Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Weinlese verspricht einen guten Jahrgang
Am Ravensbuger Rebhang wird fleißig geerntet – Erlöse des Weins gehen ans Hospiz
RAVENSBURG - Wenn Hans Kiderlen seine Getreuen zur Arbeit ruft, dann versammelt sich am Ravensburger Rebhang an der Schlierer Straße immer eine stattliche Schar fleißiger Helfer. So auch am vergangenen Montag, als die Lese der diesjährigen Müller-Thurgau-Trauben angesetzt war. Gut 25 Frauen und Männer rückten mit Gartenscheren bewaffnet an, um die Früchte ihrer ganzjährigen Arbeit zu ernten.
Für die lose organisierten Ehrenamtlichen schließt sich damit der Jahreskreis. In ungefähr zwei Wochen steht noch die Lese der roten Trauben an. Dann kehrt wieder für einige Monate Ruhe ein am Ravensburger Rebhang. Zu tun gibt es dort aber vom Frühjahr bis zum Herbst. Wenn die ersten Triebe sprießen, beginnt die Pflege der Rebstöcke, 1700 weiße und ungefähr noch mal so viele rote.
Das Gras zwischen den Reihen muss regelmäßig gemäht werden. „Wir entfernen die Triebe, die in diesem Jahr noch keinen Ertrag bringen, und kappen die Pflanzen am oberen Rand. Manchmal muss auch gespritzt werden”, sagt Johann Stroh. Seit Kurzem ist er Pensionär und hat sich vorgenommen, sich künftig noch tiefer in diese Aufgabe einzubringen. Für den ehemaligen Lehrer ist das nicht nur ein willkommener
Ausgleich zur bisherigen Schreibtischtätigkeit, sondern auch eine gute Möglichkeit, seine neu gewonnene Freizeit in Gesellschaft mit vielen netten Leuten aus allen möglichen Berufen und Schichten zu verbringen und dabei fürs Gemeinwohl zu wirken: „Bei uns findet man Akademiker und Handwerker, Kaufleute und Arbeiter. Jeder packt mit an, wo und wie er kann. Alle haben ihre Freude dabei, auch wenn die Arbeit ganz schön anstrengend sein kann.“Kopf der fleißigen Truppe ist Hans Kiderlen. Er gehört
zu den Gründungsmitgliedern der Bürgerstiftung Ravensburg. Ein besonderes Anliegen war ihm, dass die Stadt ein eigenes Hospiz bekommt. Es erhält den kompletten Erlös aus dem Verkauf des Ravensburger Weins. Im vergangenen März konnten 2100 Flaschen Weißwein, der Ravensburger Secco, abgefüllt und etikettiert werden. Eine solche Rekordernte gibt es zwar beim Jahrgang 2019 nicht. Aber Kiderlen ist sowohl bei der Menge als auch der Qualität recht zufrieden. Er rechnet mit rund 1700 Liter Traubenmost. Im Schnitt der vergangenen Jahre konnten zwischen 15 000 und 18 000 Euro an das Bürgerhospiz überwiesen werden.
„Als die Stadt den Rebhang noch in Eigenregie gepflegt und bewirtschaftet hat, war er ein großes Zuschussgeschäft“, erinnert sich Kiderlen. Seinen eigenen Beitrag zur jetzigen Erfolgsgeschichte stellt er allerdings nicht in den Vordergrund: „Es ist einfach schön, mit diesen Leuten zu arbeiten. Außerdem ist das Hospiz für mich eine Herzensangelegenheit. Da lohnt sich der Einsatz.“Und der sieht, so berichtet Johann Stroh, so aus, dass Kiderlen nicht nur den Wein in seinem Betrieb in Waldburg keltert, sondern auch sein Fachwissen und Maschinen zur Verfügung stellt. Fachliche Unterstützung erhält er dabei von einem Winzersohn aus dem Remstal, der neu zum Helferkreis gekommen ist und bereits Verantwortung für die Rebpflege übernommen hat. „Wir könnten mit der Lese noch ein bisschen warten.
Dann hätten wir vielleicht ein paar Öchsle mehr. Aber wir wollen einen leichten Sommerwein. Da reichen 60 bis 80 Öchsle aus, um eine gute Qualität zu erzielen“, betont Hans Kiderlen. Sofort nach der Ernte werden die Trauben maschinell entstielt. Die Maische kommt danach in große Stahltanks und wird dort mit Weinhefe versetzt, die die Gärung in Gang setzt. „Im Winter stellen wir die Tanks ein paar Wochen ins Freie. Da kristallisiert sich der Weinstein heraus und setzt sich ab. Darum müssen wir den Wein nicht mehr filtern“, erklärt der Önologe. Da bei der Lese jede angefaulte Frucht von Hand entfernt wird und die Witterung dieses Jahr günstig war, verspricht sich Kiderlen auch 2019 wieder eine hohe Qualität.
Der jüngste Regen hat zwar zu einer gewissen Fäulnis geführt, aber nur einen geringen Ausfall verursacht. Erstmals finden sich vereinzelt abgestorbene Beeren. Eine Folge der Hitzeperiode im Juli, als einige Reben regelrecht verbrannt sind. Da habe der Saft in den Früchten regelrecht gekocht, erklärt Kiderlen. „Diese Ausfälle fallen aber kaum ins Gewicht. Wir entfernen frühzeitig die Blätter an den Fruchtständen. So können sich die Beeren an die Sonne gewöhnen.“
Beim Ravensburger Weinfest am Samstag, 21. September, ausgerichtet vom Verein Burghaldentorkel zusammen mit dem ehrenamtlichen Helferkreis an der historischen Weinpresse am Philosophenweg, kann der Wein probiert werden. Von 12 bis 18 Uhr werden dort unter anderem Ravensburger Wein und Secco ausgeschenkt. Außerdem hat Hans Kiderlen angestoßen, dass ab diesem Herbst Weinführungen stattfinden sollen. Neben Historischem und Weinkundlichem soll auch eine kleine Weinprobe die örtlichen Erzeugnisse bekannter machen.
„Es ist einfach schön, mit diesen Leuten zu arbeiten. Außerdem ist das Hospiz für mich eine Herzensangelegenheit. Da lohnt sich der Einsatz.“