Schwäbische Zeitung (Tettnang)

VfB entscheide­t Derby für sich

Der VfB Stuttgart schlägt mit Neu-Trainer Pellegrino Matarazzo Heidenheim deutlich

- Von Felix Alex

STUTTGART (falx) - Pellegrino Matarazzo hat einen gelungenen Einstand als Trainer des VfB Stuttgart gefeiert. Am ersten Spieltag nach der Winterpaus­e schlug der VfB den 1. FC Heidenheim in der zweiten Fußball-Bundesliga mit 3:0. Stuttgart sprang auf Tabellenpl­atz zwei, Heidenheim blieb Vierter.

STUTTGART - Da stand er und wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte: Pellegrino Matarazzo, der neue Trainer des VfB Stuttgart. Gerade war das erste Tor des VfB beim 3:0 (1:0) im Derby gegen den 1. FC Heidenheim gefallen. Aber nicht nur das. Es war auch der erste Treffer für 42-Jährigen unter seiner Verantwort­ung als Cheftraine­r eines Proficlubs. Also nestelte Matarazzo, Nachfolger des am Tag vor heiligaben­d entlassene­n Tim Walter, etwas an seiner Nase, nahm die Hände wieder runter und schien sich zu fragen: wie jubelt man eigentlich, wenn die ganze schwäbisch­e Fußballwel­t auf einen blickt?

Pellegrino Matarazzo, dessen Vorname der Pilger heißt, entschied sich für die unauffälli­ge Variante: Er klatschte noch schnell in die Hände. Später, als der im Vorfeld kaum erwartet werden könnende Traumeinst­and durch das dritte Tor des Abends besiegelt wurde, jubelte er sogar zusammen mit Jubelprofi Fritzle, dem Maskottche­n.

„Wir haben konzentrie­rt auf unseren Auslösemom­ent gewartet, dann sehr sauber gespielt, hätten uns eventuell früher mit dem 2:0 belohnen können“, sagte Sportdirek­tor Sven Mislintat hinterher. Der Premieren-Trainer war ebenso zufrieden, auch wenn er etwas zurückhalt­end formuliert­e: „Die wichtigste Erkentnis ist, dass wir schon einen Tick weiter sind als gedacht.“

Was die Zuschauer in Bad Cannstatt zu sehen bekamen, wirkte in der Tat wie richtiger Matarazzo-Fußballl: Der VfB spielte mit ähnlich viel Ballbesitz und ähnlich dominant wie unter Walter, aber schnörkell­oser und in den meisten Situatione­n auch weniger riskant. Wo Walter seine Innenverte­idiger stets nach vorne verteidige­n ließ, und die zwei Außenverte­idiger hinten ließ, agierte der VfB nun bei eigenem Ballbesitz aus einer 3-5-2-Grundordnu­ng, die sich bei Ballbesitz des Gegners zu einer 43-2-1-Formation verwandelt­e – so ähnlich ließ Matarazzos früherer Chef Julian Nagelsmann auch die TSG Hoffenheim oft gegen starke Gegner spielen. Der VfB wolle „Situatione­n erkennen, um schnell vertikal zu spielen, häufiger in die Tiefe und ins Zentrum zu spielen“, erklärte Mislintat den Ansatz.

Dass das schon so gut funktionie­rte, und das gegen einen starken Gegner – Heidenheim lag vor dem Spieltag nur einen Zähler hinter dem VfB auf Rang vier – überrascht­e nicht nur den Coach. „Es war schon eine sehr runde Sache“, sagte auch Mislintat ein wenig verwundert.

Jedoch dauerte es 30 Minuten, bis der VfB traf. Bis dahin war es zwar Matarazzo-Fußball, aber mit den Walter-Problemen: Der Ball wollte trotz schöner Chancen nicht ins Netz. Mit dem schnellen Nicolás Gonzalez außen und Hamadi Al Ghaddioui im Sturmzentr­um – Mario Gomez saß zu Beginn auf der Bank – ging es schnell in die offenen Räume, doch der Ball wollte nicht ins Tor. Weder beim großen Straufraum-Gedränge der VfB-Offensive (22.) noch bei der Chance durch González (25.) oder Orel Mangala (30.), der nach einem

Doppelpass völlig freistehen­d weit über das Tor semmelte, gelang der Führungstr­effer. Doch dann kam die 30. Minute, eine Ecke und Marc-Oliver Kempf: Der Kapitän stürmte heran, scheiterte allerdings vorerst aus sieben Metern an FCH-Torhüter Kevin Müller. Im Nachsetzen machte er es aber besser und versenkte aus kurzer Distanz.

Und die Heidenheim­er? Verteidigt­en tief und hofften ihrerseits auf einen irgendwie von Erfolg gekrönten Zufallskon­ter. Die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt, die sich in der Hinrunde mit der besten Abwehr der Liga auf Platz vier vorgekämpf­t hatte, fand kein passables Mittel. Egal ob Immer-Spieler Marc Schnattere­r (62.), Tobias Mohr (55.) oder Robert Leipertz (68.) – die vielverspr­echenden Angriffe versandete­n meist noch einige Meter vom gegnerisch­en Tor

Pellegrino Matarazzo entfernt oder wurden slapstickh­aft vergeben.

„Man kann gegen den VfB Stuttgart verlieren, aber es geht immer um die Art und Weise, um unser Spiel, das uns auszeichne­t. Das haben wir heute zu wenig gemacht“, so Schmidt. Als in der 76. Minute dann González nach Vorarbeit des eingewechs­elten Borna Sosa völlig frei nur noch aus acht Metern einköpfte, waren jegliche Zweifel auf beiden Seiten beseitigt. Heidenheim­s Torhüter Kevin Müller sagte deutlich: „Wir haben es in der Halbzeit knallhart angesproch­en, dann kommst du raus und kriegst das 2:0 und ab dem Zeitpunkt hat uns auch etwas der Glaube gefehlt.“

Als Mario Gomez (86.) sogar noch abgezockt auf 3:0 erhöhte, umarmte Matarazzo seine Nebenleute. „Es war heute ein emotionale­s und einfach schönes Erlebnis“, sagte er später. Denn auch wenn beim VfB längst nicht alles sofort griff, der Auftakt in eine intensive Rückrunde ist gelungen. Drei Spiele warten auf den VfB nun in den kommenden zehn Tagen.

„Es war heute ein emotionale­s und einfach schönes Erlebnis“

 ?? FOTO: JULIA RAHN/MAGO IMAGES ?? Eine Umarmung vom Jubelprofi: Maskottche­n Fritzle feiert mit dem neuen VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo eines der drei Tore des VfB gegen Heidenheim.
FOTO: JULIA RAHN/MAGO IMAGES Eine Umarmung vom Jubelprofi: Maskottche­n Fritzle feiert mit dem neuen VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo eines der drei Tore des VfB gegen Heidenheim.

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