Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gestern noch geehrt, heute zwangsverrentet
Nach mehr als 1200 Spielen endet Friedhelm Funkels Bundesligakarriere mit einer Entlassung in Düsseldorf – Uwe Rösler übernimmt
Düsseldorf (dpa/SID) - Noch am Dienstagabend hatten die Verantwortlichen von Fortuna Düsseldorf ihrem Coach Friedhelm Funkel in den sozialen Netzwerken zu dessen Wahl zum Düsseldorfer Trainer des Jahres gratuliert. Wenige Stunden später schickten sie den 66-Jährigen nach vier überaus erfolgreichen gemeinsamen Jahren in Rente:
Lediglich ein Sieg in den vergangenen neun Spielen und der Sturz auf den letzten Tabellenplatz der Bundesliga besiegelten das in Fankreisen umstrittene Aus des Routiniers, der mehr als 1200-mal in der Bundesliga oder Zweiten Liga als Spieler oder Trainer im Einsatz war. Als Nachfolger präsentierten die Rheinländer den früheren Fußballprofi und DDRNationalspieler Uwe Rösler, für den es die erste Trainerstation in Deutschland ist. Rösler unterschrieb einen auch für die 2. Liga gültigen Vertrag bis Sommer 2021.
Als Funkels Nachfolger um 13.05 Uhr auf seinen ersten BundesligaTrainerstuhl niederließ, spürte er die Last und Verantwortung auf seinen Schultern sofort. „Friedhelm hat hier Geschichte geschrieben“, sagte der 51-Jährige, der zuletzt im schwedischen Malmö tätig gewesen war und auch schon in England und Norwegen als Trainer gearbeitet hat. „Der Traum, in der Bundesliga zu trainieren, war immer da. Ich habe keinen Moment gezögert.“Mit Blick auf das nächste Spiel am Samstag gegen Eintracht Frankfurt (15.30 Uhr/Sky) forderte Rösler: „Die Hütte muss brennen. Wir müssen mehr Tore schießen und Spiele gewinnen.“
Düsseldorfs Sportvorstand Lutz Pfannenstiel verteidigte die überraschende wie geräuschvolle Entscheidung, den äußerst beliebten Funkel nach dem 0:3 in Leverkusen am Sonntag vor die Tür zu setzen. „Ich habe mir das Spiel in der Nacht auf Montag zweimal angeschaut“, berichtete Pfannenstiel, „es war in Ordnung, mehr aber nicht“.
Die Freistellung von Funkel dürfte den Club vor eine schwere Belastungsprobe
stellen und den Vorstand massiv unter Druck setzen. Nach seinem Amtsantritt 2016 hatte Funkel die Fortuna zunächst vor dem Zweitliga-Abstieg bewahrt. 2018 hatte er den Club zurück ins Oberhaus und in der vergangenen Saison sensationell auf Rang zehn geführt. Als der damalige Vorstand im Januar 2019 dennoch mit der Vertragsverlängerung zögerte und Funkel unter Tränen seinen Rückzug zum Saisonende erklärte, stimmte ein Fanprotest die Verantwortlichen um – Funkels Vertrag wurde verlängert. Im Dezember hatten sich nach dem 2:1 über Union Berlin am 17. Spieltag beide Seiten sogar wieder auf eine weitere Vertragsverlängerung im Falle des Klassenerhalts geeinigt. Nun die Rolle rückwärts.
„Die Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen. Aber wir haben uns entschieden, mit dem Trainerwechsel einen neuen Impuls zu setzen“, kommentierte Pfannenstiel und erklärte: „Wir stellen mit 18 eigenen Treffern die torärmste Offensive und mit 40 Gegentoren die drittschwächste Defensive der Bundesliga.
Das führt dazu, dass wir in der Konstellation nicht mehr an den Turnaround für den Klassenerhalt glauben.“
„Er hat für eine ehrliche und menschliche Kultur gesorgt“
Funkel wünschte der Mannschaft und dem Verein glaubhaft alles Gute für die Zukunft, machte aus seinem Unverständnis keinen Hehl. „Man hat nach der Winterpause gesehen, dass die Mannschaft anders auftritt. Die Leistungskurve ging nach oben“, kommentierte er bei Sky, nachdem er sich von der Mannschaft verabschiedet hatte.
Für Funkel ist es ein endgültiger Abschied vom Profifußball. Er hatte schon mehrmals angekündigt, seine Karriere nach seiner Düsseldorfer Amtszeit beenden zu wollen. „Da gibt es nichts dran zu rütteln. Ich sage das ohne Wehmut. Ich hätte das gern am Ende meiner Vertragslaufzeit verkündet. Das ist jetzt nicht so“, sagte er.
Damit verliert die Bundesliga einen beliebten Protagonisten, der nach langer Profikarriere in über 500 Partien als Trainer diverser Vereine auf der Bank saß. Pfannenstiel würdigte die Verdienste von Funkel: „Er hat den Club vor dem Abstieg in die 3. Liga gerettet und ihn bis in die Bundesliga geführt. Zudem hat er mit seiner ruhigen und authentischen Art für eine menschliche und ehrliche Kultur gesorgt, die im und um den Verein zu spüren war.“