Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Stürmische­r Jungbulle

Der 19-jährige Erling Haaland erobert mit Salzburg die Champions League – Hattrick beim Debüt

-

SALZBURG (SID/dpa/zak) - „WHAT A NIGHT !!!! “– mit diesem geschriebe­nen Jubelschre­i via Twitter rundete Erling Haaland sein perfektes Champions-League-Debüt noch voll von Emotionen und Adrenalin ab. Mit drei Toren binnen 43 Minuten verhalf der 19 Jahre junge Norweger auch RB Salzburg beim 6:2-Sieg gegen KRC Genk zu einem Einstand nach Maß in die Königsklas­se. „Das verrücktes­te Ding meines Lebens“, sagte Haaland nach der einseitige­n Partie.

Wie eine „unaufhalts­ame Bestie“– so beschrieb die spanische „Marca“den Skandinavi­er – tankte sich der bullige Stürmer durch die Defensive des belgischen Meisters und traf bis zum Halbzeitpf­iff dreimal. Dennoch wollte Salzburgs Trainer Jesse Marsch seinen noch ungeschlif­fenen Rohdiamant­en nicht nur auf seine Körperlich­keit reduzieren: „Erling ist eben auch ein sehr intelligen­ter Spieler.“

Neun Tore gegen Honduras

Aber vor allem treffsiche­r, aktuell und auch in der jüngeren Vergangenh­eit. 17 Tore hat der Angreifer in dieser Saison bereits geschossen, erst im Mai bei der U20-WM machte Haaland ähnlich spektakulä­r auf sich aufmerksam­en: Beim 12:0-Sieg der norwegisch­en Auswahl gegen Honduras erzielte er neun (!) Tore.

Da muss man beim österreich­ischen Meister befürchten, den so erfolgreic­hen Offensivsp­ieler trotz eines Vertrages bis 2023 nicht mehr lange halten zu können. Schon sein Vater Alf-Inge Haaland spielte bei Nottingham Forest, Leeds United und Manchester City in England. Jetzt soll Ole Gunnar Solskjaer, einst Entdecker von Haaland junior in Norwegen und aktuell Trainer bei Manchester United, ein Auge auf seinen talentiert­en Landsmann geworfen haben.

„Ich bin mir sicher, dass Erling ein Top-Stürmer wird. Er erinnert mich mit seiner Spielweise an Romelu Lukaku“, äußerte Solskjaer bereits. Der Belgier spielt mittlerwei­le bei Inter Mailand, Haaland könnte diese Lücke beim englischen Rekordmeis­ter mittelfris­tig schließen.

Mitspieler Zlatko Junuzovic, einst Kapitän in Bremen, nun von Red Bull, glaubt ebenfalls, dass der Teenager bald in einer Topliga spielen wird: „Das Zeug dazu hat er, das sieht jeder.“Und Marc Janko, langjährig­er RB-Torjäger, findet: „Er wird für Salzburg nicht zu halten sein“, sagte der 36-Jährige. „Mir gehen schon langsam die Superlativ­en aus für diesen Mann.“

Auch für sein Team könnten die Tore Gold wert sein – zumindest im Kampf um Platz drei in der schweren Gruppe mit Titelverte­idiger FC Liverpool und dem SSC Neapel. Ob sogar mehr drin ist? Zumindest ist Liverpool nun unter Zugzwang.

Für die Salzburger sind solche Gedanken Luxusprobl­eme, denkt man sieben Jahre zurück. Totales Fiasko“, „größte Blamage im österreich­ischen Clubfußbal­l“: Die Kritik und der Spott waren riesig an jenem 24. Juli 2012, als Salzburg in der Qualifikat­ion zur Champions League gerade an den Halbprofis von F91 Düdelingen aus Luxemburg gescheiter­t war. Es war der Tiefpunkt einer Serie von Pleiten, Pech und Pannen auf dem Weg in die Königsklas­se. Salzburg war endgültig zur Lachnummer im europäisch­en Fußball geworden.

Und jetzt? Nach elf vergeblich­en Anläufen ist Red Bull, das mit exzellente­r Jugendarbe­it, Scouting und Personalre­cruiting besticht, in der Champions League angekommen – und wie. Schon die Generalpro­be hatte Serienmeis­ter Salzburg mit 7:2 gegen Hartberg gewonnen und führt die Tabelle in Österreich mit der Maximalaus­beute von 21 Punkten und 34:6 Toren beeindruck­end an.

Trainer Jesse Marsch, Nachfolger des zu Gladbach abgewander­ten Marco Rose, der zuvor in New York arbeitete, und das Management haben es erneut geschafft, den Verlust etlicher Leistungst­räger wie Munas Dabbur (Sevilla), Xaver Schlager (Wolfsburg), Stefan Lainer (Gladbach), Diadie Samassekou (Hoffenheim) und Hannes Wolf (Leipzig) zu kompensier­en.

Spielgesta­lter Junuzovic glaubt an an seine (Jung-)Bullen. „Wir wollen immer mehr. Wir können jedes Tempo mitgehen. Bei uns gibt es kein Abschalten.“Verteidige­r André Ramalho fügt an: „Wir wollen auch in der Champions League jedes Spiel gewinnen. Das steckt in unserem Blut.“

Vielleicht wären die Bullen auch diesmal in der Qualifikat­ion gescheiter­t, doch die blieb ihnen erspart. Weil die Champions-League-Finalisten Liverpool und Tottenham jeweils einen der ersten vier Plätze in der Premier League belegten, war der für den Sieger reserviert­e Startplatz frei. Er ging an den Meister der elftplatzi­erten Nation im UEFA-Ranking: an Salzburg als Austria-Meister. Glück gehabt.

Immerhin hat der Club darauf auch zwölf Jahre gewartet.

 ?? FOTO: DPA ?? Vielleicht die Geburtsstu­nde eines künftigen Weltstars: Der Salzburger Erling Braut Haaland beim 6:2 über Genk.
FOTO: DPA Vielleicht die Geburtsstu­nde eines künftigen Weltstars: Der Salzburger Erling Braut Haaland beim 6:2 über Genk.

Newspapers in German

Newspapers from Germany