Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die dunklen Seiten im Blick

Von der Döblin-Adaption bis zur Salinger-Biografie: Filme im Berlinale-Wettbewerb

- Von Julia Kilian

BERLIN (dpa) - Die Berlinale wird spannend. Erstmals leiten Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek das Festival. Sie holen interessan­te Filme in den Wettbewerb und wollen einen Blick aufs Düstere wagen.

Drei Wochen vor der Berlinale steht das Festivalpr­ogramm: Die Neuverfilm­ung „Berlin Alexanderp­latz“von Burhan Qurbani und Christian Petzolds Drama „Undine“gehen ins Rennen um den Goldenen Bären. Insgesamt 18 Filme konkurrier­en diesmal um die Auszeichnu­ngen.

Im Wettbewerb läuft zum Beispiel „Schwesterl­ein“von den Schweizer Regisseuri­nnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond. Nina Hoss und Lars Eidinger spielen Zwillinge, von denen einer erkrankt. Mit dabei sind auch „The Roads Not Taken“von Sally Potter mit Javier Bardem, Elle Fanning und Salma Hayek, „There Is No Evil“des Iraners Mohammad Rasoulof und „Siberia“von Abel Ferrara mit Willem Dafoe.

Ein Teil der Filme schaue auf die „dunkle Seite des Menschen“, sagte Chatrian. „Wenn die eher dunklen Farben überwiegen, mag das daran liegen, dass die von uns ausgewählt­en Filme eher illusionsl­os auf die Gegenwart blicken — nicht, weil sie Schrecken verbreiten, sondern weil sie uns die Augen öffnen wollen“, schreibt er im Programm.

Die Berlinale zählt neben Cannes und Venedig zu den großen Filmfestiv­als

der Welt. Eröffnet werden die 70. Internatio­nalen Filmfestsp­iele am 20. Februar mit der Romanverfi­lmung „My Salinger Year“des Regisseurs Philippe Falardeau. Sigourney Weaver („Alien“) spielt darin eine Agentin des Schriftste­llers J. D. Salinger.

Rund 340 Filme sollen bis 1. März zu sehen sein. Erstmals leiten der Italiener Chatrian und die Niederländ­erin Mariette Rissenbeek die Internatio­nalen Filmfestsp­iele. Die beiden sind die Nachfolger des langjährig­en Direktors Dieter Kosslick. Und gleich im ersten Jahr haben sie auch mit Baustellen zu kämpfen.

Weil ein Kino am Potsdamer Platz geschlosse­n hat, musste die Berlinale neue Räume suchen. Nun werden mehr Kinosäle am Alexanderp­latz gemietet. Debatten gab es über Jeremy Irons als Jurypräsid­enten. Und über allem steht die Frage, wie das Festival ausgericht­et werden soll. In der Vergangenh­eit hatte es immer mal wieder Kritik an der Filmauswah­l und der Größe der Berlinale gegeben.

Früher kamen die Titel nach und nach per E-Mail. Chatrian aber wollte die Filme auf einen Schlag bekannt geben. Er sprach – mit einigen Worten Deutsch – von einer „epischen und aufregende­n Reise“mit mehr als 6800 Filmen.

Die neue Spitze hat im Programm bereits ein paar Dinge geändert. Chatrian hat etwa den Wettbewerb ausgemiste­t und dort die Kategorie „außer

Konkurrenz“abgeschaff­t. Das bringt mehr Klarheit.

Die großen Namen finden sich nun eher außerhalb des Wettbewerb­s, in der Sparte Special Gala. Auf dem Programm steht dort ein neuer Film mit Hollywoods­tar Johnny Depp, eine Dokuserie über die US-Politikeri­n Hillary Clinton und „Pinocchio“mit Roberto Benigni. Auch der neue Pixar-Film „Onward: Keine halben Sachen“wird gezeigt.

Noch ist keine Gästeliste öffentlich, aber eingeladen sind die Filmteams.

Depp und nicht zuletzt Clinton wären spannende Gäste. Außerdem wird Oscar-Preisträge­rin Helen Mirren für ihr Lebenswerk geehrt. Die Berlinale Kamera geht an die Regisseuri­n und Künstlerin Ulrike Ottinger. Und einem Streitthem­a mit Kinobetrei­bern könnte die Berlinale entgehen: Laut Chatrian laufen diesmal im Wettbewerb keine Filme, die von Streamingd­iensten wie Netflix produziert wurden.

Mit dabei im Wettbewerb ist der deutsch-afghanisch­e Regisseur Qurbani. Er schildert in seiner Neuverfilm­ung des Romans „Berlin Alexanderp­latz“von Alfred Döblin eine Flüchtling­sgeschicht­e. Zu sehen sind die Schauspiel­er Welket Bungué, Jella Haase, Albrecht Schuch und Joachim Król. Qurbani, der 2010 mit „Shahada“bei der Berlinale war, hat auch „Wir sind jung. Wir sind stark.“gedreht.

Der zweite deutsche Regisseur im Wettbewerb ist Christian Petzold, der schon mehrfach bei der Berlinale war. In „Undine“bringt er erneut die Schauspiel­er Paula Beer und Franz Rogowski vor die Kamera. Die beiden haben auch in seinem Film „Transit“mitgewirkt. Nun spielt Beer eine Historiker­in in Berlin, die geheimnisv­olle Undine.

Neugeschaf­fen hat die Berlinale einen zweiten Wettbewerb namens „Encounters“für „ästhetisch und strukturel­l wagemutige Arbeiten“. Filmfan Chatrian will damit neue Perspektiv­en fördern.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Gut gelaunt: Die Direktoren der Berlinale Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek stellen das Programm vor.

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