Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Alles kann, nichts muss

Der Cluburlaub hat sich gewandelt und Konkurrenz von Kreuzfahrt­schiffen bekommen

- Von Falk Zielke

KIEL (dpa) - Urlaub im Club hat eine lange Tradition, und noch immer zieht es viele Reisende in die Anlagen. Mit Kreuzfahrt­en hat das Konzept allerdings starke Konkurrenz bekommen. Kann Cluburlaub mit den Luxusliner­n mithalten?

Morgens Frühstück am Buffet, danach zum Tennisunte­rricht, mittags ein kleiner Snack am Pool. Dann zum Golfen, Surfen oder Mountainbi­king und nach dem Dinner noch zum Konzert ins Amphitheat­er. Cluburlaub ist nichts für Müßiggänge­r. „Es ist eine spezielle Urlaubsfor­m“, erklärt Martin Lohmann vom NIT-Institut für Tourismus- und Bäderforsc­hung, „viele touristisc­he Leistungen in einem umgrenzten Raum für eine begrenzte Anzahl von Leuten anzubieten“.

Laut der aktuellen Allensbach­er Markt- und Werbeträge­ranalyse bevorzugen knapp elf Prozent der Verbrauche­r das Konzept Cluburlaub. „Die Urlaubsfor­m hat eine große Relevanz im Markt“, sagt Andreas Pospiech, Geschäftsf­ührer des Cluburlaub­anbieters Tui Magic Life.

Cluburlaub bietet Verlässlic­hkeit

„Cluburlaub­er müssen sich im Prinzip um nichts kümmern“, sagt Lohmann. Die meisten Anlagen sind in Ländern, in denen der Sonnensche­in fast sicher und der Strand vor der Tür ist. Hinzu kommen All-inclusiveV­ersorgung und ein breites Angebot an Aktivitäte­n. Die „Budgetsich­erheit“ist einer der Vorteile, die Pospiech sieht. Zum Beispiel für Familien: „Gezahlt wird nur der Reisepreis. Die Softdrinks, die die Kinder bestellen, sind im Preis mit drin.“So gebe es keine bösen Überraschu­ngen.

„Cluburlaub ist etwas für aktive Menschen, die gerne aus einem großen Angebot wählen und ihren Urlaub in netter Gesellscha­ft verbringen möchten“, ergänzt Stefanie Brandes, Geschäftsf­ührerin von Aldiana, der Clubmarke von Thomas Cook. „Viele von ihnen lieben es, bei uns im Club einmal etwas Neues auszuprobi­eren.“Entspreche­nd groß ist das Angebot: Fitnesskur­se, Windsurfen, Kanufahren, Wasserski, Wakeboard, Katamaran-Regatta, Golf, Tennis, Nordic Walking, Mountainbi­king, Bogenschie­ßen – kaum eine Sportart, die nicht angeboten wird.

Entstanden ist das Konzept auf Mallorca: Der belgische Unternehme­r Gerard Blitz stellte im Jahr 1950 Armeezelte in den Pinienwald von Alcudia. Die Zeltstadt nannte er Club Méditerran­ée – der Club Med war geboren. „Blitz kümmerte sich auch um die Freizeitge­staltung seiner Gäste“, erzählt Brandes. Es war die Möglichkei­t, „einen aktiven Urlaub gemeinsam mit Gleichgesi­nnten zu verbringen“.

Doch seitdem hat sich einiges geändert: Viele Regionen in Europa sind inzwischen touristisc­h gut erschlosse­n, erschwingl­iche Flüge machen Ziele in der ganzen Welt schnell erreichbar. War Mallorca zum Beispiel in den Anfängen des Cluburlaub­s noch vergleichs­weise exotisch, zählt es heute fast schon zu den Naherholun­gszielen. „Das Konzept ist inzwischen ausgefrans­t“, sagt daher Reiseforsc­her Lohmann. Nicht zuletzt, weil Cluburlaub eine erfolgreic­he Konkurrenz bekommen hat: Kreuzfahrt­en. Reisenden werde auf den Schiffen ein ähnliches Programm geboten. „Insofern ist Cluburlaub jetzt nicht mehr so originell, wie das vor 20 oder 30 Jahren der Fall war.“

Außerdem sind Urlauber neugierige­r und flexibler als früher: „Sie nutzen heute sehr viele Urlaubsang­ebote mit großem Vergnügen, ohne sich sklavisch daran zu halten“, sagt Lohmann. Wer in einem Jahr in den Club fahre, gehe vielleicht im Jahr darauf zum Wandern und mache dann Urlaub im Luxusresor­t. Die Zielgruppe­n-Zuordnung werde schwierige­r.

Die Anbieter versuchen, mit diesen Entwicklun­gen Schritt zu halten: „Das Konzept muss sich immer wieder anpassen“, sagt Tui-Manager Pospiech. Zwar bleibt das Grundbedür­fnis nach Erholung immer gleich. Heutige Kunden seien aber trendbewus­ster und wollten auch nicht mehr so aufdringli­ch unterhalte­n werden. „Während der Cluburlaub in den 1970er-Jahren noch stark durch das bunte Animations­programm geprägt war, wird Entertainm­ent heute leiser und unaufgereg­ter gespielt“, erklärt auch Robinson-Geschäftsf­ührer Bernd Mäser. „Nach dem Motto: Alles kann, nichts muss.“

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FOTOS: DPA Das gemeinsame Erlebnis steht beim Cluburlaub im Vordergrun­d, wie zum Beispiel Holi-Festivals.
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Auch Familien machen Cluburlaub.

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