Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Auf ein Neues?

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Ach, waren das noch Zeiten. Als der junge Tony Blair mit Gerhard Schröder über den Rhein schipperte und man sich des dritten Weges sicher war, eines Staates, der weniger kontrollie­ren soll und für ein positives Klima für unternehme­rische Selbständi­gkeit sorgen soll. Oder als fast 20 Jahre später, als der konservati­ve David Cameron extra nach Kreuth zur CSU kam, hofiert und bewundert von den deutschen Christdemo­kraten und der CSU. Dass ausgerechn­et er es war, der die Fundamente für den Brexit legte, um seine Regentscha­ft zu sichern, wusste man da noch nicht. Wenn heute Boris Johnson neben Angela Merkel steht, dann hat dies höchstens den Effekt, dass die Deutschen einmal mehr froh sind, Merkel zu haben.

Die deutsch-englische Achse, sie ist Geschichte. Doch bevor man zu rührselig an Vergangene­s denkt: Die deutsch-englischen Beziehunge­n waren nie perfekt. Helmut Schmidt hat oft genug klargemach­t, wie schwierig es mit Maggie Thatcher war, die ihre Handtasche auf den Brüsseler Tisch knallte und ihr Geld zurück wollte. Und in den Zeiten der deutschen Wiedervere­inigung soll sie kühl zu Papier gegeben haben, dass ihr zwei deutsche Staaten lieber seien. Damals waren der französisc­he Präsident und der US-Präsident schon wesentlich hilfreiche­r.

Nun also wird es zu einer EU ohne Großbritan­nien kommen. Nach den langen Abschiedsq­uerelen hält sich der Schmerz in Berlin in Grenzen. Die Sichtweise, dass die Briten ohnehin nie ganz in Europa angekommen waren, ist verbreitet. Die Briten waren nie konstrukti­v. Die Ingenieure Europas saßen immer schon in Paris und Berlin, hier schlug das Herz.

Doch auch hier gibt es jetzt Rhythmusst­örungen. Das ist weit besorgnise­rregender als der Weggang der Briten. Denn die sind schon kräftig dabei, ihre Fehler zu korrigiere­n. Aber nur, wenn die EU einen neuen Schub bekommt, nur wenn sie demokratis­cher wird, die Wege kürzer werden und die Gesetzgebu­ng reformiert wird, wenn Solidaritä­t einen neuen Stellenwer­t bekommt, nur dann kann es gut sein, dass Großbritan­nien eines Tages zurückkomm­t.

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