Schwäbische Zeitung (Tettnang)
FDP fordert Überprüfung Luchas
Minister Lucha ließ sich von Kabarettisten einladen – FDP vermutet Richtlinien-Verstoß
STUTTGART (tja) - Die FDP verlangt von der Landesregierung, das Verhalten von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) zu untersuchen. Grund sind zwei Essen, zu denen Lucha vom Kabarettisten Christoph Sonntag eingeladen wurde. Sie fallen in eine Zeit, in der über Fördergeld für ein Projekt von Sonntags Stiftung entschieden wurde. „Für uns liegt daher nahe, dass Herr Lucha gegen die Rechtspflichten verstoßen hat“, so FDPChef Rülke mit Blick auf Leitlinien in der Landesregierung zur Annahme von Geschenken.
STUTTGART - Wann dürfen Minister Geschenke annehmen? Dazu gibt es ein Papier der Landesregierung. Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hatte sich zweimal zum Abendessen einladen lassen – vom Kabarettisten Christoph Sonntag, dessen Stiftung ein Projekt mit Landesgeld durchführt. Die Richtlinien der Landesregierung warnen genau vor solchen Konstellationen. Lucha wollte sich am Donnerstag nicht persönlich äußern. Eine Sprecherin sagte, es habe sich um private Essen gehandelt, für diese gälten die Richtlinien nicht.
Im Mai 2011 erstellte das Staatsministerium von Winfried Kretschmann (Grüne) ein „Info-Papier für die Mitglieder der Landesregierung“. Es liegt der „Schwäbischen Zeitung“vor. Ein Regierungssprecher bestätigte, dass es weiter Geltung habe. „Es sensibilisiert hinsichtlich der Konsequenzen, die sich aus Verstößen gegen bundesgesetzliche Strafbestimmungen beziehungsweise steuerrechtlichen Regelungen ergeben können. Als reines Informationspapier hat es einen Einfluss auf Fragen einer eventuellen Strafbarkeit von Handlungen“, teilt er mit.
Darin geregelt ist unter anderem der Punkt „Annahme von Geschenken“. Darin verweisen die Autoren auf einen Kabinettsbeschluss aus dem Jahr 2005. Demnach dürfe keine Annahme von Geschenken erfolgen, „wenn die Annahme die objektive Amtsführung beeinträchtigt oder der Eindruck der Befangenheit entsteht. Gleiches gilt, wenn der Verdacht besteht, dass die zuwendende Person mit dem Geschenk eine Beeinflussung des amtlichen Handelns beabsichtigt“. Minister und Staatssekretäre, die Geschenke von mehr als 150 Euro annehmen, müssen sich die durch den Ministerrat genehmigen lassen. Wie teuer die Abendessen waren, die Lucha spendiert bekam, ist nicht bekannt.
Von Essenseinladungen ist in dem Papier keine Rede, sie dürften aber als Geschenk zu werten sein. Lucha hatte in dieser Woche zugegeben, dass ihm der Kabarettist Sonntag 2018 und 2019 bei zwei Gelegenheiten ein Essen gezahlt hatte. „Das war ein großer Fehler“, so Lucha. Allerdings seien die Essen privat gewesen und man habe nicht über das von Sonntags Stiftung durchgeführte Projekt gesprochen.
180 000 Euro Landesgeld
Es geht um eine Initiative zur Demokratieförderung, für die 180 000 Euro aus der Landeskasse geflossen sind. Sonntags Noch-Ehefrau wirft dem Kabarettisten vor, Fördergeld in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Die Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungen. Das Sozialministerium hatte bereits eine interne Untersuchung eingeleitet. Demnach gab es Zweifel an der sachgemäßen Verwendung des Geldes, die Förderung wurde nicht verlängert.
Das Sozialministerium prüft, ob Sonntag Fördermittel zurückzahlen muss. Abgewickelt wurde die Förderung von der Landeszentrale für politische Bildung. Diese gibt an, alles sei korrekt abgerechnet worden. Lucha und Sonntag trafen sich zu den infrage stehenden Abendessen in jener Zeit, in der über eine Verlängerung des Projektes beraten wurde. Eine zentrale Frage ist, ob Lucha persönlich versuchte, auf diese Entscheidung Einfluss zu nehmen. Er selbst bestreitet das. Bislang sind auch keine Belege für diese Mutmaßungen bekannt.
Für FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke ist die Sache klar. Die Leitlinien der Landesregierung seien eindeutig. Minister dürften Geschenke schon dann nicht annehmen, wenn es Zweifel daran gebe, ob man sie damit beeinflussen wolle. Aus Sicht von Rülke sind solche Zweifel im Fall Lucha angebracht. „Der Sozialminister ließ sich von Herrn Sonntag mitten in der Phase der Projektverlängerung zum Essen einladen. Für uns liegt daher nahe, dass Herr Lucha gegen die Rechtspflichten verstoßen hat. Wir verlangen von der Landesregierung nun entsprechende Ermittlungen und die Einleitung entsprechender Schritte“, sagte Rülke der „Schwäbischen Zeitung“am Donnerstag.