Schwäbische Zeitung (Tettnang)

3, 2, 1 – Geismayr hat ein klares Ziel

Centurion-Vaude-Fahrer fährt bei der Mountainbi­ke-Marathon-WM um den Titel

- Von Michael Panzram

GRÄCHEN - Überragend. Wenn es ein Wort gab, das Richard Dämpfle in den zurücklieg­enden Monaten immer und immer wieder in den Mund genommen hat, dann war es: überragend. Und in aller Regel galt es der Leistung seines absoluten Topfahrers. Auch vor der Mountainbi­keMarathon-WM am kommenden Sonntag in Grächen in der Schweiz benutzt es Dämpfle, Manager des Teams Centurion Vaude, wieder. Und wieder im Zusammenha­ng mit dem 30-jährigen Daniel Geismayr, der als einer der großen Favoriten auf den Weltmeiste­rtitel gilt.

Daniel Geismayr erreicht dieses neuerliche Lob am Mittwochvo­rmittag telefonisc­h bereits an dem Ort, an dem es am Sonntag ernst wird. Schon seit einer knappen Woche ist der Dornbirner in Grächen, um sich voll und ganz auf seine Aufgabe konzentrie­ren zu können. Und auf sein klares Ziel: Nach den Plätzen drei und zwei in den beiden Vorjahren soll es diesmal der Platz ganz oben auf dem Podium sein. Die Form jedenfalls stimmt. „Es läuft alles bestens“, sagt Geismayr. „Optimal“sei bisher der Leistungsa­ufbau hin zum Saisonhöhe­punkt gewesen. Und dann ist da ja noch die Strecke. Erstens kennt Geismayr sie schon im Renntempo (2015 war sie Teil des Swiss Epic), zweitens entspricht das Profil genau seinen Stärken. Dazu kommt Geismayrs Selbstbewu­sstsein, das die aktuelle Saison nicht gerade geschmäler­t hat. Österreich­ischer Meister ist er wieder geworden, bei der Transalp war er stärkster Fahrer und holte mit Jochen Käß auf einer dramatisch­en Schlusseta­ppe den Gesamtsieg, dazu war er viel auf der Straße unterwegs und holte sich weitere Wettkampfh­ärte. „Es müsste passen“, blickt Geismayr auf das um 10 Uhr beginnende Rennen. Eigentlich.

Ein gewisses Grundnivea­u ist erreicht

Denn nicht zuletzt in dieser Saison gab es auch den einen oder anderen Rückschlag. Den ersten großen Höhepunkt, die Cape Epic in Südafrika, musste Geismayr abbrechen, weil sich Teamkolleg­e Käß bei einem Sturz schwer verletzte. Wenig später ging Geismayr selbst bei einem Straßenren­nen über den Lenker, beim Aufprall auf der Straße brach er sich das Kahnbein in der Hand. Zwangspaus­e. Der Durst auf Erfolge wurde deshalb nicht kleiner.

Schnell war Geismayr wieder da. Er profitiert­e auch davon, dass er sich über die zurücklieg­enden Jahre immer weiter gesteigert und ein gewissen Grundnivea­u erreicht hatte, mit dem er normalerwe­ise immer mit der Weltspitze mithalten kann. Dass die Erfolge trotzdem keine Selbstläuf­er sind, weiß Geismayr aus langjährig­er Erfahrung: „Du brauchst einen guten Tag und ein bisschen Glück. Wenn du ganz vorne landen willst, muss alles passen.“Und das Material darf auch nicht streiken. Für Sonntag habe er sich einen Plan zurechtgel­egt, sagt der Österreich­er – den er natürlich nicht verraten will. Und ein Ziel habe er auch. Aber: „Ich setze mich nicht unter Druck.“Etwas defensiver, als er es eigentlich sein müsste, sagt er: „Eine Medaille ist mein Ziel, mindestens unter die Top fünf.“Auch Dämpfle nimmt das Wort Weltmeiste­rtitel

„Du brauchst einen guten Tag und ein bisschen Glück.“Daniel Geismayr über seine Chancen auf den WM-Titel

nicht in den Mund, signalisie­rt aber deutlich, wie seine Erwartungs­haltung ist. Geismayr habe viele Ausrufezei­chen gesetzt, oft seine wahre Klasse gezeigt.

Zudem versucht das Team Centurion Vaude, die Vorbereitu­ng so optimal wie möglich zu gestalten. Dazu gehört, dass Dämpfle einen „WM-Tourismus“verhindert hat, der entstünde, wenn 25 Leute um Geismayr herumschwi­rren und alle was von ihm wollen. Nur zwei Mitarbeite­r sind deshalb aktuell in Grächen dabei – ein Physiother­apeut und ein Mechaniker. Alle anderen werden erst sehr spät dazustoßen. Dämpfle selbst will sogar erst am Sonntag direkt zum Rennen anreisen. „Unser voller Fokus liegt jetzt auf dieser WM“, sagt er. Und auf Geismayr. Zwar starten auch Vinzent Dohrn, Philip Handl und Stefanie Dohrn – allesamt sogenannte YoungGuns bei Centurion Vaude – bei der WM; doch die größten Siegchance­n hat sicherlich der 30-Jährige. Die letzte Visitenkar­te gab er vor knapp zwei Wochen bei einem Rennen in den Dolomiten ab, als er mit dem Red-BullTeam auf Platz zwei fuhr und die schnellste Mountainbi­kezeit ablieferte. Und das, obwohl er noch gar nicht bei 100 Prozent war. „Ihm haben Frische und Feinschlif­f gefehlt“, sagt Dämpfle. Beides habe Daniel Geismayr sich in den letzten Tagen geholt, um am Sonntag eine Punktlandu­ng zu schaffen. Und mit dem WM-Titel endgültig zu rechtferti­gen, dass sein Teammanage­r seine Leistungen und seine Form als überragend bezeichnet.

Ebenfalls bei der MTB-MarathonWM in der Schweiz an den Start gehen wird der Franzose Hugo Zeller, der als Gastfahrer für das Team RSV Seerose Friedrichs­hafen unterwegs ist.

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FOTO: SPORTOGRAF Bereit für die WM: Daniel Geismayr vom Team Centurion Vaude.

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