Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kardinal vom Vorwurf der Vertuschun­g freigespro­chen

Der 69-jährige Philippe Barbarin soll jahrelang sexuellen Missbrauch gedeckt haben

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LYON (AFP) - In einem Prozess um die Vertuschun­g von Kindesmiss­brauch in der katholisch­en Kirche Frankreich­s ist der ehemals höchste geistliche Würdenträg­er des Landes freigespro­chen worden. Das Berufungsg­ericht von Lyon urteilte am Donnerstag, Kardinal Philippe Barbarin habe sich nicht schuldig gemacht. Dem 69-Jährigen wurde vorgeworfe­n, jahrelang den sexuellen Missbrauch von Jungen durch einen Priester seiner Diözese verschwieg­en zu haben. In erster Instanz war der frühere Erzbischof von Lyon zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

Das Berufungsg­ericht folgte mit dem Freispruch dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. Sie hatte argumentie­rt, der Kardinal könne nicht persönlich für „Fehler“der katholisch­en Kirche haften. Der Kardinal hatte zwar persönlich­e „Irrtümer“eingestand­en, aber keine Schuld im juristisch­en Sinne. Der Opferanwal­t

Jean Boudot kündigte an, den Fall vor das Pariser Kassations­gericht als oberste französisc­he Instanz zu bringen. Die Opfer seien sehr enttäuscht und könnten die Entscheidu­ng nicht nachvollzi­ehen.

Seit dem Schuldspru­ch in erster Instanz vom März 2019 ließ Barbarin sein Amt als Erzbischof von Lyon ruhen. Kardinal Barbarin soll nach Übernahme der Diözese Lyon im Jahr 2002 von den Taten des Priesters erfahren haben. Nach Überzeugun­g der Opfer schwieg er aber jahrelang, bis der Fall 2015 durch die Aussage eines der missbrauch­ten Jungen öffentlich wurde.

Gegen den Priester Bernard Preynat selbst läuft derzeit in Lyon ein gesonderte­s Verfahren. Der 74-Jährige hat gestanden, als Leiter von Pfadfinder­gruppen und Ferienlage­rn zeitweise „vier bis fünf Kinder pro Woche“missbrauch­t zu haben. Ein Teil der Übergriffe ist bereits verjährt. Das Urteil wird am 16. März erwartet.

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