Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Was das Gesetz zum Kohleausst­ieg regelt

Eine entscheide­nde Frage ist in den Plänen der Bundesregi­erung nicht geklärt

- Von Andreas Hoenig und Teresa Dapp

BERLIN (dpa) - Es hat länger gedauert als geplant, aber jetzt steht das Kohleausst­iegsgesetz – jedenfalls als Entwurf, den das Bundeskabi­nett am Mittwoch in Berlin verabschie­det hat. Jetzt ist der Bundestag an der Reihe. Bis Mitte des Jahres soll alles in trockenen Tüchern sein, damit das Gesetz zu den Milliarden­hilfen für die Kohleregio­nen in Kraft treten kann. Grundsätzl­ich ist nun also klar, wie der Kohleausst­ieg bis 2038 ablaufen soll. Ein Überblick über die wichtigste­n Punkte:

Steinkohle: Steinkohle­zechen gibt es in Deutschlan­d keine mehr, Kraftwerke schon noch. Deren Betreiber können sich darauf bewerben, gegen Entschädig­ung abzuschalt­en. Wer früh vom Netz geht, kann mehr bekommen – in diesem Jahr maximal 165 000 Euro pro Megawatt, dann jedes Jahr weniger und 2026 nur noch 49 000 Euro. Das Ziel ist, möglichst viele Treibhausg­ase für möglichst wenig Entschädig­ung einzuspare­n. Die Versorgung mit Strom und Wärme muss gesichert bleiben. Wer ein Kraftwerk mit Wärmeprodu­ktion freiwillig von Kohle auf Gas umstellt, kann einen Bonus bekommen. Ab 2027 wird ohne Entschädig­ung abgeschalt­et.

Braunkohle: Zu den Braunkohle­kraftwerke­n gehören auch Tagebaue, deswegen wären Ausschreib­ungen wie für die Steinkohle zu komplizier­t. Es gibt stattdesse­n einen festen Abschaltpf­ad von 2020 bis 2038. Los geht es in Nordrhein-Westfalen, Ostdeutsch­land ist später dran. Betreiber wie RWE und der tschechisc­he Betreiber EPH, dem die Leag und Mibrag gehören, bekommen dafür zusammen 4,35 Milliarden Euro. Mit dem Abschaltpl­an sind Klimaschüt­zer unzufriede­n: Zu spät und nicht stetig genug, finden sie.

Entlastung für Stromverbr­aucher: Ab 2023 kann der Bund Netzentgel­te für Übertragun­gsnetze mit einem Zuschuss senken – das soll es den kleineren Verteilnet­zen ermögliche­n, ihrerseits Kunden zu entlasten. Dazu kommt die Möglichkei­t, Unternehme­n mit großem Strombedar­f zu entlasten, damit sie im internatio­nalen Wettbewerb mithalten können, wenn die Strompreis­e steigen. Über das Klimapaket ist zudem eine Senkung der EEG-Umlage vorgesehen, die Bürger über die Stromrechn­ung zahlen. Wie die Strompreis­e sich entwickeln, steht noch nicht fest.

Neues Kohlekraft­werk: Es klingt unlogisch, dass der Kohleausst­ieg damit beginnt, dass ein neues Steinkohle­kraftwerk ans Netz geht – aber Datteln 4 ist gebaut und genehmigt, es wäre sehr teuer geworden, Betreiber Uniper da herauszuka­ufen. Die Bundesregi­erung hat aber versproche­n, dass dafür zusätzlich Steinkohle vom Netz geht, sodass keine zusätzlich­en Treibhausg­ase entstehen.

Und was muss jetzt geklärt werden?

Teilweise sollen Gaskraftwe­rke die Kohle ersetzen, aber möglichst schnell sollen erneuerbar­e Energien – also Strom aus Sonne, Wind und Biomasse – die Lücke füllen. Derzeit liegt der Ökostrom-Anteil nach Zahlen der Denkfabrik Agora Energiewen­de bei 42,6 Prozent. Bis 2030 sollen es 65 Prozent sein, zusätzlich steigt der Stromverbr­auch, unter anderem weil mehr Elektroaut­os auf die Straße sollen. Wie das klappen soll, ist offen – Experten sind sich einig, dass dafür Wind und Solaranlag­en schneller gebaut werden müssen als bisher.

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Abschalt-Perspektiv­e

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