, wann es „klick“macht - und der Termin fürs nächste Album vor der Tür steht?
Ja, voll. Das ist ein schwieriger Prozess – weil ich mir ja vorgenommen habe, wieder gute Songs zu schreiben. Und wenn am Anfang Sachen entstehen, die halt ganz nett sind, aber noch nicht auf den Punkt kommen, dann wird’s ein bisschen stressig. Ich habe mir für das alles jetzt einfach noch ein bisschen Zeit gegeben. Eine neue Nummer habe ich schon geschrieben, die ich geil finde; und die Plattenfirma auch. Da ist der erste Druck schon mal weg: Es ist mir also doch noch was Cooles eingefallen. Jetzt heißt es: Einfach machen und ganz wenig auf das hören, was von außen kommt. Ich will 15 bis 20 Songs schreiben, die Hälfte davon wegschmeißen und aus den besten was machen.
Sie haben also keine Probleme mit einer Musikindustrie, die Sie bevormundet?
Nein, gar nicht. Aber ich habe ja auch mein eigenes kleines Label. Ich produziere die zweite Platte selbst und bin dadurch der Partner der großen Plattenindustrie. So sitze ich gleichwertig am Tisch. In meinem Fall sind die Horrorgeschichten, die man so kennt, nicht eingetreten. Die können auch nicht eintreten, weil es die verschiedensten Formen von Verträgen gibt. Meiner ist so, dass ich sehr viel selbst bestimme.
Eine Liedzeile von Ihnen lautet: „Während andere weiter Häuser bauen, bau’ ich nur weiter Scheiße“. War da Torschlusspanik im Spiel? Man ist um die 30 und es ist noch kein sichtbarer Erfolg da?
Ja, natürlich. Genau darum geht’s in dem Song. Ich bin jetzt keiner, der jeden Tag nur Scheiße baut, dachte aber schon: Eigentlich wären Familie, Haus und Kinder angesagt, und du hast keine Kohle und spielst in einem kleinen Club vor 40 Leuten. Aber das hat sich jetzt auch geändert. (Lacht)
Ihre Initialzündung in der Musik war Eric Claptons „Unplugged“Platte. Gibt es noch andere große Helden, die ganz oben am Himmel stehen?
Sehr viele. Wenn’s um deutsche Sprache geht, ganz klar Element of Crime. Es ist unfassbar großartig, wie Sven Regener diese romantischen Texte schreibt, aber nie kitschig wird. Und ich liebe auch John Mayer. Ich halte ihn für einen der besten Gitarristen unserer Zeit und einen unglaublich guten Songwriter. Sonst ist mein Geschmack sehr breit gefächert und stimmungsabhängig. Neulich saß ich mit meinem Gitarristen im Tourbus, wir sind abwechselnd gefahren und haben Italopop gehört – Gianna Nannini und so. Es dürfen aber auch Jazz oder Chansons sein. Ich mag handgemachte Musik, aber auch moderne Sounds.
Sie fahren den Tourbus wirklich noch selber?
Ja. Ich schleppe auch das Equipment. Nach dem Konzert, wenn Publikum vor der Bühne steht, kann ich zwar nicht noch mal rausrennen und beim Abbau helfen. Aber wenn wir laden, bin ich fast immer dabei. Die letzten 15 Jahre habe ich die Ausrüstung geschleppt und höre jetzt nicht auf damit. Aber natürlich ist die Crew deutlich größer geworden. Dass es mal jemanden geben würde, der mir beim Konzert die Gitarre bringt, hätte ich auch nicht gedacht.
Der letzte prominente Österreicher, der im Casino auftrat, war der Nino aus Wien. Er stand allein auf der Bühne. Bringen Sie am 21. September Ihre Band mit?
Ja, ich habe immer dieselben Jungs dabei. Weil sich das eingespielt hat und ich sie gern habe. Wir werden in Friedrichshafen auch was ganz Neues spielen.