Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Was das Gesetz zum Kohleausstieg regelt
Eine entscheidende Frage ist in den Plänen der Bundesregierung nicht geklärt
BERLIN (dpa) - Es hat länger gedauert als geplant, aber jetzt steht das Kohleausstiegsgesetz – jedenfalls als Entwurf, den das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin verabschiedet hat. Jetzt ist der Bundestag an der Reihe. Bis Mitte des Jahres soll alles in trockenen Tüchern sein, damit das Gesetz zu den Milliardenhilfen für die Kohleregionen in Kraft treten kann. Grundsätzlich ist nun also klar, wie der Kohleausstieg bis 2038 ablaufen soll. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte:
Steinkohle: Steinkohlezechen gibt es in Deutschland keine mehr, Kraftwerke schon noch. Deren Betreiber können sich darauf bewerben, gegen Entschädigung abzuschalten. Wer früh vom Netz geht, kann mehr bekommen – in diesem Jahr maximal 165 000 Euro pro Megawatt, dann jedes Jahr weniger und 2026 nur noch 49 000 Euro. Das Ziel ist, möglichst viele Treibhausgase für möglichst wenig Entschädigung einzusparen. Die Versorgung mit Strom und Wärme muss gesichert bleiben. Wer ein Kraftwerk mit Wärmeproduktion freiwillig von Kohle auf Gas umstellt, kann einen Bonus bekommen. Ab 2027 wird ohne Entschädigung abgeschaltet.
Braunkohle: Zu den Braunkohlekraftwerken gehören auch Tagebaue, deswegen wären Ausschreibungen wie für die Steinkohle zu kompliziert. Es gibt stattdessen einen festen Abschaltpfad von 2020 bis 2038. Los geht es in Nordrhein-Westfalen, Ostdeutschland ist später dran. Betreiber wie RWE und der tschechische Betreiber EPH, dem die Leag und Mibrag gehören, bekommen dafür zusammen 4,35 Milliarden Euro. Mit dem Abschaltplan sind Klimaschützer unzufrieden: Zu spät und nicht stetig genug, finden sie.
Entlastung für Stromverbraucher: Ab 2023 kann der Bund Netzentgelte für Übertragungsnetze mit einem Zuschuss senken – das soll es den kleineren Verteilnetzen ermöglichen, ihrerseits Kunden zu entlasten. Dazu kommt die Möglichkeit, Unternehmen mit großem Strombedarf zu entlasten, damit sie im internationalen Wettbewerb mithalten können, wenn die Strompreise steigen. Über das Klimapaket ist zudem eine Senkung der EEG-Umlage vorgesehen, die Bürger über die Stromrechnung zahlen. Wie die Strompreise sich entwickeln, steht noch nicht fest.
Neues Kohlekraftwerk: Es klingt unlogisch, dass der Kohleausstieg damit beginnt, dass ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz geht – aber Datteln 4 ist gebaut und genehmigt, es wäre sehr teuer geworden, Betreiber Uniper da herauszukaufen. Die Bundesregierung hat aber versprochen, dass dafür zusätzlich Steinkohle vom Netz geht, sodass keine zusätzlichen Treibhausgase entstehen.
Und was muss jetzt geklärt werden?
Teilweise sollen Gaskraftwerke die Kohle ersetzen, aber möglichst schnell sollen erneuerbare Energien – also Strom aus Sonne, Wind und Biomasse – die Lücke füllen. Derzeit liegt der Ökostrom-Anteil nach Zahlen der Denkfabrik Agora Energiewende bei 42,6 Prozent. Bis 2030 sollen es 65 Prozent sein, zusätzlich steigt der Stromverbrauch, unter anderem weil mehr Elektroautos auf die Straße sollen. Wie das klappen soll, ist offen – Experten sind sich einig, dass dafür Wind und Solaranlagen schneller gebaut werden müssen als bisher.