Schwäbische Zeitung (Tettnang)
VfB entscheidet Derby für sich
Der VfB Stuttgart schlägt mit Neu-Trainer Pellegrino Matarazzo Heidenheim deutlich
STUTTGART (falx) - Pellegrino Matarazzo hat einen gelungenen Einstand als Trainer des VfB Stuttgart gefeiert. Am ersten Spieltag nach der Winterpause schlug der VfB den 1. FC Heidenheim in der zweiten Fußball-Bundesliga mit 3:0. Stuttgart sprang auf Tabellenplatz zwei, Heidenheim blieb Vierter.
STUTTGART - Da stand er und wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte: Pellegrino Matarazzo, der neue Trainer des VfB Stuttgart. Gerade war das erste Tor des VfB beim 3:0 (1:0) im Derby gegen den 1. FC Heidenheim gefallen. Aber nicht nur das. Es war auch der erste Treffer für 42-Jährigen unter seiner Verantwortung als Cheftrainer eines Proficlubs. Also nestelte Matarazzo, Nachfolger des am Tag vor heiligabend entlassenen Tim Walter, etwas an seiner Nase, nahm die Hände wieder runter und schien sich zu fragen: wie jubelt man eigentlich, wenn die ganze schwäbische Fußballwelt auf einen blickt?
Pellegrino Matarazzo, dessen Vorname der Pilger heißt, entschied sich für die unauffällige Variante: Er klatschte noch schnell in die Hände. Später, als der im Vorfeld kaum erwartet werden könnende Traumeinstand durch das dritte Tor des Abends besiegelt wurde, jubelte er sogar zusammen mit Jubelprofi Fritzle, dem Maskottchen.
„Wir haben konzentriert auf unseren Auslösemoment gewartet, dann sehr sauber gespielt, hätten uns eventuell früher mit dem 2:0 belohnen können“, sagte Sportdirektor Sven Mislintat hinterher. Der Premieren-Trainer war ebenso zufrieden, auch wenn er etwas zurückhaltend formulierte: „Die wichtigste Erkentnis ist, dass wir schon einen Tick weiter sind als gedacht.“
Was die Zuschauer in Bad Cannstatt zu sehen bekamen, wirkte in der Tat wie richtiger Matarazzo-Fußballl: Der VfB spielte mit ähnlich viel Ballbesitz und ähnlich dominant wie unter Walter, aber schnörkelloser und in den meisten Situationen auch weniger riskant. Wo Walter seine Innenverteidiger stets nach vorne verteidigen ließ, und die zwei Außenverteidiger hinten ließ, agierte der VfB nun bei eigenem Ballbesitz aus einer 3-5-2-Grundordnung, die sich bei Ballbesitz des Gegners zu einer 43-2-1-Formation verwandelte – so ähnlich ließ Matarazzos früherer Chef Julian Nagelsmann auch die TSG Hoffenheim oft gegen starke Gegner spielen. Der VfB wolle „Situationen erkennen, um schnell vertikal zu spielen, häufiger in die Tiefe und ins Zentrum zu spielen“, erklärte Mislintat den Ansatz.
Dass das schon so gut funktionierte, und das gegen einen starken Gegner – Heidenheim lag vor dem Spieltag nur einen Zähler hinter dem VfB auf Rang vier – überraschte nicht nur den Coach. „Es war schon eine sehr runde Sache“, sagte auch Mislintat ein wenig verwundert.
Jedoch dauerte es 30 Minuten, bis der VfB traf. Bis dahin war es zwar Matarazzo-Fußball, aber mit den Walter-Problemen: Der Ball wollte trotz schöner Chancen nicht ins Netz. Mit dem schnellen Nicolás Gonzalez außen und Hamadi Al Ghaddioui im Sturmzentrum – Mario Gomez saß zu Beginn auf der Bank – ging es schnell in die offenen Räume, doch der Ball wollte nicht ins Tor. Weder beim großen Straufraum-Gedränge der VfB-Offensive (22.) noch bei der Chance durch González (25.) oder Orel Mangala (30.), der nach einem
Doppelpass völlig freistehend weit über das Tor semmelte, gelang der Führungstreffer. Doch dann kam die 30. Minute, eine Ecke und Marc-Oliver Kempf: Der Kapitän stürmte heran, scheiterte allerdings vorerst aus sieben Metern an FCH-Torhüter Kevin Müller. Im Nachsetzen machte er es aber besser und versenkte aus kurzer Distanz.
Und die Heidenheimer? Verteidigten tief und hofften ihrerseits auf einen irgendwie von Erfolg gekrönten Zufallskonter. Die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt, die sich in der Hinrunde mit der besten Abwehr der Liga auf Platz vier vorgekämpft hatte, fand kein passables Mittel. Egal ob Immer-Spieler Marc Schnatterer (62.), Tobias Mohr (55.) oder Robert Leipertz (68.) – die vielversprechenden Angriffe versandeten meist noch einige Meter vom gegnerischen Tor
Pellegrino Matarazzo entfernt oder wurden slapstickhaft vergeben.
„Man kann gegen den VfB Stuttgart verlieren, aber es geht immer um die Art und Weise, um unser Spiel, das uns auszeichnet. Das haben wir heute zu wenig gemacht“, so Schmidt. Als in der 76. Minute dann González nach Vorarbeit des eingewechselten Borna Sosa völlig frei nur noch aus acht Metern einköpfte, waren jegliche Zweifel auf beiden Seiten beseitigt. Heidenheims Torhüter Kevin Müller sagte deutlich: „Wir haben es in der Halbzeit knallhart angesprochen, dann kommst du raus und kriegst das 2:0 und ab dem Zeitpunkt hat uns auch etwas der Glaube gefehlt.“
Als Mario Gomez (86.) sogar noch abgezockt auf 3:0 erhöhte, umarmte Matarazzo seine Nebenleute. „Es war heute ein emotionales und einfach schönes Erlebnis“, sagte er später. Denn auch wenn beim VfB längst nicht alles sofort griff, der Auftakt in eine intensive Rückrunde ist gelungen. Drei Spiele warten auf den VfB nun in den kommenden zehn Tagen.
„Es war heute ein emotionales und einfach schönes Erlebnis“